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Politik

Anecken, mitmischen, debattieren

Das Leipziger Jugendparlament wird im April neu gewählt

  Anecken, mitmischen, debattieren | Das Leipziger Jugendparlament wird im April neu gewählt  Foto: Christiane Gundlach

»Ich stelle fest: Wir sind noch nicht beschlussfähig. Gibt es noch Ergänzungen zur Tagesordnung?« – Hannah Lilly Lehmann, Sprecherin des Leipziger Jugendparlaments, möchte pünktlich mit der Sitzung anfangen. Mindestens einmal im Monat, zurzeit alle zwei Wochen, versammeln sich die gewählten Mitglieder des Jugendparlaments. Hier können die 14- bis 21-Jährigen die Interessen der Leipziger Jugend gegenüber dem Stadtrat und der Stadtverwaltung vertreten.

Zehn Mitglieder sind in der heutigen Sitzung anwesend, es fehlt also eins für die erforderliche Mehrheit zur Abstimmung der Anträge. Ein Vertreter des Sozialamts ist zu Gast und informiert über die aktuelle Lage der Gewaltschutzinfrastruktur in Leipzig, zu der das Jugendparlament einen Antrag gestellt hatte. Parallel ging im Stadtrat eine Petition der Leipziger Arbeitsgemeinschaft Frauenprojekte mit ähnlichem Inhalt ein, das Jugendparlament nahm daraufhin seinen Antrag aus dem Verfahren.

Das gehöre dazu, erzählen Hannah Lilly Lehmann und Adrian Habermann dem kreuzer nach der Sitzung. Nach zwei Jahren Parlamentsarbeit sitzt die nötige Verwaltungssprache bei den Mitgliedern. Die meisten haben im Laufe der Legislatur die Schule abgeschlossen, viele studieren jetzt. Lehmann und Habermann wünschen sich eine breitere Repräsentation der Jugendlichen – mehr Jüngere, mehr Jugendliche mit Migrationsgeschichte, mehr Auszubildende.

Mit der nun auslaufenden Legislatur zeigen sich die Jugendlichen zufrieden. Der stellvertretende Sprecher des Jugendparlaments, Jurek Kennert, ist seit vier Jahren dabei und hat beobachtet: »Man kann als Jugendparlament Anträge so schreiben, dass sie schon verwaltungskonform sind«, oder man könne auch mal anecken: zum Beispiel mit klarer Linie in der Debatte um die Kleinmesse und die Parkflächen fürs Zentralstadion. »Wir haben gefordert, dass die Kleinmesse erhalten bleibt – für die Schausteller und den Kulturbetrieb«, erzählt Adrian.

Auch Anträge aus der letzten Legislatur habe das Jugendparlament erfolgreich durchsetzen können: Darunter ist eine Kampagne gegen sexuelle Belästigung und Übergriffe im öffentlichen Raum – die Plakate waren für mehrere Monate in der Leipziger Innenstadt nicht zu übersehen. Ein Projekt, das schon im März 2022 auf Initiative des Jugendparlaments beschlossen wurde, wird ebenfalls fertig: der Gedenkort für die Leipziger Meuten auf dem Lindenauer Markt. Am 24. April wird das Memorial feierlich eingeweiht – sprechen wird dabei auch Hannah Lilly Lehmann. Damit findet die Legislatur für sie einen gebührenden Abschluss.

Für fortlaufende Debatten sind Lehmann und die anderen Mitglieder bald nicht mehr zuständig, denn zur Wahl im April treten sie nicht noch mal an.

Seit 2015 wird das Jugendparlament alle zwei Jahre neu besetzt. Wählen und gewählt werden dürfen Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren mit Wohnsitz in Leipzig – zur letzten Wahl gab es um die 46.000 Wahlberechtigte. Ab dem 7. April dürfen die Jugendlichen online abstimmen, die Wahlunterlagen und den Zugang erhalten sie per Post. Die 20 Kandidierenden mit den meisten Stimmen kommen ins Jugendparlament, alle weiteren Kandidierenden landen auf einer Nachrückliste. Anschließend entsendet das Jugendparlament Mitglieder in den Jugendbeirat. Die Entsandten haben Rederecht im Stadtrat und bringen dort auch Anträge ein, die vorher im Beirat mit Mitgliedern des Stadtrats diskutiert wurden.

Für die anstehende Wahl muss in der Sitzung einiges vorbereitet werden. Heute besprechen die Mitglieder der auslaufenden Legislatur, an welchen Tagen Workshops zum Wahlkampf für die neuen Kandidierenden stattfinden sollen. Die Sprecherin führt bestimmt durch die Debatte, delegiert Aufgaben, hakt einen Punkt nach dem anderen in der Tagesordnung ab. Ein zweites Mal will sie sich aber nicht für das Jugendparlament aufstellen. Neben ihrer Arbeit in anderen politischen Gremien – unter anderem im Vorstand der Jusos in Leipzig – fehlen ihr die Kapazitäten dafür. Auch Adrian Habermann wird nicht noch mal zur Wahl antreten. So schnell werde er von den Verwaltungsstrukturen aber keinen Abstand bekommen: »Ich habe mich in den zwei Jahren sehr stark in den Kosmos Kommunalpolitik eingearbeitet und bin jetzt erst mal in diesem Rattenloch drin. Und ich wühle sehr stark, aber komme irgendwie nicht wieder raus.« Trotzdem sind sich die drei Parlamentsmitglieder einig: Politische Beteiligung ist wichtig und das Jugendparlament eine Möglichkeit für Jugendliche, kommunalpolitisch aktiv zu werden. Habermann appelliert: Wenn man sich nicht an der Politik beteilige, »macht das jemand anderes und im Zweifel machen die Leute das nicht so, wie man das selbst möchte.«
 

> Die Kandidierenden im Überblick gibt es hier

> Gewählt wird  vom 7. bis 14.4. Alle Infos zum Wahlablauf gibt es hier


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