anzeige
anzeige
Kultur

Weiblicher Widerstand

Die Ausstellung »Partizan*ke Art. Die Kunst des weiblichen Widerstands in Jugoslawien und Kärnten« in der HGB-Galerie

  Weiblicher Widerstand | Die Ausstellung »Partizan*ke Art. Die Kunst des weiblichen Widerstands in Jugoslawien und Kärnten« in der HGB-Galerie  Foto: Partizanke Art_Galerie

Futuristisch muten die aus Beton gegossenen Formen an, die ein Ensemble mitten im Wald bilden. Sie erinnern an die Kämpfe gegen die nationalsozialistischen Besatzer im ehemaligen Jugoslawien. Carla Maruscha Fellenz, die in der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in der Klasse Fotografie und Bewegtbild von Tina Bara studiert, besuchte die Erinnerungsorte. In ihrem Film »Prisutni« (Gegenwart) aus dem Jahr 2023, der in der Ausstellung »Partizan*ke Art. Die Kunst des weiblichen Widerstands in Jugoslawien und Kärnten« zu sehen ist, beschreibt sie den Weg zu den meist in der Ödnis liegenden Plätzen von Schlachten im Befreiungskampf der Partisaninnen und Partisanen im ehemaligen Jugoslawien, die vorgefundenen Stätten und deren gegenwärtige Benutzung. In Fotografien schildert sie Detailansichten der Konstruktionen von den Erinnerungsstätten. Bereits seit den 1950er Jahren etablierte sich in Jugoslawien eine Gedenkarchitektur, die sich erheblich von beispielsweise der in der DDR unterschied. Bogdan Bogdanović (1922-2010) gehört zu den bekanntesten Architekten. In der Ausstellung wird die Architektin Iskra Grabuloska vorgestellt, die die Gedenkstätte Makedonium in Krusevo schuf.

Die Ausstellung, die sich in künstlerischer und wissenschaftlicher Recherche den Partisaninnen und Partisanen nähert, stellt auf großen Stoffbahnen im Galerieraum die historische Situation von Jugoslawien vor. Am 6. April 1941 überfallen die Wehrmacht, italienische, ungarische und bulgarische Truppen ohne Kriegserklärung das Land und besetzen es. Im Widerstand organisieren sich die Mitglieder der Kommunistischen Partei, in deren Reihe sich ehemalige Kämpfende des Spanischen Bürgerkrieges befinden. Eine Besonderheit, die auch die Ausstellung initiierte, bildet die Tatsache, dass viele Frauen am kommunistisch geführten Widerstand gegen die nationalsozialistische Okkupation organisiert waren. Offizielle Zahlen benennen zwei Millionen Frauen, die sich bis zum Kriegsende 1945 hier organisierten, etwa 100.000 bei der Volksbefreiungsarmee bzw. in Partisan*innenverbänden. Ein Großteil von ihnen stammt aus bäuerlichen und damit auch traditionellen Lebensentwürfen.

Ausstellung HGB
Ausstellung in der HGB | Foto: Lea Petry

Die Ausstellung stellt einzelne Künstlerinnen vor, die als Partisaninnen im Untergrund künstlerisch arbeiteten und wie deren Erbe nach 1945 in das kollektive Gedächtnis überging oder in Vergessenheit geriet. Da zumeist die Geschichte von Ost- und Südosteuropa in unseren Breiten eh mehr als blinder Fleck, denn als Allgemeinwissen existiert, zeigt ein Video des internationalen Netzwerks, das die Ausstellung organisierte, warum und wie sie sich mit der Geschichte – insbesondere des Untergrunds – beschäftigen.

Die zeitgenössischen, künstlerischen Positionen stammen unter anderem aus der HGB, aus Ljubljana oder der Hochschule für Bildende Kunst Hamburg. Sowohl die wissenschaftlichen als auch die künstlerischen Positionen weisen aktuell in die Gegenwart, wie beispielsweise die Gedenkstätten oder einzelne Fotografien zu ehemaligen Standorten von Konzentrationslagern zeigen. Erinnerungsorte des kommunistischen Untergrunds bilden zudem wichtige Positionen in der europäischen Erinnerungskultur, die seit dem Zerfall Jugoslawiens aber auch ganz unterschiedlich gewertschätzt oder zerstört wurden, um eine neue nationale Geschichte erzählen zu können. Während in Kroatien beispielsweise 3.000 Denkmäler verschwanden, pflegt Slowenien diese.


Neben der Ausstellung, die nach Leipzig in Berlin, München, Klagenfurt/Celovec und Wien Station machen wird, gibt es ein reichhaltiges Rahmenprogramm:

25.4. 18 Uhr Julia Blume spricht über »Wächterstraße 11« – eine Zeitschrift des nationalsozialistischen Studierendenbundes der Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe 1940-45

30.4. 18 Uhr Katharina Pressl & Daniel Gönitzer, »Nullpunkte der Gewalt«, Lesung und Gespräch

8.5. 19 Uhr »Ko to pamo peva?«, Film, Jugoslawien 1980, Screening

9.5. 18 Uhr Oliver Neef, »Zwangsarbeit und Widerstand in Leipzig. Biografien ehemaliger Zwangsarbeiter:innen«

10.5. Zur Museumsnacht ist die Ausstellung und eine Bar von 18 bis 24 geöffnet, Führungen: 19 und 21 Uhr

15.5., 19 Uhr »The Other Line«, Film, 2016, Screening

> »Partizan*ke Art. Die Kunst des weiblichen Widerstands in Jugoslawien und Kärnten«

Bis 17.5. in der HGB-Galerie, Mi-Fr 13.30-17.30 Uhr

 


Kommentieren


0 Kommentar(e)