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Stadtleben

Proteste gegen die Ignoranz

Die Initiatorinnen und Unterstützer der Petition gegen die Bebauung des Jahrtausendfelds sowie der Ökolöwe protestierten vor der gestrigen Stadtratssitzung

  Proteste gegen die Ignoranz | Die Initiatorinnen und Unterstützer der Petition gegen die Bebauung des Jahrtausendfelds sowie der Ökolöwe protestierten vor der gestrigen Stadtratssitzung  Foto: Britt Schlehahn

Das Jahrtausendfeld stand gestern auf der Tagesordnung der Sitzung des Leipziger Stadtrats. Dabei ging es um die Petition »Ein Stadtteilpark für alle! Keine Bebauung des Jahrtausendfelds im Leipziger Westen«, die sich gegen die Bebauung der ungefähr 23.000 Quadratmeter großen Brachfläche zwischen Karl-Heine-Straße, Aurelienstraße und Gießerstraße als »Schulcampus Jahrtausendfeld« durch die Leipziger International School (LIS) richtet. Vor dem Rathaus und in der Wandelhalle protestierten die Initiatorinnen und Unterstützer und verteilten Flugblätter an die Stadträte.

Doch der Tagesordnungspunkt zur Fläche im Besitz der Stadtbau AG wurde kurzfristig abgesetzt: Kurz vor der Sitzung schafften Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne) und Patrik Fahrenkamp, Vorsitzender der Leipziger Stadtbau AG, neue Tatsachen: In einer gemeinsam unterschriebenen Absichtserklärung verständigten sich das Immobilienunternehmen und die Stadt auf drei Punkte. Erstens sollen maximal 38.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche mit Schul- und schulnaher Nutzung auf der Fläche errichtet werden. »Hierfür wird vorab eine Bauanfrage gestellt«, heißt es in der Absichtserklärung.

Stadt will Campus der LIS ermöglichen

Der zweite Punkt sieht vor, dass die Stadtbau AG 3000 Quadratmeter zusammenhängende Grünfläche für fünf Euro pro Quadratmeter an die Stadt verkauft: »Insgesamt ergibt dies Potenzial für eine ca. 8.800 Quadratmeter Grünfläche, bestehend aus den städtischen Flurstücken entlang des Karl-Heine-Kanals (ca. 3.350 Quadratmeter, davon ca. 1.750 Quadratmeter Böschung) sowie der mit Altlasten belasteten Fläche der Gesellschaft zur Entwicklung und Sanierung von Altstandorten mbH (ca. 2.450 Quadratmeter).«

Als dritten Punkt vereinbarten beide Seiten, »das Dialogverfahren mit der Beauftragung der drei Architekturbüros zur weiteren Überarbeitung der drei vorliegenden Entwürfe für eine sechszügige Schule abzuschließen.«

Allein Punkt zwei macht etwas stutzig in der Zusammenrechnung für eine nutzbare Grünfläche, denn die genannten Zahlen ergeben in der Summe keine fast 8.800 Quadratmeter umfassende Fläche, sondern gerade mal 5.800 Quadratmeter. Das Böschungsgrün zum Karl-Heine-Kanal dürfte sich zur Nutzung als öffentliche Parkanlage ausschließen.

Bereits vergangene Woche vermeldete die Stadt, dass neben der Schule eine große Grünfläche entstehen soll. Dabei ging es um einen »großen, öffentlichen Park«, der nun auf dem Jahrtausendfeld neben der Schule entstehen und für den auch ein Bebauungsplan aufgestellt werden soll. Weil ein Bebauungsplanverfahren mehrere Jahre dauern würde, hatte die LIS daraufhin angekündigt, sich von dem Vorhaben zurückzuziehen. Nun also die Kehrtwende der Stadt: Ganz offensichtlich möchte die Verwaltung, dass der Realisierung des Bauvorhabens der LIS nichts im Weg steht, denn bei dem nun beschriebenen Bebauungsplan handelt es sich um einen beschleunigten.

Kein Alibi-Grünstreifen

Die Initiative für einen Stadtteilpark und der Ökolöwe möchten sich mit dem Deal zwischen Stadt und Stadtbau nicht zufriedengeben. »Mit dem verkürzten Verfahren nach Paragraf 13a Baugesetzbuch umgeht die Stadt eine Umweltprüfung und eine ernstzunehmende Bürgerbeteiligung. Die geplante Baumasse ist nach wie vor überdimensioniert«, sagt Niclas Rosendahl vom Ökolöwen gegenüber dem kreuzer.  »Wir Ökolöwen fordern einen Stadtteilpark, der seinem Namen gerecht wird – keinen Alibi-Grünstreifen.«

Die Mitlieder der Initiative gegen die Bebauung erklären daher: »Wir kommen nicht umhin, dies als faulen Deal und Verspottung der Belange und Bedarfe von Anwohner:innen und Ignoranz des Klimanotstands wahrzunehmen.« Ihre Forderungen lauten weiterhin, dass auf dem Jahrtausendfeld eine »angemessene große, neue, qualitativ wertvolle Grünfläche« entsteht und eine »echte Bürgerbeteiligung, ein Umweltschutzgutachten, ein Verkehrskonzept und ein qualifizierter Bebauungsplan« zum Einsatz kommen.

Der Stadtrat hatte noch 2021 selbst beschlossen, dass es bei der Bebauung des Jahrtausendfelds zwingend einen Bebauungsplan geben müsse.

> Mehr Infos unter https://jahrtausendfeld.noblogs.org/


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2 Kommentar(e)

Max 22.11.2024 | um 17:37 Uhr

Was soll das eigentlich alles? Die Demonstrierenden tun ja so, als ob hier Regenwald abgeholzt werden soll. Das Grundstück ist privat und gehörte nie der Stadt oder sonstwie der Allgemeinheit. Jetzt will hier endlich mal jemand etwas draus machen, und eine kleine Minderheit stellt übertriebene Forderungen auf und versucht das Projekt zu torpedieren. Mit ein bisschen Pech bleibt das ganze Grundstück für die nächste Zeit die kaum begrünte Brache, die es jetzt ist. Das wäre schade für den ganzen Stadtteil...

Funny 22.11.2024 | um 21:23 Uhr

Die Gegner der Bebauung sprechen immer von einer Grünfläche und Natur, die da verloren ginge. Das JF ist aber weitgehend versiegelt. Da liegen Keller drunter. Der Boden ist teilweise völlig versifft mir Substanzen. Da muss was passieren, denn das JF ist eben keine Natur sondern eine Industriebrache. Der Boden muss bereinigt werden. Ich persönlich find es gut, wenn eine Internationale Schule Diversität in den Stadtteil bringt. Dass grad Linke das ablehnen, ist witzig. Klar, nur arme Ausländer sind gut.