Am vergangenen Wochenende fanden in großen deutschen Städten Demonstrationen gegen die Auslieferung von Maja T. nach Ungarn statt – so auch am Samstag in Leipzig: An der Demonstration unter dem Motto »No Extradition – Free Maja« nahmen 550 Menschen teil. Die Demonstration führte vom Treffpunkt am Bayerischen Bahnhof über den Wilhelm-Leuschner Platz, auf die Karl-Liebknecht-Straße, über das Connewitzer-Kreuz zum Herderpark.
Auslieferung nach Ungarn
Maja T., einer 23-jährigen nicht-binären Person aus Thüringen, wird vorgeworfen, im Februar 2023 an schweren Angriffen auf Rechtsextreme in Budapest beteiligt gewesen zu sein. Im Verfahren um den sogenannten Budapest-Komplex wurden T. und die anderen Beschuldigten vom Bundesgerichtshof als kriminelle Vereinigung aufgefasst. Nach der Fahndung durch ungarische Behörden und Soko LinX wurde Maja T. im vergangenen Dezember in Berlin festgenommen und war in der JVA Dresden inhaftiert, bis am vergangenen Donnerstag die Generalstaatsanwaltschaft Berlin der Auslieferung nach Ungarn stattgab. Zuvor hatten T.s Verteidigung und Familie auf die menschenrechtswidrigen Haftbedingungen in der ungarischen Untersuchungshaft verwiesen, die T. insbesondere als nicht-binärer Person drohen würden.
Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts Karlsruhe vom 28. Juni geht hervor, dass das Landeskriminalamt Sachsen T. über Nacht zuerst nach Österreich brachte, wo sie um 6:50 Uhr den Behörden übergeben wurde. Knapp drei Stunden später, um 10 Uhr, befand T. sich in Ungarn. Um die Auslieferung zu stoppen, reichten T.s Anwälte am Donnerstag um 7:38 einen Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht ein. Zu dem Zeitpunkt war T. schon in Österreich. Um 10:50 Uhr wurde der Antrag bewilligt, doch die Auslieferung fand bereits statt. Laut dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts müsse die Generalstaatsanwaltschaft Berlin geeignete Maßnahmen ergreifen, sodass eine Rückführung in die Bundesrepublik Deutschland zu erwirken sei.
Keine Handtücher oder Toilettenpapier
Vor dem Loslaufen des Demonstrationszuges hielt der Vater von T. einen Redebeitrag. »Ich bekenne mich schuldig«, sagte er, eine »zu verantwortungsvolle Tochter« aufgezogen zu haben: »In diesen Zeiten bin ich stolz darauf, dass sich Maja gegen Rechtsextreme engagiert.« Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin habe »bewusst gehandelt, um das Bundesverfassungsgericht zu umgehen« – was eine erhebliche Gefahr für den Rechtsstaat sei.
Ein Verteidiger der Angeklagten im sogenannten Budapest-Komplex sprach in seinem Redebeitrag über die miserablen und menschenunwürdigen Haftbedingungen in Ungarn: So würden Toilettenpapier und Handtücher dort nicht bereitgestellt werden, Verwandte von Inhaftierten müssten dies besorgen. Nur durch die Lüge der Generalstaatsanwaltschaft Berlin hätte T. außer Landes geschafft werden können, sagte er. Die Generalstaatsanwaltschaft behauptete, von dem Eilantrag der Anwälte T.s vor dem Bundesverfassungsgericht nichts gewusst zu haben. Laut dem Verteidiger sei diese aber bereits in der Nacht darüber informiert worden.
»Junge Nazigruppen können wieder selbstbewusst durch die Straßen ziehen«, sagte ein Sprecher der antifaschistischen Vernetzung Leipzig im Redebeitrag, und dass die »durch und durch rassistische Gesellschaft« seines Erachtens an diesen Umständen mitschuldig sei. »Für jeden Like auf Social Media gibt es einen Bullen«, verkündet er.
Massive Polizeipräsenz
Im strömenden Regen zog die Demonstration los. Einige Male hielt die Polizei wegen Verstößen gegen das Vermummungsverbot den Demonstrationszug an. Laut Pressemitteilung der Polizei seien am Samstag 1100 Polizisten aus verschiedenen Bundesländern im Einsatz gewesen – doppelt so viele Einsatzkräfte wie Demonstrierende. In der Stellungnahme spricht die Polizei von einer Gruppe Demonstranten, die Anti-Polizei Parolen gerufen hätten, zudem habe auf Höhe der Wolfgang-Heinze-Straße eine Menschengruppe auf einem Balkon Pyrotechnik benutzt. Eine 28-jährige Person sei nach Veranstaltungsende festgenommen worden. Der Person werde vorgeworfen, durch Androhung von Straftaten den öffentlichen Frieden gestört zu haben.