»Ich trage ein Herz mit mir herum«. So lautet der Titel der Diplomarbeit, mit der Christiane Eisler 1983 ihr Fotografie-Studium bei Evelyn Richter an der Hochschule für Grafik und Buchkunst abschloss. Geboren 1958 in Berlin, interessiert sie sich vor allem für Porträtfotografie im Stile eines Robert Frank oder einer Diane Arbus. Mit anderen Worten: keine statische, klassische Dokumentarfotografie.
Auf dem Cover ihrer Abschlussarbeit ragen im Hintergrund Lichterketten aus der Nacht hervor. Ein Punk steht davor und schaut in die Kamera. Ihre Aufnahmen aus Leipzig und Berlin und dazwischen entstehen zu Beginn der Achtziger. Ausgewählte Motive sind bis Ende des Monats in den Pittlerwerken zu sehen. Und an ihnen kann man sich auch über vierzig Jahre später nicht sattsehen, da immer wieder Neues ins Auge springt.
Eislers Interesse gilt den Porträts der Menschen, die nahe ihrer damaligen Wohnung im völlig heruntergekommenen Seeburgviertel probten und sich trafen. Bands wie Wutanfall oder Obstweinbande oder deren Anhänger – Punks in der DDR, die sich zu der Zeit fanden. Junge Menschen, die sich in den Ruinen der Städte und Gesellschaft einrichteten, zur Lehre gingen, ihre Eltern besuchten, sich von einem Maler porträtieren ließen, feierten und tanzten – Eisler war dabei. Dass die Punks nicht am Rande der Gesellschaft existierten, sondern sich recht zentral selbst platzierten und auch den Kontakt zu anderen Mitmenschen nicht scheuten, zeigen die Arbeiten ebenso, wie sie auch die Gestaltung des eigenen Stils dokumentieren.
Dass ein Teil der jungen Leute verschwand und dann in Jugendwerkhöfen genormt werden sollte, bildete einen anderen Teil ihrer Abschlussarbeit – »Die Jugend der anderen. Jugendwerkhöfe in der DDR«, der hier nicht zu sehen ist. Aus heutiger Sicht ist es fast unvorstellbar, wie zwei so verschiedene Perspektiven eines Systems als Beobachterin gleichzeitig auszuhalten waren.
> »Christiane Eisler – Punk in der DDR«: bis 31.8., Galerie für Analoge Fotografie, Pittlerstr. 26
> Die Publikation »Wutanfall. Punk in der DDR 1982–1983. Die Protagonisten damals und heute«, die 2017 erschien, kann über www.fotografie-eisler.de/ bezogen werden.