Der Umzug des Naturkundemuseums in den ehemaligen Bowlingtreff am Wilhelm-Leuschner-Platz droht einen Tag vor der Stadtratssitzung doch noch zu platzen. Kurz vor knapp heizt die CDU die Debatte mit einem Änderungsantrag an. Das Museum soll bleiben, wo es ist: in der Lotzringstraße 3. Sabine Heymann (CDU) begründet das damit, dass ihre Fraktion »dem jetzigen Standort immer die Stange gehalten« habe. Und in Anbetracht der bereits von 80 auf 96 Millionen Euro gestiegenen Baukosten sei dieser Umzug nicht mehr tragbar.
»Seit letzter Woche können wir nicht mehr negieren, dass unser kommunaler Haushalt für 2025 und 2026 mehr als nur in schwieriges Fahrwasser kommen wird«, sagt Heymann. Sie seien, trotz der von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zugesprochenen Fördermittel von 74 Millionen Euro, für eine Sanierung des momentanen Standorts. Die CDU schlägt vor, das bestehende Gebäude für insgesamt 25 Millionen Euro zu sanieren.
Mandy Gehrt (Linke) hält es für »verrückt«, die angebotenen Fördermittel auszuschlagen: »Wir wissen, dass die Bausubstanz einem Museumsbesuch mit Publikum nicht mehr genügt. Das haben wir x-mal in Machbarkeitsstudien geprüft und wir wissen auch, dass die Bodenplatte gerissen ist und es einen Erweiterungsbau geben müsste. Das würde auch nicht billiger, als wenn wir jetzt mit 74 Millionen Euro Fördermittel den Bowlingtreff ausbauen«. Der Antrag der CDU sei laut Gehrt ein unverantwortlicher Umgang mit städtischen Geldern.
AfD und BSW widersprechen. Udo Bütow (AfD) wirft dem Plan vor, lediglich ein »Leuchtturmprojekt« zu sein und findet dabei Anklang bei BSW-Stadtrat Sascha Jecht: »Ein Leuchtturmprojekt, genau das ist es. Wenn wir in den Haushalt hineinschauen, dann sehen wir, überall fehlt es an Geld«. Immer wieder wird in der Debatte deutlich: CDU, AfD und BSW teilen die Sorge, dass der Umbau des ehemaligen Bowlingtreffs durch einen möglicherweise straffen Haushalt nicht finanzierbar ist.
»Es ist ein Museum und keine übergeordnete Investition in die Wirtschaft oder die Stadt selbst«, sagt Jecht. Seine Fraktion sei zwar für einen Erhalt des ehemaligen Bowlingtreffs, aber mit einer anderen Nutzung. »Mit einer Kegelbahn, oder was?«, ruft Franziska Riekewald (Linke) dazwischen. Auch Karsten Albrecht (CDU) spricht sich gegen den Umzug und für eine Sanierung aus: »Jedes Haus lässt sich sanieren. Wir müssen über die Betriebskosten sprechen. Bei dem Haus in der Lortzingstraße sind sie überschaubar«. So seien laut Albrecht die künftigen Betriebskosten im ehemaligen Bowlingtreff viel höher als im jetzigen Standort. Außerdem stellt er solch hohen Investitionen unter Anbetracht von verschobenen Schulsanierungen oder Stellenkürzungen infrage. Vor allem Grüne und Linke protestieren lautstark. »Das ist ihnen immer nur dann wichtig, wenn sie was anderes verhindern können!«, ruft Paula Piechotta von ihrem Platz aus. Bereits vor Albrecht hat Gehrt in ihrer Rede betont, wie wichtig das Naturkundemuseum für die Bildung sei: »Das Naturkundemuseum leistet unschätzbare Bildungsarbeit. Es ist wichtig, Heranwachsenden zu vermitteln, wie unsere Landschaft entsteht, wie sie sich verändert und was sie Beeinflusst«. Auch wirtschaftlich sei das Museum laut Sven Morlok (Freie Fraktion) ein Gewinn und wäre als Naturkundemuseum in einem ehemaligen Umspannwerk ein Touristenmagnet.
Gegen Ende der Debatte tritt CDU-Fraktionschef Michael Weickert ans Mikro. Er sieht den Änderungsantrag und den Aufruhr gegen diesen als Zeichen. »Sie haben Angst vor der Verantwortung, wenn es Mehrkosten gibt und das Projekt nicht fliegt«, spricht er die Fraktionen links der Mitte direkt an. »Ihr zieht euch gerade raus«, entgegnet Marsha Richarz (Grüne).
Oberbürgermeister Burkhardt Jung (SPD) schließt die Debatte mit einer Frage: »Glauben wir daran, dass dieses Projekt fliegen kann?« Der Stadtrat antwortet mit Ja. Der Änderungsantrag der CDU zum Stopp des Umzugs wird mit 46 Gegenstimmen abgelehnt. Für die Vorlage zur Realisierung des Projekts stimmten 36 Stadträtinnen und Stadträte und 19 – aus den Reihen von AfD, CDU und BSW dagegen. Auf Antrag mehrerer Fraktionen soll nun zudem geprüft werden, wie hoch ein möglicher Eintritt als Unterstützung der Finanzierung des Projekts sein könnte – seit diesem Jahr sind die Dauerausstellungen der städtischen Museen eigentlich kostenlos zugänglich.
Jungs Glückwunsch an Naturkundemuseums-Direktor Ronny Maik Leder, der die Debatte im Plenarsaal verfolgt, fällt kurz aus: »Die Arbeit beginnt jetzt.«