»04.07.2024: Manche Tage vergisst man nie, das ist einer«, sagt Franziska Riekewald (Linke). Es ist der Tag, an dem eine 33-jährige Fahrradfahrerin am Wilhelm-Leuschner-Platz starb. Sie fuhr auf der Fahrradweiche und wurde von einer abbiegenden LKW-Fahrerin überrollt. »Wir wünschen uns Verbesserungen«, mit diesen Worten hätten sich die Angehörigen an Juliane Nagel (Linke) gewendet und mehr Sicherheit für Fahrradfahrerinnen und -fahrer auf der Karl-Liebknecht-Straße sowie dem Unfallort gefordert.
»Dass diese Fahrradweichen nicht sicher sind, ist eigentlich allgemein bekannt und trotzdem gibt es diese Lösungen in Leipzig, auch weil es oft gar keine andere Möglichkeit gibt«, sagt Riekewald. Mittlerweile ist die Fahrradweiche rot markiert, eine regelmäßige Nachbesserung der Markierung sei versäumt worden. Doch langfristig sei auch das keine gute Lösung, sagt Riekewald. Es sollen andere Ideen her und die Linke schlägt in ihrem Antrag vor, ein Tempolimit 30 an notwendigen Stellen der Karli – beispielsweise Spielplätzen – zu überprüfen.
Die CDU hat mit diesem Vorschlag allerdings ihre Probleme. »Man muss halt schauen, wie man es macht und manchmal ist gutgemeint nicht gutgemacht«, sagt Falk Dossin (CDU). »Das werden wir nicht mitmachen, die Karli wird nicht flächendeckend vom Stadtrand bis zur City eine 30er Zone oder eine Spielstraße.« Die Stadt solle vielmehr eine bauliche Veränderung prüfen, um den Fahrradverkehr über den Radstreifen auf dem parallel verlaufenden Gehweg zu lenken. Sollte das nicht möglich sein, will die CDU zumindest eine stadtweit einheitliche und rutschfeste Markierung auf den Fahrradweichen.
»Ist der eigentlich jemals selbst Rad gefahren«, fragt einer aus den Reihen der Linken. Dossin beweist zumindest Ortskenntnisse: »Die Karli ist im Laufe der letzten Jahre von einer Ein- und Ausfahrtsstraße nach Markkleeberg zu einer normalen Durchfahrtstraße mit Aufenthaltscharakter gewandelt worden. Das ist okay. Jetzt aber noch einen drauflegen und den Verkehr durch das geforderte Tempolimit vollkommen von der Karli zu verbannen, das geht nicht«. Sie habe ja auch nie ein flächendeckendes Tempolimit 30 gefordert, entgegnet Riekwald. Es gehe vielmehr um eine Überprüfung auf Grundlage der letzten Novelle der Straßenverkehrsordnung. »Da sind zum Beispiel Spielplätze, Schulen und 50 Meter Lückenschluss erwähnt«, sagt Riekewald. Ihr sei bewusst, dass ein durchgehendes Tempolimit 30 nicht zulässig sei.
Auch Stefan Rieger (Freie Wähler) meldet sich zu Wort und ist für eine Abschaffung der Fahrradweichen: »Wer das gemacht hat, hat wirklich Unfälle und eben den Tod in Kauf genommen«. Mit dem Fahrradweg auf dem Fußweg bestehe zudem bereits eine Alternative zur Fahrradweiche. Reigers Kritik will Baubürgermeister Thomas Dienberg nicht unkommentiert lassen. Keine einzige der über 40 Fahrradweichen in Leipzig sei aktuell ein Unfallschwerpunkt.
Es kommt zu einer Premiere im Stadtrat: Das erste Mal in der neuen Legislatur kommt rot-grün-rot mit ihren und den Stimmen der Freien Fraktion nicht auf eine gemeinsame Mehrheit. Der Antrag der CDU geht mit 33 zu 32 Stimmen sehr knapp durch. Der Rat staunt mit einigen »Ohhs« und »Ahhs« über diese neue Realität. HANNAH KATTANEK