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Kultur

Sprache als Waffe, Musik als Befreiung

Die Kinostarts der Woche

  Sprache als Waffe, Musik als Befreiung | Die Kinostarts der Woche  Foto: Kneecap Films Limited

»Dating Planet A« ist ein poetisches Bilder- und Musik-Kaleidoskop des Künstler-Duos Johannes Felder und Jonathan Hofmeister. Die Musik der Band Hotties begleitet die Bilder mit einem Livekonzert. Der Soundtrack mäandert dabei von modernem Jazz über frei improvisierten Klangwelten bis hin zu sphärischer Filmmusik. Am Freitag macht das Film-Konzert-Erlebnis Station im Luru auf der Spinnerei.

»Dating Planet A«: Luru-Kino in der Spinnerei, 24.01. 20:00 (Filmkonzert mit Livemusik)


Film der Woche: Hip Hop ist das Sprachrohr der Unterdrückten. Für Liam Óg Ó hAnnaidh und Naoise Ó Cairealláin ist es also nur naheliegend, ihre Texte in der nordirischen Landessprache zu verfassen. Schließlich ist Gälisch eine Waffe in den Augen der irischen Republikaner, die ein geeintes Irland und den Abzug der Briten fordern. Als sie gemeinsam mit dem Lehrer J.J. Ó Dochartaigh die Formation Kneecap gründen, sind sie noch Teenager, aufgewachsen mit dem Konflikt, der die Geschichte ihrer Heimat prägt.

Sie zogen los, um ihre eigene Geschichte zu schreiben. Die erste Single „C.E.A.R.T.A.“ (Irisch für „Recht“) wurde 2017 zu einem Überraschungserfolg und vom irischen Radio wegen Drogenreferenzen und Schimpfwörtern verbannt. Kneecap veröffentlichten ihr erstes Album „3CAG“ („trí chonsan agus guta“ – drei Konsonanten und ein Vokal – steht für MDMA). Es dokumentiert ihr Leben zwischen dem Dealen von Drogen, feiern und dem Kampf gegen die Unterdrückung durch britische Polizeikräfte. Das kam bei Fans – von ihnen „Fenians“ getauft, einem Begriff für die Kämpfer der IRA – und Ordnungshütern unterschiedlich an, konnte den Erfolg aber nicht stoppen.

Seitdem sind einige Jahre ins Land gegangen. Kneecap füllen mittlerweile große Hallen, veröffentlichten Singles mit Grian Chatten (Fontaines DC) und Radie Peat von Lankum. Im vergangenen Jahr erschien ihr zweites Album „Fine Art“ und parallel dazu ein Film, der jetzt in unsere Kinos kommt. Allerdings ist „Kneecap“ weder Konzertdoku noch Bandbio. Der Film, den die Drei gemeinsam mit Regisseur und Autor Rich Peppiat drehten, erzählt ihre Geschichte frei, ungebremst und herrlich überhöht und macht dabei unbändigen Spaß, auch wenn man noch nie etwas von der Band gehört haben sollte.

Liam und Naoise leben als Geezer auf den Straßen von Belfast, verticken Drogen und geraten damit ständig in Konflikt mit den Cops. Als Liam festgenommen wird, weigert er sich, englisch zu sprechen. Also wird der Irischlehrer J.J. Ó Dochartaigh hinzugezogen, um zu übersetzen. Als er Liams Notizbuch in die Hände bekommt, solidarisiert er sich mit ihm. Auf den Seiten hat Liam seinen Alltag in pointierten Texten auf Gälisch dokumentiert. J.J. baut dazu Beats und Kneecap – eine Anspielung auf die nordirische Tradition des Kneecapping, dem zertrümmern der Kniescheiben von politischen Gegnern – sind geboren.

Der Plot malt die Geschichte kräftig aus, fokussiert auf Naoises Verhältnis zu seinem Vater, einer Führungsfigur der IRA, (gespielt von Michael Fassbender) aber auch auf das Leid der Frauen in dem Konflikt. Bei allem Spaß ist es „Kneecap“ ziemlich ernst. Ihr Film ist ein flammendes Plädoyer für die Freiheit Nordirlands, zeigt aber auch wie die Sprache die geteilten Lager der Protestanten und Katholiken vereinen kann. In der Filmgeschichte wird sie sonst ausschließlich im historischen Kontext verwendet. Hier darf sie leben.

Wie gut das funktioniert ist ebenso bemerkenswert wie die schauspielerischen Qualitäten: Mo Chara, Móglaí Bap and DJ Próvaí spielen ihre eigene Geschichte und das mitreißend überzeugend. Referenzen an „Trainspotting“ und „8 Mile“ sind offensichtlich. „Kneecap“ findet aber seine ganz eigenen Qualitäten für einen waschechten Kultfilm.

»Kneecap«: ab 16.1. Passage-Kinos, kinobar Prager Frühling

 

Einen persönlichen Film wollte der kanadische Regisseur Matthew Rankin drehen. Während Corona hatte er seine Eltern verloren. In »Universal Language« verarbeitet er diese Erfahrung, spielt selbst die Hauptrolle. Wer allerdings ein konventionelles Sterbedrama erwartet, wird schnell herausgefordert. Das beginnt mit dem Setting. Gut sichtbar prangen in der ersten Einstellung arabische Namen auf einer kanadischen Grundschule. Auf den Straßen spricht man Farsi und Französisch. Schneeverwehte Landschaften werden untermalt von fernöstlicher Musik. Vor diesem kulturellen Mix entwickelt der Film drei Episoden. Matthew kündigt seinen Job, um ein paar Kilometer weiter seine sterbenskranke Mutter zu besuchen. Ein Touristenguide führt seine Gruppe zu immer absurderen Plätzen (darunter eine Shoppingmall und ein Parkplatz). Zwei Kinder versuchen einen Geldschein aus einem Eisblock zu bekommen. Die letzte Episode erinnert nicht zufällig an einen Film von Abbas Kiarostami, dessen Meta-Kino Rankin als Vorbild für »Universal Language« nennt. Sein Spiel mit Größenverhältnissen und das Interesse für Seltsames reizt zu Vergleichen mit Wes Anderson. Am Ende würde beides dem Film nicht vollständig gerecht. »Universal Language« ist ein Werk auf das man sich einlassen muss. Zwischen Witz und Melancholie erzählt es einem dann etwas über das Leben. Über Existenzen, die sich durch Zeit und Ort nicht voneinander trennen lassen. Und von Truthähnen, die in Bussen reisen. JOSEF BRAUN

»Universal Language«: ab 23.1. Cinèmathèque (in der Nato), Passage-Kinos


Weitere Filmtermine der Woche

Was soll‘n wir machen ohne den Tod
D 1980, Dok, R: Elfi Mikesch, 108 min

Ein Dokumentarfilm über ein besonderes Altersheim und dessen Bewohner*innen.

Cinémathèque, 24.01. 19:30


Wingless − Ohne Flügel
BG 2024, R: Niki Iliev, D: Bashar Rahal, Paraskeva Djukelova, Nathan Cooper, 107 min

Biopic, inspiriert von der wahren Lebensgeschichte des bulgarischen paralympischen Weitsprung-Weltmeisters Mihail Hristov.

Kinobar Prager Frühling, 25.01. 17:00 (OmeU)


Zwischen den Stühlen
D 2017, Dok, R: Jakob Schmidt, 106 min

Der Dokumentarfilm begleitet drei Referendare auf ihrem Weg zum Examen.

Passage-Kinos, 24.01. 18:30 (Zum Internationalen Tag der Bildung)


Chichinette
D 2019, Dok, R: Nicola Hens, 86 min

Die bisher unbekannte Geschichte einer französisch‐jüdischen Spionin, Marthe Cohn – alias Chichinette.

Cinémathèque in der Nato, 27.01. 19:30 (Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, OmU)


David Lynch: The Art Life
USA/DK 2016, Dok, R: Jon Nguyen, Rick Barnes, Olivia Neergaard-Holm, 88 min

Dokumentation über die am 15. Januar verstorbene Regie-Ikone.

Passage-Kinos, 26.01. 13:00 (OmU)


Der müde Tod
D 1921, R: Fritz Lang, D: Lil Dagover, Walter Janssen, Bernhard Goetzke, 98 min

Als der Geliebte eines junge Mädchens stirbt, begibt sie sich in das Totenreich und bittet um das Leben des Verstorbenen.

Hochschule für Musik und Theater, 31.01. 19:30


Die Dirnentragödie
D 1927, R: Bruno Rahn, D: Asta Nielsen, Werner Pittschau, Oskar Homolka, 78 min

Die alternde Dirne Auguste träumt von einem besseren Leben. Stummfilmdrama von 1927, begeleitet von der historischen Kinoorgel.

Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig, 24.01. 19:30 (Stummfilm mit Kinoorgel)


Die Tagebücher von Adam und Eva
D 2023, R: Franz Müller, D: Anca Androne, Alex Brendemühl, Belina Nasra Mohamed-Ali, 88 min

Lose basierend auf der Vorlage von Mark Twain lotet der Film die Rolle der Geschlechter aus vom Anbeginn der Zeit bis in die Gegenwart.

Luru-Kino in der Spinnerei, 25.01. 19:00 (in Anwesenheit des Regisseurs)


Horror-Doppel mit Donis

Gezeigt werden zwei Filme zu einem übergeordneten Thema.

Luru-Kino in der Spinnerei, 29.01. 19:00 (mit »Invasion of the Blood Farmers« in der OF und »Tucker & Dale vs. Evil« im OmU)


Jakob der Lügner
DDR/CSSR 1974, R: Frank Beyer, D: Vlastimil Brodsky, Henry Hübchen, Armin Mueller-Stahl, 101 min

1944 erfährt der in ein Ghetto in Osteuropa deportierte Jude Jakob per Zufall in einer mitgehörten Radiosendung, dass die Rote Armee erfolgreich vorrückt. Obwohl er selbst, ebenso wie alle anderen Deportierten, kein Radio hat, beschließt er, weitere ähnliche Nachrichten zu erfinden, um Hoffnung und Mut im Lager anzufachen.

Schaubühne Lindenfels, 26.01. 17:30 (zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust)


Layla
GB 2023, R: Amrou Alkadhi, D: Bilal Hasna, Louis Greatorex, Safiyya Ingar, 100 min

Eine britisch-palästinensische Dragqueen in London verliebt sich unsterblich in den charmanten Geschäftsführer einer Werbebranche.

Passage-Kinos, 29.01. 20:30 (OmU, QueerBLICK)


Metropolis
D 1927, R: Fritz Lang, D: Alfred Abel, Gustav Fröhlich, Brigitte Helm, 153 min

Proletarier-Revolte in der Zukunftsstadt Metropolis. Expressionistischer Science-Fiction- und Stummfilm-Klassiker von Fritz Lang, dessen Architektur und Gestaltung seither oft zitiert und kopiert wurde.

Westkreuz Plagwitz, 31.01. 20:30 (Cinema Noir)


Misty − The Erroll Garner Story
CH/F/D 2024, Dok, R: Georges Gachot, 100 min

Dokumentarfilm über den US-Jazzmusiker Erroll Garner.

Passage-Kinos, 26.01. 18:00 (Musikkiste, OmU)


Shorts Attack: Zukunft ist jetzt

8 Filme in 90 Minuten (alle in OmU)

Schaubühne Lindenfels, 26.01. 19:15 (OmU)


Srbenka
KRO 2018, Dok, R: Nebojsa Slijepčević, 72 min

Theaterregisseur Oliver Frljic behandelt in seinem Theaterstück den Krieg zwischen Serbien und Bosnien. Schon bald werden die Proben zum Stück zu einer kollektiven Therapiesitzung.

Ost-Passage-Theater, 29.01. 20:00 (OmU)


Stolz und Vorurteil
GB/USA 2005, R: Joe Wright, D: Keira Knightley, Matthew Macfadyen, Rosamund Pike, 129 min

Auch in dieser Adaption des Jane-Austen-Klassikers suchen mehrere Töchter aus gutem Hause im England des ausgehenden 18. Jahrhunderts nach der Liebe oder zumindest nach einer »guten Partie«.

Passage-Kinos, 27.01. 20:15 (Passagen Werke mit Gespräch, OmU)


Thelma – Rache war nie süßer
USA/CH 2024, R: Joshua Margolin, D: June Squibb, Fred Hechinger, Richard Roundtree, 97 min

Als Internet-Scammer die allein lebende Rentnerin Thelma ausnehmen und um ihr ganzes Geld erleichtern, sinnt die 93-Jährige auf Rache.

Cineplex, 29.01. 14:00 (Zu Gast: Landeskriminalamt der Polizei Sachsen, Kinokränzchen), 15:00 (Zu Gast: Landeskriminalamt der Polizei Sachsen, Kinokränzchen)


Trapezium
J 2024, R: Masahiro Shinohara, 95 min

In dem Anime geht es um die Gründung einer Mädchen-Popband.

Regina-Palast, 28.01. 17:15 (OmU), 18:00 (OmeU), 19:45 (OmU)
Cineplex, 28.01. 20:00 (OmU)
Cinestar, 28.01. 20:00 (OmU)


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