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Kultur

Blick aus dem Exil

Die Kinostarts der Woche

  Blick aus dem Exil | Die Kinostarts der Woche  Foto: Filmstill

Über kein Land wird im Kino so oft von außen erzählt, weil es von innen heraus nicht möglich ist. Das iranische Kino genießt seit vielen Jahren hohes Ansehen auf Filmfestivals weltweit. Doch nur wenige Regisseure, wie etwa Jafar Panahi (»Taxi Teheran«), blei- ben in ihrer Heimat und setzen sich der Repression aus. Der zweifache Oscarpreisträger Asghar Farhadi (»Nader und Simin«) hat sich zwischenzeitlich entschlossen, keine Filme mehr im Iran zu drehen. So wurde ein großer Teil der Filme, die die Kinobar Prager Frühling im August in ihrer Filmreihe zeigt, im Westen produziert. Spannende Einblicke gibt es trotzdem reichlich im Rahmen von »Focus Iran«.

»Focus Iran«: 22.–28.8., Kinobar Prager Frühling


Film der Woche: Schon oft wurde das Genre des Westerns in den vergangenen vier Jahrzehnten beerdigt. Es gibt zwar immer wieder ein Aufbäumen wie zuletzt mit dem Erfolg der Serie »Yellowstone« und gerade in diesem Monat startet mit Viggo Mortensens »The Dead Don’t Hurt« gleich ein zweiter, wenn auch deutlich kleiner angelegter Vertreter. Aber ansonsten ist das Genre im Kino nur noch selten zu finden. Die Größe einer solchen Produktion ist einfach nicht mehr zeitgemäß und das Publikum strömt lieber in CGI-geschwängerte Sequels bekannter Comic-Marken. Kaum ein Studio wagt sich daher noch an die Finanzierung eines solch riskanten Projekts und so stellte Schauspieler und Regisseur Kevin Costner hauptsächlich sein eigenes Kapital zur Verfügung, um seinen langgehegten Traum zu erfüllen.

In vier Episoden, von denen allein die erste drei Stunden in Anspruch nimmt, schildert er gemeinsam mit Drehbuchautor Jon Baird die Besiedelung Amerikas aus unterschiedlichen Perspektiven. In den folgenden Monaten sollen die Geschichten weiter erzählt werden, so der Plan. Der erste Wurf kommt nun auch hierzulande auf die Leinwand und kann sich sehen lassen. Mit einem enormen Aufwand, einem hervorragenden Ensemble und großen Kinobildern begleitet er die verschiedenen Trecks. Sie alle haben ein Ziel: Horizon, ein verheißungsvoller Ort im San Pedro Valley, der allerdings seit Generationen zu den Jagdgründen der Sioux gehört.

Die Ansprüche der Ureinwohner werden gleich zu Beginn in einer intensiven, rund zwanzigminütigen Actionsequenz deutlich. Nur wenige Siedler überleben den brutalen Überfall, darunter Frances Kittredge (Sienna Miller) und ihre Tochter. Sie landen in einem nahegelegenen Fort der US-Kavallerie, wo sich Trent Gephart (Sam Worthington) ihrer annimmt. Einige Männer ziehen los, um Rache zu üben. Innerhalb des Stammes der Sioux befürworten aber auch nicht alle das gewaltsame Vorgehen.

Unterdessen schließt sich die Prostituierte Marigold (Ella Hunt) dem Einzelgänger Hayes Allison (Kevin Costner) an, auf der Flucht vor dem Schurken Caleb Sykes (Jamie Campbell Bower), und Matthew Van Weyden (Luke Wilson) führt einen Treck durch das Apachengebiet, den heilsbringenden Horizont vor Augen. Das sind nur einige der Schauplätze, die der Auftakt von »Horizon« aufmacht. Die Erzählung kippt dabei immer mal in den Kitsch und ist nicht immer vollends überzeugend. Aber der Auftakt ist höchst vielversprechend und macht definitiv Lust auf die kommenden Episoden. Trotz des mageren Startergebnis’ in den USA hält der Verleih hierzulande am Termin für Teil zwei fest. Im November soll die Reise weitergehen. In der Zwischenzeit soll es Teil eins zeitnah im Streaming geben – aber seien wir ehrlich: So ein monumentales Epos gehört auf die Leinwand!

»Horizon«: ab 22.8., Cineplex, Cinestar, Passage-Kinos, Regina-Palast


Micha (Charly Hübner) meint es doch nur gut. Mit seinem Handyspiel »Ölbaron« hat er gut verdient, jetzt will er seiner Heimat etwas zurückgeben. Eine Wellness-Oase für die reichen Berliner*innen soll auf dem ehemaligen Hof seiner Eltern in Brandenburg entstehen – Wenn alle mitziehen, können alle dran verdienen. Aber in Klein-Schappleben regt sich Widerstand. Die meisten Dorfbewohner halten nichts von Michas großen Ideen und haben ihre ganz eigenen Probleme. Durch die anhaltende Trockenheit ist der Grundwasserspiegel gesunken. Wasser gibt es nur noch aus dem Tank. Da kommt Micha mit seiner luxuriösen Badewelt nicht gerade gut an, zumal die Finanzierung auf wackeligen Beinen steht.

Schön ist es ja, in Brandenburg. Daran lässt auch »Micha denkt groß« keinen Zweifel. Die Landschaftsaufnahmen, eingefangen mit der Drohnenkamera, passen zum Werbeclip mit dem Micha sein Projekt zu Beginn vorstellt. Mit der Ansprechhaltung an Creator und Influenzer wirkt der schön drüber. Schwungvoll steigt die Komödie von Lars Jessen (»Mittagsstunde«) und Jan Georg Schütte (»Das Begräbnis«) ein und stellt das Ensemble der Gestalten im Dorf vor. Da ist die gute Seele gespielt von Jördis Triebel, der frustrierte Milchbauer (Peter Kurth), die völlig überforderte Bürgermeisterin (Annett Sawallisch), der engagierte Ökobauer (Ulrich Brandhoff) und der örtliche Verschwörungstheoretiker, den Regisseur Jan Georg Schütte im unsympathischsten Stromberg-Style selbst verkörpert. Soweit so klischeehaft. Spaß macht das vor allem, weil die Szenen zum großen Teil improvisiert sind. Dadurch wirken die Dialoge schon meist so wie man halt quatscht. Das Anliegen, auf die grassierende Wasserknappheit und ihre Folgen hinzuweisen ist ebenso lobenswert, wie die Botschaft, dass es nur gemeinsam aus der Krise geht. Vor wirklichen Lösungsansätze scheut sich der Fernsehfilm jedoch und nach rund 88 Minuten ist auch schon alles vorbei. Die Probleme aber bleiben.

»Micha denkt groß«: ab 22.8., Passage-Kinos, Regina-Palast, Schauburg


Sam müsste sich eigentlich freuen, weil sie nach Jahren endlich ihren Debütroman vollendet hat. Aber im Verlag zeigt keiner mehr Interesse, auch privat läuft es für die 27-Jährige gerade nicht so toll. Sie fasst den Entschluss, gemeinsam mit ihrem jüngeren Bruder Fritzi, der ebenfalls an einem Wendepunkt in seinem Leben steht, zum Ferienhaus der Eltern nach Lanzarote zu fliegen. Doch dort hat sich bereits ihr Vater Jo einquartiert, ein erfolgreicher Schriftsteller. Es dauert nicht lange, bis auch noch die Mutter der Kinder mit ihrem neuen Liebhaber im Feriendomizil aufkreuzt. Aaron Arens hat sein Langfilmdebüt »Sonnenplätze« in einer Intellektuellenfamilie angesiedelt, die herrlich dysfunktional ist. Der Fokus der Geschichte liegt auf der Debütautorin, der mit ihrem Erstlingswerk offensichtlich ein großer Wurf geglückt ist, den aber niemand so recht zur Kenntnis nehmen will. Im Laufe des überwiegend auf der sonnendurchfluteten Kanareninsel spielenden Films kommt es zu immer chaotischeren Entwicklungen und Story-Twists, die durchweg von messerscharfen Dialogen flankiert werden. Der überschaubare Cast ist exzellent zusammengestellt und mit Juliane Köhler als Mutter auch sehr prominent besetzt. »Sonnenplätze« wird aber dominiert von Julia Windischbauers einnehmender Darstellung. Die junge Nachwuchsschauspielerin hat eine enorme Leinwandpräsenz und macht neugierig auf weitere Arbeiten. FRANK BRENNER

»Sonnenplätze«: ab  ab 22.8., Passage-Kinos

 

Weitere Filmtermine der Woche

 

 

 

Coraline
USA 2009, R: Henry Selick, 100 min

Die in Stop-Motion-Technik animierte Adaption eines Kinderbuchs von Neil Gaiman ist ein schaurig-schönes Kindergruselmärchen voller erinnerungswürdiger Bilder.

Cinestar, 26.08. 14:15 (3D), 28.08. 14:15 (3D)
Cineplex, 26.08. 20:15 (3D)


Mars Express 
F 2023, R: Jérémie Périn, 85 min

Eine Privatdetektivin und ihr Androidenpartner ermitteln im Jahr 2200 im Fall einer verschwundenen Studentin auf ihrer Heimatwelt, dem Mars.

Cineding, 24.08. 22:00 (OmU)


Boys Don't Cry
PL 2000, R: Olaf Lubaszenko, D: Maciej Stuhr, Cezary Pazura, Michal Milowicz, 101 min

Die kultige polnische Gangsterkomödie war in ihrer Heimat ein großer Erfolg.

Cineplex, 25.08. 13:00 (OmeU, Polnisches Kino)


Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen!
D 2024, Dok, R: Torsten Körner, 104 min

Dokumentarfilmer Torsten Körner richtet sein Augenmerk in der Fortsetzung zu seinem Erfolgsfilm auf die Geschichten bedeutender und mutiger Frauen in der ehemaligen DDR.

Passage-Kinos, 25.08. 13:00 (EinBLICK)
Cineplex, 27.08. 19:30 (in Anwesenheit des Regisseurs)


Persepolis 
F/USA 2007, R: Marjane Satrapi, Vincent Paronnaud, 95 min

Von Heimweh geplagt, kann sich die in Teheran aufgewachsene Marjane am Pariser Flughafen nicht entscheiden, ob sie in den Iran zurückkehren soll. Sie blickt auf ihre Kindheit und Jugend zurück. Der Animationsfilm basiert auf dem gleichnamigen Comic von Marjane Satrapi.

Kinobar Prager Frühling, 25.08. 19:00 (Focus Iran)
 

Shahid
D 2024, R: Narges Kalhor, D: Baharak Abdolifard, Nima Nazarinia, Narges Kalhor, 84 min

Komödie über eine aus dem Iran stammende und nun in Bayern lebende Regisseurin, die sich mit dem Geist ihres Urgroßvaters herumplagt.

Kinobar Prager Frühling, 24.08. 18:00 (Focus Iran, OmU)


Tatami
GE/USA 2023, R: Zar Amir-Ebrahimi, Guy Nattiv, D: Jaime Ray Newman, Zar Amir-Ebrahimi, Arienne Mandi, 105 min

In starken Schwarz-Weiß-Bildern begleitet die Kamera eine iranische Judo-Kämpferin, die sich gegen das Regime wehrt, bei einem Turnier in Georgien.

Kinobar Prager Frühling, 26.08. 19:00 (Focus Iran, OmU)


Apocalypse Now − Final Cut
USA 1979, R: Francis Ford Coppola, D: Martin Sheen, Marlon Brando, Robert Duvall, 183 min

Ein Captain der US-Armee wird mitten im Vietnamkrieg damit beauftragt, einen abtrünnigen Colonel zu finden und zu töten. Der soll sich im neutralen Kambodscha einen Kleinstaat im Dschungel aufgebaut haben, mit desertierten Soldaten an seiner Seite. Francis Ford Coppolas Antikriegsfilm-Meisterwerk in der vom Regisseur favorisierten finalen Schnittfassung.

Luru-Kino in der Spinnerei, 29.08. 19:00 (OmU)


Das Mädchen von Rochefort
F 1967, R: Jacques Demy, D: Catherine Deneuve, George Chakiris, Françoise Dorléac, 122 min

Das zweite Filmmusical von Jacques Demy erstrahlt in prächtigen Pastellfarben. Für die Musik erhielt Komponist Michel Legrand eine Oscar-Nominierung.

Passage-Kinos, 26.08. 20:30 (OmeU, Passagen-Werke)


Detektiv Conan 27 – Das 1-Million-Dollar-Pentagramm
J 2024, R: Chika Nagaoka, 110 min

Ein neues Abenteuer aus der langlebigen Anime-Reihe.

Cinestar, 27.08. 17:00 (OmU), 20:00
Regina-Palast, 27.08. 17:15, 18:00 (OmeU), 19:45, 20:15 (OmU)
Cineplex, 27.08. 20:00


Falke überm Haus
D 2023, Dok, R: Stefan Nöbel-Heise, 40 min

Der Dokumentarfilm begleitet die Leipziger Musiker Timm Völker und Patrice Lipeb auf ihrer Reise durchs Hinterland zwischen Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen. Auf ihrer Reise begegnen sie Menschen, die abseits der Ballungszentren Kulturveranstaltungen organisieren.

Nato, 29.08. 19:00


Light Light Light
FIN 2023, R: Inari Niemi, D: Laura Birn, Pirjo Lonka, Rebekka Baer

Die 15-jährige Mariia lernt das Mädchen Mimi kennen und ihr Leben wird mit Licht erfüllt. 20 Jahre später kehrt Mariia in ihr kleines Heimatdorf in Westfinnland zurück, um sich um ihre kranke Mutter zu kümmern. Vor Ort wird sie von ihren Kindheitserinnerungen überwältigt, die mit einem wunderbaren Sommer begannen und dann im tragischen Herbst mündeten.

Passage-Kinos, 28.08. 20:30 (QueerBLICK, OmU)


Israelism
USA/ISR 2023

Clara-Zetkin-Park, 29.08. 20:00 (Im Rahmen des GlobaLE Filmfestivals, OV mit engl. UT)


Going Circular
D 2021, Dok

Doku über die Geheimnisse rund um das innovative Konzept der Kreislaufwirtschaft.

Anker, 28.08. 18:00 (mit anschließender Gesprächsrunde,Eintritt frei)


Nachmittagsfilme

Filmreihe zu Facetten des alltäglichen Lebens und des politischen Systems der DDR

Denkmalwerkstatt, 27.08. 16:00 (Es gab kein Niemandsland – Ein Dorf im Sperrgebiet)


Filmriss Filmquiz

Wie viele Statisten tummeln sich in »Ghandi«? Welcher Film erhielt die meisten Oscars? Wie heißt Zendaya mit vollständigem Namen? Fragen über Fragen – für die Antworten winken Preise über Preise beim Filmriss Filmquiz, der unterhaltsamen Filmquizshow mit André Thätz und kreuzer-Redakteur Lars Tunçay.

Moritzbastei, 28.08. 20:00

 

 


 

 


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