Wenn sich der französische Präsident Emmanuel Macron mit Roberto Gualtieri, dem Bürgermeister Roms, darum streitet, ob die Netflix-Serie »Emily in Paris« besser in Italien oder in Frankreich aufgehoben ist, zeigt sich die wundersame Bedeutung von Film, die weit über das Wohnzimmer und den Kinosaal hinausgehen kann – auch wenn es den Herren wohl weniger um Inhalte als um die Bedeutung der Serie für den Tourismus der jeweiligen Städte geht. Aber wer weiß – vielleicht locken die Französischen Filmtage im nächsten Sommer ja auch wieder ein paar Leipzigerinnen und Leipziger ins Nachbarland. Genügend Anregung sollte in dem gewohnt umfangreichen Programm zu finden sein.
Ein zentraler Punkt des Festivals, das zeitgleich in den Passage-Kinos und der Schaubühne Lindenfels stattfindet, ist erneut »l’amitié« – die deutsch-französische Freundschaft –, die Koproduktionen beider Länder in den Fokus nehmen: darunter die Komödie »Die Blumen von gestern« mit Lars Eidinger als ehrgeizigem Holocaust-Historiker in der Hauptrolle, der sich von seiner neuen Praktikantin (gespielt von Adèle Haenel) das Leben erklären lassen muss. In der Reihe »Déjà-vu« werden Highlights aus den vergangenen Jahren gezeigt. Eins davon ist der von Publikum und Kritik gefeierte »Die Wütenden – Les Misérables«. Das Spielfilmdebüt von Regisseur Ladj Ly begleitet die ersten Tage des Polizisten Stéphane in einem Pariser Vorort, an denen er direkt mit Korruption, Straßenkämpfen und einem entführten Löwenbaby konfrontiert wird. 2019 erregte der Film großes Aufsehen und wurde auch für einen Oscar nominiert. Der neue Film von Ladj Ly »Bâtiment 5 – Les Indésiderables« ist in diesem Jahr der Eröffnungsfilm der Französischen Filmtage und spielt sich wieder in den Vororten von Paris ab, rückt aber diesmal einen überforderten Bürgermeister und die zunehmende Wohnungskrise in den Vordergrund. »Bâtiment 5« wird als Leipzig-Premiere gezeigt, genau wie 17 weitere Filme, inklusive der Neuverfilmung »Der Graf von Monte Christo« (mit Pierre Niney), der in diesem Jahr in Cannes seine Uraufführung feierte. Der vielfach ausgezeichneten Regisseurin Mia Hansen-Løve wird eine Werkschau gewidmet, Éric Rohmer, einer der bedeutendsten Vertreter der französischen Nouvelle Vague, erhält eine Hommage. In Zusammenarbeit mit Arte werden unter dem Titel »Carte Blanche« Kurzfilme präsentiert, für Schulen gibt es wie gewohnt das zeitgleiche Festival »Cinéfête«. Viel zu entdecken also an diesen acht Tagen im November.
> 29. Französische Filmtage: 20.–27.11., Passage-Kinos, Schaubühne Lindenfels, www.franzoesische-filmtage.de