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Politik

Mit Drohne, aber ohne Minister

Die Leibnizschule macht mobil gegen Kultus-Pläne, den Unterrichtsausfall zu kompensieren

  Mit Drohne, aber ohne Minister | Die Leibnizschule macht mobil gegen Kultus-Pläne, den Unterrichtsausfall zu kompensieren  Foto: Laurin Grundt

»Lernlust statt Schulfrust«, schallt es über den Nordplatz. Eine Drohne kreist über den Köpfen, hält den polytechnischen Protest fotografisch fest. Rund hundert junge Menschen, die die Leibnizschule besuchen, haben sich der Aktion auf der Grünfläche angeschlossen, ihre Lehrerinnen und Lehrer auch. Sie protestieren gegen den Maßnahmenplan des Freistaats zur Bekämpfung des Unterrichtsausfalls. Am Vorhaben von Kultusminister Conrad Clemens (CDU) gab es bereits in der vergangenen Woche Kritik. Die 21 Maßnahmen sollen im Mai beschlossen werden, die Aktion im Leipziger Norden macht dagegen Front.

»Bei uns war er noch nicht«, sagt Jana Brinkmann zu Clemens’ Vorhaben, hundert Schulen an hundert Tagen zu besuchen. »Er hatte sich bisher nur angekündigt, sich aber kein Bild vor Ort gemacht.« Nicht der ausbleibende Besuch treibt die Schülerinnen und Schüler samt Lehrpersonal in der Hofpause auf den Nordplatz. Brinkmann, die Geschichte und Deutsch unterrichtet, zeigt sich enttäuscht, dass das Schulpersonal einfach übergangen wird. »Wir fordern, dass er alle Meinungen hört, mit uns das Gespräch sucht, statt über die Lehrer und Lehrerinnen hinwegzugehen. Wir haben Augenhöhe verdient.« Sie ärgert sich zudem über die Unwissenschaftlichkeit des Vorgehens. »Wir müssen seit Anfang des Schuljahrs unsere Arbeitszeiten erfassen für eine Studie des Ministeriums. Diese ist noch nicht abgeschlossen, nicht ausgewertet und dennoch werden Maßnahmen beschlossen.« Es sei ja gut, dass das Problem des Lehrkräftemangels erkannt wurde, sagt Brinkmann. Aber den bekämpfe man nicht mit weiterer Überforderung. Aus diesem Grund hat das Kollegium des Leibniz-Gymnasiums einen »Brandbrief« an Clemens formuliert, der dem kreuzer vorliegt.

Darin wird der Fokus der Maßnahmen auf Effizienz kritisiert, der aus dem wirtschaftlichen Denken entstamme. »Schulen sind keine Unternehmen, sondern Orte des Lernens, der Persönlichkeitsentwicklung und der sozialen Teilhabe«, schreibt das Kollegium im Brief. Statt kurzfristigem Aktionismus fordert die Lehrerinnen und Lehrer langfristige Reformen, etwa eine Verbesserung der Infrastruktur, mehr Schulsozialarbeit, die Einführung des Abiturs nach 13 Jahren (G9) und die Diskussion einer Systemreform: Die »Einführung eines zweigliedrigen Schulsystems analog Finnland, um Durchlässigkeit und Chancengleichheit zu fördern.«

Nicht uneigennützig fällt die Beteiligung der Schülerinnen und Schüler aus. »Als uns die Lehrer von der Aktionsidee erzählten, beschlossen wir gleich mitzumachen«, sagt Ciara, die als Stellvertreterin im Leibniz-Rat sitzt, wie der Schüler-und-Schülerinnen-Rat an der Schule heißt. Sie haben extra die große Pause gewählt, um nicht weiteren Stundenausfall zu erzeugen. »Sicher muss der Beruf attraktiver werden, aber das schafft man nicht mit solchen kurzfristigen Maßnahmen«, sagt Ciara. Sie befürchtet, dass sich die Qualität des Unterrichts verschlechtert, wenn die Vorbereitungszeit zusammengestrichen wird und Grundschullehrer an die Oberschulen versetzt werden. »Der Unterricht wird leiden, das Burnout-Risiko vermutlich steigen.« Auch von der Ministerial-Idee, Ausfälle mit mehr Distanzunterricht abzufangen, hält Ciara nicht viel. »Technische Möglichkeiten können nicht alles ausgleichen.« Nicht jeder und jede habe die digitalen Mittel, sich an Tele-Unterricht zu beteiligen. Nicht allen Schülerinnen und Schülern stünde ein eigenes Zimmer zur Verfügung, um so in Ruhe dem Fernunterricht zu folgen. »Die Schule sollte doch unser Lernort sein, wo das Umfeld stimmt.«


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1 Kommentar(e)

Peter Hase 18.04.2025 | um 04:48 Uhr

Das Anlegen der Lehrer und Schüler ist für mich sehr gut nachvollziehbar.. Der Minister Clemens in Dresden sollte seine Berührungsängste mit der Praxis beheben und sich lieber darauf konzentrieren, wie man die vielen Stundenausfälle am Leibniz-Gymnasium in den Griff bekommt. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es widersinnig, die Lehrkräfte vor den Kopf zu stoßen.