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Kultur

Seltsame Gestalten

Die Kinostarts der Woche

  Seltsame Gestalten | Die Kinostarts der Woche  Foto: Filmstill

Nach Pride Month und CSD geht es im September queer weiter: Das Queerfilmfestival bringt spannende neue Filme aus aller Welt zu uns. Vom einfühlsamen Coming of Age (Lukas Dhonts »Young Hearts«) bis zum schrägen Hardcore-Camp (Bruce La Bruce »The Visitor«) ist alles dabei. Und mit der Doku »Baldiga – Entsichertes Herz« meldet sich der Leipziger Ringo Rösener (»Unter Männern – Schwul in der DDR«) zurück.

»Queerfilmfestival«: 5.-11.9., Passage-Kinos, Kinobar Prager Frühling


Film der Woche: Grüne Wälder, sonnige Wiesen, dazu das Alpenpanorama – Für die 17-jährige Gretchen (Hunter Schaefer) eine Postkartenkitschidylle aus der Hölle. Wiederwillig zieht sie mit ihrem Vater (Marton Csokas) und der Stiefmutter (Jessica Henwick) aus ihrer amerikanischen Heimat in die niederbayrische Provinz. Ihr Vater soll hier einen Erweiterungsbau überwachen. Das Feriendomizil in der Nachsaison ist verwaist. In der Ödnis und Langeweile ist Gretchen allein mit der Trauer über den Verlust ihrer kürzlich verstorbenen Mutter. Nur Herr König (Dan Stevens), der Hausherr, zeigt ein seltsames Interesse an der Heranwachsenden und ihrer Halbschwester, der siebenjährigen Alma (Mila Lieu). Er gibt Gretchen einen Job am Empfang des Hotels, wo sie schon bald Zeugin seltsamer nächtlicher Ereignisse wird und sich daran macht, dem Geheimnis des scheinbar friedlichen Resorts auf den Grund zu gehen.

Regisseur und Autor Tilman Singer (»Luz«) spielt in seinem zweiten Langfilm selbstbewusst mit Klischees und dem Bild, das die Amerikaner von Deutschland haben: Bayern und Berge – in dieser gruseligen Märchenwelt erzählt er seine irre Geschichte und zitiert dabei quer durch die Genregeschichte. Die Hotellobby erinnert nicht von ungefähr an »The Shining«, die Handlung entwickelt sich zunehmend zum Bodyhorror à la Cronenberg. Hunter Schaefer, bekannt durch ihre Rolle in der Serie »Euphoria«, schlägt sich bestens als Einzelkämpferin gegen das Grauen. Dan Stevens, der seine Deutschkenntnisse schon in Maria Schraders »Ich bin dein Mensch« unter Beweis stellte, dreht herrlich frei als diabolischer Gegenspieler. Singer, der seinen Film in 35mm drehte, setzt voll auf Atmosphäre und arbeitet eindrucksvoll mit Sound und Sets. Auf der Berlinale und beim Sundance Filmfestival wurde »Cuckoo« dafür gefeiert.

»Cuckoo«: ab 29.8., Passage-Kinos, Kinobar Prager Frühling, Schauburg, Regina Palast

> Interview mit Regisseur Tilman Singer


Marion (Laura Tonke) und Andi (Moritz Bleibtreu) sind Individualisten. Am Anfang hat sie das zueinander geführt, es war am Ende aber auch der Grund für ihre Trennung. Geblieben ist ihr Sohn Milan (Valentin Thatenhorst). Für ihn teilen sie alles fifty fifty, damit der Filius von beiden Elternteilen profitiert. Der Elfjährige weiß das zwischenzeitlich für sich auszunutzen. Nach einem Vorfall in der Schule beschließen seine Eltern gemeinsam mit ihm in den Urlaub nach Italien zu fliegen. Mit an Bord sind auch Marions neuer Partner Robin (David Kross) und eine Menge unausgesprochene Gefühle.

Dem deutsch-iranischen Regisseur Alireza Golafshan (»Die Goldfische«) gelingt mit »Alles Fifty Fifty« eine wirklich witzige Beziehungskomödie mit pointierten Dialogen und reichlich Situationskomik. Das glänzend aufgelegte Ensemble sorgt vor allem in der ersten Hälfte für Schwung. Im letzten Akt siegt die Harmonie und das Ende fällt vielleicht etwas zu konventionell aus. Bis dahin hat man aber sehr viel Spaß mit dieser herrlich leichten Sommerkomödie.

»Alles Fifty Fifty«:  ab 29.8., Cineplex, CineStar, Passage-Kinos, Regina-Palast

 


Vor acht Jahren schuf Ishan Shukla einen 14-minütigen Kurzfilm, der als erster indischer Animationsfilm für den Oscar nominiert wurde und zahlreiche Preise auf Festivals rund um die Welt gewann. Darin ging es um einen melancholischen Mitarbeiter der Regierung, der zwischen Diensterfüllung und einer mysteriösen Rebellin hin- und hergerissen ist. Reizvoll war schon damals die Welt, die Shukla entwarf, eine diktatorische Dystopie, in der die Menschen angehalten sind, eine Papiertüte über dem Gesicht zu tragen, um sich vor einer seltsamen Anomalie zu schützen, die ihnen Hörner und Flügel wachsen lässt. Aus dem Kurzfilm wurde nun in jahrelanger Arbeit mit der Animationssoftware Maya ein Spielfilm, der die Stärke des Erstlings herauskehrt und die durchdachte Welt weiterdenkt. Der Hauptcharakter 197A durchschaut die dunklen Machenschaften der Strippenzieher, macht eine Metamorphose durch und befreit sich von den Fesseln. Dabei reflektiert die Geschichte religiöse Konzepte und dreht im letzten Akt ganz schön durch. »Schirkoa: In Lies We Trust« ist voller Ideen, von denen nicht alle aufgehen, die aber reizvoll genug sind, bis zum Ende dabei zu bleiben, auch wenn die Figuren mehr Tiefe verdient hätten. Die fehlenden Emotionen in der Mimik macht die Produktion mit namhaften Stimmen von Golshifteh Farahani, Asia Argento oder Gaspar Noé wett. LARS TUNÇAY

»Schirkoa: In Lies We Trust«: ab 29.8. Kinobar Prager Frühling, Luru-Kino in der Spinnerei


Weitere Filmtermine der Woche

 

Antifa – Schulter an Schulter, wo der Staat versagte 
D 2024, Dok, R: Marco Heinig, Steffen Maurer, 100 min

In der Doku über die antifaschistische Bewegung kommen fünf Aktivistinnen und Aktivisten zu Wort.

Passage-Kinos, 02.09. 20:30
Luru-Kino in der Spinnerei, 03.09. 20:30

 

Gloria! 
I/CH 2024, R: Margherita Vicario, D: Galatea Bellugi, Carlotta Gamba, Veronica Lucchesi, 111 min

Teresa arbeitet um 1800 herum in einer Musikschule für Mädchen nahe Venedig als Dienstmagd – und entdeckt dort ihr eigenes musikalisches Talent.

30.08. 19:00 (mit Gast Lydia Barthels vom Atelier Barthels)


HA HA M.K.B.H. Was ist schlimmer als verlieren?
D 2024, Dok, R: Alex Wissel, Jan Bonny

Der Dokumentarfilm reflektiert die Diskussionen um deutsche Erinnerungskultur seit Beginn des Historikerstreits 1986 und stellt sie den Forderungen von Björn Höcke und den gleichzeitigen Bemühungen der AfD um eine "Rückeroberung der Männlichkeit" kritisch gegenüber.

Luru-Kino in der Spinnerei, 30.08. 19:00 (mit anschließendem Q&A mit den Regisseuren) 


Detektiv Conan 27 – Das 1-Million-Dollar-Pentagramm
J 2024, R: Chika Nagaoka, 110 min

Ein neues Abenteuer aus der langlebigen Anime-Reihe.

Regina-Palast, 31.08. 16:30, 01.09. 16:30
Cineplex, 31.08. 17:30, 03.09. 17:30
Cinestar, 01.09. 14:10


Die Liebe zum Leben
D 2023, Dok, R: Annette Ortlieb, 63 min

30.000 Deserteure wurden in Deutschland während des 2. Weltkriegs zum Tode verurteilt. Einer von ihnen ist der Bremer Ludwig Baumann. Er überlebt Todesstrafe, KZ und Ostfront. Aber selbst nach dem Krieg behält die Todesstrafe ihre Gültigkeit.

Passage-Kinos, 01.09. 13:00 (EinBLICK, mit Filmgespräch)


An den Rändern der Welt
D 2018, Dok, R: Markus Mauthe, Thomas Tielsch, 92 min

An den Rändern der uns bekannten Welt leben sie, die letzten indigenen Gemeinschaften – fernab der Zivilisation, und doch betroffen von ihren Folgen.

Botanischer Garten, 05.09. 20:00 (Im Rahmen des GlobaLE Filmfestivals)


Bogdan's Reise
USA 2016, Dok, R: Michal Jaskulski, Lawrence Loewinger, 90 min

Kielce war der Ort, an dem 1946 Europas letztes Pogrom gegen Juden stattfand. 70 Jahre später bringt sich Bogdan Białek in den bitter umkämpften Erinnerungskonflikt ein, mit dem Ziel, ihn aufzulösen.

Polnisches Institut, 04.09. 20:00


Der Sommer mit Carmen
GR 2023, R: Zacharias Mavroeidis, D: Roubini Vasilakopoulou, Yorgos Tsiantoulas, Andreas Labropoulos, 106 min

Am Limanakia Beach in Athen trifft sich die queere Community. Auch die beiden Filmemacher Demos und Nikita sind dort und sinnieren über eine Filmidee: Der Film soll um Demos, Wiedersehen mit seinem Ex-Freund und dessen Hund Carmen handeln.

Passage-Kinos, 05.09. 20:30 (OmU, Queerfilmfestival)


Die Gewählten
D 2014, R: Nancy Brandt, 102 min

Die Doku begleitet fünf junge Abgeordnete fünf unterschiedlicher Parteien über mehrere Jahre hinweg auf ihrem Weg in den Bundestag.

Zeitgeschichtliches Forum, 02.09. 19:00 (In der Reihe »Die Qual der Wahl«)


Gegenkino

Der Mainstream langweilt nur noch, in den Multiplexen regiert das Fließband und die Kinobetreiber heulen ins Popcorn. Gut, dass es das Gegenkino gibt, wo einmal im Jahr gezeigt wird, was Film kann. Mit Ausstellungen, Konzerten und Diskussionen und den spannendsten Produktionen des Kinojahrs. Das umfangreiche Programm gibt es auf kreuzer-leipzig.de, einen Vorgeschmack im Septemberheft.

5.–15.9., u.a. Luru-Kino in der Spinnerei, Schaubühne Lindenfels, UT Connewitz


Ernte teilen
D 2022, Dok, R: Philipp Petruch, 82 min

Anders ackern für die Zukunft: Visionen in der Landwirtschaft.

Sommerkino im Hildegarten, 06.09. 20:15 (OmeU)


Hedwig and the Angry Inch 
USA 2001, R: John Cameron Mitchell, D: Michael Pitt, John Cameron Mitchell, Stephen Trask, 95 min

Mitreißendes »Post-Punk-Neo-Glam-Rock-Musical« mit fantastischen Darstellern, allen voran Regisseur John Cameron Mitchell in der Hauptrolle.

Passage-Kinos, 06.09. 20:00 (OmU, Passagen-Werke)


If it were love
F 2020, Dok, R: Patric Chiha, 82 min

Die Dokumentation blickt hinter die Kulissen der Produktion »Crowd« und das Leben der fünfzehn jungen Tänzerinnen und Tänzer unterschiedlicher Herkunft, das an Nerven, Kräften und Reserven der Crew zerrt.

Schaubühne Lindenfels, 05.09. 19:00 (OmU)


May December 
USA 2024, R: Todd Haynes, D: Natalie Portman, Julianne Moore, Charles Melton, 113 min

Exzellentes Schauspielerinnenkino von Todd Haynes: Natalie Portman als Schauspielerin Elizabeth besucht die skandalumwitterte Gracie (Julianne Moore), um ihre nächste Rolle zu recherchieren.

Cinémathèque in der Nato, 06.09. 19:00 (Im Rahmen der Reihe »Parallelwelten«, OmU)


RoboCop
USA 1987, R: Paul Verhoeven, D: Peter Weller, Nancy Allen, Dan O'Herlih, 102 min

In einem dystopischen und von Verbrechen heimgesuchten Detroit kehrt ein tödlich verwundeter Polizist als mächtiger Cyborg zurück. SciFi-Kultfilm von Paul Verhoeven.

Cinestar, 03.09. 19:30 (Best of Cinema)
Regina-Palast, 03.09. 20:00
Cineplex, 03.09. 20:00 (Best of Cinema)


Señora Pawlowsky – Der Weg einer Frau zwischen den Ideologien und Kriegen des 20. Jahrhunderts
D 2023, Dok, R: Angela Schlüter, 27 min

Porträt einer außergewöhnlichen Frau und ihr Leben im 20. Jahrhundert.

Frauenkultur, 05.09. 19:00 (anschl. Gespräch, span. Untertitel)


Shahid 
D 2024, R: Narges Kalhor, D: Baharak Abdolifard, Nima Nazarinia, Narges Kalhor, 84 min

Komödie über eine aus dem Iran stammende und nun in Bayern lebende Regisseurin, die sich mit dem Geist ihres Urgroßvaters herumplagt.

Cinémathèque in der Nato, 03.09. 19:30 (mit Diskussion, OmU)


Treasure. Familie ist ein fremdes Land 
D/F 2024, R: Julia von Heinz, D: Lena Dunham, Stephen Fry, Zbigniew Zamachowski, 101 min

Ruth, eine neurotische Geschäftsfrau aus New York, nimmt ihren Vater Edek, einen charmant-sturen Holocaust-Überlebenden, mit auf eine Reise nach Polen, um die Vergangenheit ihrer Familie aufzuarbeiten.

Passage-Kinos, 03.09. 19:30 (Im Rahmen der Reihe »Literatur trifft Film« mit Einführung und Filmgespräch)


Zeit der Brombeeren
IRQ 2021, R: Haşim Aydemir, D: Semzîn Sîn, Serhat Hulaku, Abdullah Tarhan, 95 min

Ein Student schließt sich nach der Rückkehr in sein Heimatdorf dem kurdischen Widerstand an.

Cinémathèque in der Nato, 05.09. 19:30 (Im Rahmen der Reihe »Licht & Hingabe − Filme & gespräche aus Kurdistan«, OmU)


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