Seit vergangenem Dienstag erinnert auf dem Rasen vor der Sternwarte in der Stephanstraße eine Gedenktafel an den ersten jüdischen Friedhof in der Stadt. Dieser befand sich unmittelbar dahinter in der heutigen Kleingartenanlage Johannistal 1832. Außer zwei Steinpfeilern der Toreinfassung und dem schmiedeeisernen Zaun ist heute nichts von dem jüdischen Friedhof zu sehen, der sich von 1814 bis 1937 hier befand.
Bereits 1813 stellten sogenannte Messjuden – meint Jüdinnen und Juden, die Leipzig zur Messezeit besuchten – aus Brody (Galizien, heute Ukraine) den Antrag für einen Friedhof. Ein Jahr später fand die erste und 1864 die letzte der insgesamt fast 400 Beerdigungen statt. Eine Besonderheit dieses Friedhofes liegt darin, dass er bereits vor der Gründung der Israelitischen Religionsgemeinschaft 1847 existierte, um jüdische Menschen, die während der Messe in der Stadt verstarben, einen letzten Ort zu geben.
Die nun hier befindliche Stele beschreibt auf Deutsch, Englisch und Hebräisch die Geschichte des Ortes, die 1937 endete. Bereits ein Jahr zuvor beschwerte sich die benachbarte Kleingartenanlage bei der Stadt über einen kaputten Zaun. Der Verein vermutete, dass so Diebe in die Gartenanlage gelangen könnten und forderten deshalb eine Reparatur ein. In jenem Jahr wurden 50 Grabsteine des Friedhofes umgestoßen beziehungsweise zerstört. Die Stadt kündigte den Pachtvertrag und die Israelitische Religionsgemeinde hob die Gräber aus und verlegte sie auf den Neuen Israelitischen Friedhof an der Delitzscher Straße. Hier finden sich heute noch 17 Grabsteine.
Einzig das Tor und die steinernen Pfosten durften am Ort verbleiben, denn sie waren für die Stadt nützlich. Hier sollte entweder eine Grünanlage oder ein Kinderheim entstehen. Davon ist auf der Stele allerdings nichts zu lesen. Ebenso wenig, dass ab 1947 auf dem ehemaligen Friedhofsgelände Schrebergärten entstanden. Katrin Löffler beschreibt dies in ihrem 2022 erschienen Buch »Leipzigs alter jüdischer Friedhof im Johannistal«, das weder bei der Einweihungsfeier noch auf der Stele als Quelle angegeben ist.
Die Abbildungen auf der Stele zeigen zudem historische Ansichten von dem Grabfeld und auch das besondere Grabmal – ein mit einem kleinen Häuschen überbautes Grabmal von Schalom Josef Friedmann (1812 bis 1851). Er gilt als chassidischer Wunderrabbi und sein Grab nutzten chassidische – ultraorthodoxe – Juden zur Meditation und für das Gebet. Auf Schalom Josef Friedmann bezogen sich sowohl Küf Kaufmann, der Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinde, als auch Zsólt Balla, der Landesrabbiner, bei der Einweihungsfeier. Friedmann wollte hier begraben werden so Balla, da er eine zukünftig große Gemeinde erwartete.