anzeige
anzeige
Kultur

»Ey Cary, warum hast du eine Band?«

Future-Pop aus Leipzig: Cary stellt im Werk 2 ihr erstes Album vor – einsam wie immer und nun auch allein

  »Ey Cary, warum hast du eine Band?« | Future-Pop aus Leipzig: Cary stellt im Werk 2 ihr erstes Album vor – einsam wie immer und nun auch allein  Foto: Corinna Dumat

Ihr düsterer Sound bewegt sich zwischen epischen Pop-Melodien und Rap-Lines, wobei auch immer wieder Ambient- und Drum’n’Bass-Vibes wahrzunehmen sind. Die Leipzigerin Cary lässt nun auf ihre EP »Lauf« aus dem Jahr 2023 das erste Album folgen: »Allein oder einsam« erscheint diesen Monat. Die dazugehörige Tour führt unter anderem ins Uebel & Gefährlich nach Hamburg oder in den Frankfurter Ponyhof – und ins heimische Werk 2.

Sie nennen Ihre Musik »Future-Pop«. Wie klingt denn die Zukunft?

Erst einmal offen. Für mich bezieht sich der Begriff vor allem auf die inhaltliche Ebene. Wir leben im Jahr 2025 und das bedeutet für mich, auch offen über deepe Themen reden zu können.
 

Was sind für Sie deepe Themen?

Vor allem solche, die unsere Elterngenerationen oftmals ausgespart haben – etwa Tod oder Depression. Mein Vater hat mir früher immer gesagt, weinen sei nicht okay. Das hat sich damals tief eingebrannt bei mir. Einerseits ist das so ein Männerding, andererseits haben Frauen diese Härte ja auch oft übernommen. Es geht aber auch um kleinere Themen: Wer möchte heute schon eine längere Antwort auf die Frage: »Wie geht’s dir?«? Ich antworte da mittlerweile immer mit einer Gegenfrage: Willst du die lange oder kurze Antwort?
 

Sie wollten schon mit sechs Jahren Sängerin werden. Warum?

Als kleines Kind wollte ich zunächst Akkordeon lernen. Meine Mutter hat mir sonst alles erlaubt im Leben, aber das hat sie verboten – zum Glück! Sonst wäre ich heute womöglich in irgendeiner Schlagerparade unterwegs. Stattdessen habe ich dann angefangen, Klavier zu lernen, das eh schon bei uns zu Hause rumstand. Mit sechs Jahren habe ich dann erste Texte geschrieben. Die waren natürlich eher banal und einfach, aber auf ihre Weise auch schon deep: Es ging darin schon um Beziehungen und Verlassenwerden.
 

Wer waren Ihre Vorbilder zu jener Zeit?

Vor allem Whitney Houston und Mariah Carey. Parallel hatte ich dann aber auch schon Klavierunterricht und habe da viel Klassik gespielt. Mit 13 oder 14 dachte ich dann aber: Da muss es doch noch mehr geben, als bloß stumpf vom Blatt zu spielen. Und dann habe ich angefangen, Akkorde und eigene Lieder zu spielen. Das fand meine Klavierlehrerin ganz furchtbar, so dass der Unterricht dann schnell vorbei war. (lacht)
 

Sie haben mal gesagt, dass Sie mit Ihrer Musik Zuversicht verbreiten wollen. Ihr Sound ist aber ganz schön düster …

Ich glaube, es kommt ein bisschen darauf an, wo man selbst steht, wenn man die Musik hört. Ich habe Freunde, die mir sagen, dass sie meine Musik nicht hören können, da sie ihnen zu abgründig sei. Und das ist auch völlig in Ordnung. Andererseits erhalte ich auch viele Rückmeldungen von Leuten, dass meine Musik ihnen Zuversicht vermittelt, weil sie sich dadurch verstanden fühlen. Ich vergleiche das gern mit einer Therapie: Auch dort geht man immer wieder an die Punkte, die sehr weh tun, um den weggedrückten Schmerz wieder hochzuholen und zu fühlen. Am Ende geht es einem dann meist besser.
 

Ihr neues Album heißt »Allein oder einsam«. Das ist ein ziemlich schmaler Grat, oder?

Definitiv. Ich glaube, ich habe mich noch nie nicht einsam gefühlt. Mir geht es oft so, wenn ich in größeren Menschenmengen unterwegs bin, dass ich denke: Ich möchte jetzt alleine sein. Dann fahre ich nach Hause und merke nach kurzer Zeit, dass die Einsamkeit überhandnimmt.
 

Sie stehen auch allein auf der Bühne. Wie wichtig ist Ihnen Autonomie in Ihrer Kunst?

Sehr. Ich hatte ja, wie gesagt, erst meine Band und irgendwann kam Arpen (Künstlername des Leipziger Musikers Robert Seidel, Anm. d. Red.) auf mich zu und meinte: »Ey Cary, warum hast du eine Band? Du bist doch eigentlich eine Solokünstlerin.« Und da dachte ich so: Okay, dann ist das vielleicht so. Aber ich bin ja in meiner Arbeit trotzdem nicht allein, sondern habe ein tolles Team – mit meinen Produzenten, meinen Kameraleuten und meinem Label.
 

Gutes Stichwort: Sie stehen beim Leipziger Label 365xx Records unter Vertrag, das sich auf weibliche Acts im Hip-Hop spezialisiert hat. Wie kam es dazu?

Ende 2022 habe ich Support für Finna im Werk 2 gespielt. Als ich auf der Bühne stand, sah ich Lina (Burghausen, Labelgründerin von 365xx Records; Anm. d. Red.) im Publikum – und wurde ganz nervös. Jetzt musst du richtig abliefern, hab ich gedacht und sie gleich nach dem Konzert gesucht – und da lief sie mir ganz aufgelöst in die Arme und meinte: »Wir müssen reden! Bevor du irgendwo anders signst, lass uns bitte einen Kaffee trinken oder so, denn ich brauche dich.«


> 26.2., 20 Uhr, Werk 2, Halle D, www.yescary.de


Kommentieren


0 Kommentar(e)