Vorm Training am Donnerstagabend sammelt sich die Herrenmannschaft des ATV Leipzig vor der Sporthalle am Rabet. Dick eingepackt dehnen sich die Sportler, lachen miteinander und ziehen sich gegenseitig ein bisschen auf. In der Halle trainiert gerade noch eine Hockey-Jugendmannschaft und Eltern warten darauf, ihre Kinder vom Taekwondo abzuholen. Es ist eine Szene, wie man sie aus jeder Sporthalle kennt – nichts deutet darauf hin, dass sich draußen eine Mannschaft warm macht, die in der ersten Bundesliga spielt.
Im Sommer spielt das Leipziger Hockey-Team auf dem Feld, während im Winter die Spiele in der Halle stattfinden – Feld- und Hallenhockey sind in unterschiedlichen Ligen organisiert. Zwar unterscheiden sich die Regeln – etwa durch eine kleinere Spielfläche und weniger Spieler pro Team in der Halle –, doch die Mannschaft bleibt dieselbe. Während die 1. Herren des ATV auf dem Feld in der viertklassigen Oberliga spielen, sind sie in der Halle in den letzten beiden Jahren zweimal aufgestiegen – von der Regional- in die 1. Bundesliga.
Seine Mannschaft sei da »durchgerutscht«, erzählt Trainer Axel Thieme, der Aufstieg war gar nicht das große Ziel. Zu erkennen, dass das Team gut spiele und »dass da schon was geht«, ohne zu verkrampfen – genau das habe die letzten beiden Jahre erfolgreich gemacht.
Mit den Erfolgen habe sich auch die Stimmung im Team verändert: »Es wurde immer intensiver und bewusster«, schätzt der Trainer ein. Die Mannschaft besteht aus Spielern zwischen 17 und 39 Jahren, deren Lebenssituationen unterschiedlicher kaum sein könnten: Einige arbeiten Vollzeit, andere stecken noch im Studium oder in der Ausbildung, einige sind Väter. Gerade bei diesen verschiedenen Lebensrealitäten und dem hohen Leistungsanspruch sei es für Thieme wichtig, als Trainer individuell auf seine Spieler einzugehen, aber: »Wir müssen Routinen finden, die für alle funktionieren.« Zwar könne ein zusätzliches Training pro Woche die Leistung steigern, doch es könne dabei auch die Lust am Sport verloren gehen. Zudem wäre diese zusätzliche Belastung nur tragbar, wenn sie finanziell entlohnt würde, »damit die Jungs eben nicht arbeiten müssen oder auch mal ein Semester schieben können«.
Thieme versuche als Trainer, »eher der Kumpeltyp« zu sein. Trotzdem muss er an der ein oder anderen Stelle auch mal harte Entscheidungen treffen: Beim Hallenhockey dürfen zehn Feldspieler auf dem Spielformular und fünf auf dem Feld stehen – im Team des ATV sind momentan 17 Spieler. »Es wird immer sieben Mann treffen, denen ich erzählen muss, warum sie am Wochenende nicht spielen.«
Um dem Anspruch als »junges, leistungsorientiertes Team« – so die Selbstbeschreibung auf der Vereinswebsite – gerecht zu werden, hat die Mannschaft nicht nur ihre Einstellung, sondern auch ihr Training professionalisiert. In Vorbereitung auf die neue Saison wurde das gesamte Programm auf Bundesliga- und Leistungshockey ausgerichtet. Neben zwei Hallentrainingseinheiten pro Woche arbeitet das Team nun auch mit einem Athletiktrainer, der mit dem Team einmal wöchentlich ein regeneratives Training durchführt. Zusätzlich steht dem Team seit der letzten Feldsaison ein Physiotherapeut zur Seite.
Erfolgsdruck hat die Mannschaft aber nicht: »Wir wissen genau, wo wir herkommen und was unsere Möglichkeiten sind«, sagt Thieme. Ein Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft sei noch zu weit weg. Denn in der 1. Bundesliga treten jeweils sechs Teams in vier Staffeln (Nord, Ost, Süd, West) gegeneinander an. Die zwei besten Teams jeder Staffel spielen in Viertelfinals um den Einzug ins Final Four, bei dem im Halbfinale und Finale der Deutsche Meister ausgespielt wird. Nach zwei Aufstiegen in zwei Jahren geht es Thieme und seiner Mannschaft diese Saison aber erst mal nur um den Klassenerhalt.
> Der nächste Heimspieltag der 1. Bundesliga Ost: ATV Leipzig vs. Zehlendorfer Wespen, 5.1., 12 Uhr (Damen) u. 14 Uhr (Herren), Sporthalle am Rabet