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Politik

26. Juni: Die Querfront lebt

AfD und BSW wollen das russische Konsulat in Leipzig wieder eröffnen

  26. Juni: Die Querfront lebt | AfD und BSW wollen das russische Konsulat in Leipzig wieder eröffnen  Foto: Stefan Ibrahim


Ein berechneter Aufreger kommt von Roland Ulbrich (AfD): Seine Fraktion fordert die Wiedereröffnung des russischen Konsulats in Leipzig, es solle den russischen Bürgerinnen und Bürgern wieder zur Verfügung gestellt werden. Derzeit werde auf diese eine regelrechte »Hexenjagd« veranstaltet, »initiiert von denen, die uns ständig mit ihrem Gerede von Menschenrechten nerven.«

Neben der Schließung des Konsulats meint er damit auch das Einfrieren von Konten oder den Ausschluss russischer Athletinnen und Athleten von Sportwettkämpfen – alles Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Infolgedessen sieht Ulbrich russische Bürgerinnen und Bürger zu Unrecht schlecht behandelt. Zur Begründung holt er weit aus: Als die USA den Irak, Libyen oder Syrien angegriffen hätten, seien weder Konsulate geschlossen, Sanktionen verhängt, noch Bürgerinnen und Bürger diskriminiert worden. Und selbst nach dem Angriff der Hamas auf Israel habe niemand gefordert, islamischen Verbänden die finanziellen Mittel zu entziehen. Was das eine mit dem anderen zu tun hat, bleibt offen. Aber in Ulbrichs Argumentation wird deutlich, worum es ihm eigentlich geht: rassistische Narrative verbreiten.

Und Ulbrich macht das rechtsextreme Bullshit-Bingo voll: Es sei unverständlich, dass »in dieser woken Gesellschaft der Weltoffenheit und Toleranz, die so viel Verständnis für muslimische Messerstecher und Gruppenvergewaltiger aufbringt«, russische Bürgerinnen und Bürger nun für die Politik ihrer Regierung angefeindet würden. Die Bemerkung führt zu empörten Zwischenrufen. »Mich hält es kaum auf meinem Stuhl«, sagt Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD).

Daraufhin stellt Katharina Subat (Die Partei) erstmal ein paar Dinge klar, denn »es ist mal wieder nicht so einfach, wie es die extrem rechte AfD darstellt«: Die Schließung der russischen Konsulate sei lediglich eine Reaktion auf die Ausweisung des deutschen diplomatischen Personals aus Russland gewesen. Ebenso liege Außenpolitik nicht in der Zuständigkeit des Oberbürgermeistes, ob er nun in Berlin »am Zaun des Auswärtigen Amts rütteln« solle? Nicht der Krieg sei für die AfD ein Problem, sagt Subat, sondern die Abhängigkeit von »flüssigen Dino-Fossilien«. Sie schlägt vor, das leerstehende Konsulat als Kulturzentrum für europäische Völkerverständigung zu verwenden: »Dort hinein dürfen dann alle, außer die, die etwas für Angriffskriege übrig haben.«

Unterstützung bekommt Ulbrich hingegen vom BSW, auch wenn die Rede – Achtung, jetzt wird es verharmlosend – »tendenziell rassistische Inhalte« enthalten habe, sagt Thomas Kachel. Aber schließlich sei nicht die Rede, sondern der Text des Antrags entscheidend, in dem sich die AfD wohl bewusst anschlussfähig an andere selbsternannte Friedensparteien zeigt.

Nun reicht es Jung. Ulbrichs Behauptung, Leipzig zeige internationale Offenheit für Kriminelle, ist für ihn nicht nur tendenziell fremdenfeindlich, sondern eine »bösartige, rassistische Unterstellung«. Er bittet Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning (SPD), der gerade von einer Delegationsreise aus der Ukraine zurückgekehrt ist, von seinen Erlebnissen zu berichten, bevor man noch mit weiteren Unwahrheiten konfrontiert werde. »Ihr Name war Maria«, beginnt Hörning und schildert knapp, wie er in Kyjiw vor den Trümmern eines Hauses stand, in dem nur Stunden vorher zehn Menschen von russischen Raketen getötet wurden – darunter die elfjährige Maria.

Schließlich kommt es zur Abstimmung, der Antrag wird abgelehnt. Damit bleibt die russische Botschaft in Berlin vorerst die nächstgelegene Anlaufstelle für russische Bürgerinnen und Bürger in der Region.


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