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Kultur

Im Fluss der Zeit

Die Kinostarts der Woche

  Im Fluss der Zeit | Die Kinostarts der Woche  Foto: Studio Zentral

Der kreuzer und das Luru-Kino in der Spinnerei zeigen »The Last Detail« von Hal Ashby, eine zu Unrecht vergessene Perle des New Hollywood: »Das letzte Kommando«, so der deutsche Titel, begleitet einen Kriegsgefangenen, der von zwei Soldaten in eine Haftanstalt eskortiert wird und an einem letzten Wochenende in Freiheit mit viel Bier und Gesprächen Freundschaft und Solidarität kennenlernt. Hal Ashby (»Harold und Maude«) drehte diese wundervolle Tragikomödie als Statement gegen den Krieg zur Hochzeit des »New Hollywood«. In der Hauptrolle glänzen Jack Nicholson, Otis Young und Randy Quaid. Ein Juwel des US-Independentkinos.

»kreuzer-Klassiker: The Last Detail«: 3.9., 19 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei

Film der Woche: Der Erfolg hatte alle überrascht: Als erster deutscher Film seit langem wurde »In die Sonne schauen« von Mascha Schilinski in den Wettbewerb von Cannes geladen und dort mit dem Preis der Jury ausgezeichnet. Das ist einzigartig in der Geschichte des Festivals. Ebenso einzigartig ist auch das Filmerlebnis.

»In die Sonne schauen« erzählt ein Jahrhundert auf einem altmärkischen Bauernhof durch die Perspektive verschiedener Generationen von vier heranwachsenden Frauen. Die 7-jährige Alma (Hanna Heckt) wächst als Tochter einer Gutsbesitzerfamilie auf dem Vierseithof kurz vor dem Ersten Weltkrieg auf. Ihr Leben ist geprägt von christlichen Ritualen, die sie zu verstehen versucht, und dem allgegenwärtigen Tod. Auf einer Anrichte stehen die Fotografien der Verstorbenen und eines der Mädchen sieht aus wie sie. Fortan glaubt sie, dass sie das gleiche Schicksal ereilen wird.

Erika (Lea Drinda) lebt in den 1940er Jahren auf dem Hof unter ihrem gewalttätigen Vater Sie ist fasziniert von ihrem Onkel Fritz (Martin Rother), dem „Kriegsversehrten“. Nachts schleicht sie sich in sein Zimmer im Obergeschoss, um Zeichnungen von seinem amputierten Bein zu machen und von seinem Schweiß zu kosten.

Auch Angelika (Lena Urzendowsky) entdeckt ihr Verlangen und die Macht ihrer eigenen Sexualität zur Zeit der DDR. Sie spielt mit den Gefühlen ihres Cousins Rainer (Florian Geißelmann) und setzt sich gegen die Übergriffigkeit ihres Onkels Uwe (Konstantin Lindhorst) zur Wehr.

In der Gegenwart kommt schließlich Lenka (Laeni Geiseler) mit ihrer Familie auf den heruntergekommenen Hof, den sie eigenständig renovieren wollen. Lenka ist fasziniert vom Nachbarsmädchen Kaya (Ninel Geiger), deren Mutter verstorben ist, und wäre am liebsten wie sie. Wie ihre Vorgängerinnen in den Jahrzehnten zuvor beobachtet sie, saugt auf und imitiert auf der Suche nach Orientierung.

Die Kamera von Fabian Gamper schwebt geisterhaft durch die Räume, lugt durch Ritzen und Türspalte, beobachtet wie die Mädchen beobachten. Der Hof dient als emotionaler und historischer Resonanzraum und als Experimentierraum für die Inszenierung. Die Montage fließt assoziativ durch die Zeitebenen. Der zweieinhalbstündige Fluss macht mitunter schwindelig, orientierungslos – »In die Sonne schauen« ist eine körperliche Erfahrung, die den Betrachter fordert, aber ein Filmerlebnis, das absolut unvergleichlich ist.

»In die Sonne schauen«: ab 21.8., Kinobar Prager Frühling, Passage-Kinos, Schauburg, Regina-Palast


Unter der Haut sind wir alle gleich – „We all bleed red“, sagt einer der Protagonist*innen in Josephine Links’ gleichnamigen Dokumentarfilm. Der deutsche Fotograf Martin Schoeller hat sich das zur Maxime gesetzt. Er porträtierte Politiker*innen wie Angela Merkel und Barack Obama und Hollywood-Stars wie Angelina Jolie, Clint Eastwood und Cate Blanchett. Er ist per Du mit den Promis in Hollywood und reiste für National Geographic um die Welt. Seinen Status nutzt er, um jenen Menschen Licht zu geben, die sonst eher im Schatten von L.A. leben. So entstanden Porträts von Obdachlosen und Menschen, die unschuldig im Todestrakt saßen. Schoeller holte die farbenprächtige Transcommunity seiner Wahlheimat vor die Kamera und die ebenso schillernden Ureinwohner. Josephine Links begleitet ihn dabei. Entstanden ist dabei eher ein Arbeits- als ein Künstlerporträt. Wir erfahren mehr über die Schicksale seiner Protagonist*innen als über den Fotografen selbst. Die beeindruckenden Porträts bleiben ebenso wie die Geschichten nachhaltig im Gedächtnis.

»We All Bleed Red«: ab 28.8. Luru-Kino in der Spinnerei (am 28.8., 19 Uhr in Anwesenheit der Regisseurin), Passage-Kinos


Nachdem Michelle ihrer Tochter Valérie mit einem Gericht aus selbst gesammelten Pilzen unbeabsichtigt eine Vergiftung beschert hat, bricht diese nicht nur den gemeinsam mit ihrem Sohn Lucas angesetzten Urlaub bei der Oma frühzeitig ab, sondern gleich den ganzen Kontakt zu ihr. Für Vincent, den gerade aus der Haft entlassenen Sohn von Michelles bester Freundin Marie-Claude, hat Valérie den Bogen damit deutlich überspannt. Ohne Michelles Wissen fährt er nach Paris, um Valérie zur Rede zu stellen. Von da ab nehmen die Ereignisse eine unerwartete Wendung. Mit seinem letzten Film »Mein fabelhaftes Verbrechen« hat der französische Regiestar François Ozon sein Faible für Kriminalstoffe wiederentdeckt. Auch »Wenn der Herbst naht« ist kriminalistisch angelegt. Daneben geht es hier aber auch (wie in »Alles ist gutgegangen«) um die Gebrechen im Alter und die Einschränkungen, die das mit sich bringt. Und um die Schattenseiten einer Vergangenheit, die immer wieder zum Problem in der Gegenwart werden können. Ozon hat seine von Hélène Vincent grandios verkörperte Hauptfigur Michelle sympathisch und liebenswert in vielen Details charakterisiert, so dass man diese von Anfang an ins Herz schließt, woran auch ihre düstere Vergangenheit, die erst später enthüllt wird, nichts ändern wird. Mit seinem 23. Film gelingt Ozon eine sensible Charakterstudie mit originellen Kriminalelementen. FRANK BRENNE

»Wenn der Herbst naht«: ab 21.8., Passage-Kinos, Schauburg

Weitere Filmtermine der Woche

Omen
B/D/F/CAN 2023, R: Baloji, D: Marc Zinga, Lucie Debay, Eliane Umuhire, 90 min

Mit seinem Spielfilmdebüt erforscht der Musiker, Filmemacher und Allroundkünstler Baloji auf eindringliche Weise, wie sehr Aberglauben und Vorurteile das Schicksal seiner vier Hauptfiguren beeinflussen.

Sommerkino vor der Plagwitzer Markthalle, 30.08. 20:45 (Newcomer, OmU)


Shorts Attack: Sundance Shorts 2025

Eine Auswahl der Kurzfilme aus dem Programm des Sundance-Filmfestivals.

Sommerkino vor der Plagwitzer Markthalle, 31.08. 20:45 (alle in OmU)


Blaue Wüste
D 2025, R: Wolf Gaudlitz, D: Sergio Lo Verde, Nicola Beddoe, Jolla Kunjappu, 99 min

Lässt sich Wasser in die Ténéré, die trockenste Wüste der Welt, tragen, um den Beweis des Absurden und der Utopie dem Publikum in Form eines Roadmovies vor Augen zu führen?

Sommerkino vor der Plagwitzer Markthalle, 29.08. 20:45 (Preview mit Regiegespräch)

Detektiv Conan 28 – Der Flashback des Einäugigen
J 2025, R: Katsuya Shigehara, 110 min

Im 28. Kinofilm zur Anime-Serie ermittelt das Duo im Nobeyama Radio Observatory in Nagano.

Regina-Palast, 29.08. 17:00, 31.08. 14:15, 16:30, 02.09. 17:00
Cineplex, 31.08. 17:45
Cinestar, 02.09. 19:50


Das Monstrum
D 2001, R: René Reinhardt und Miriam Pfeiffer

Leipzig-Krimikomödie von René Reinhardt und Miriam Pfeiffer

Völkerschlachtdenkmal, 28.08. 21:00 (Pop-up-Treppenkino)


They shall not grow old 
NZ/GB 2018, Dok, R: Peter Jackson, 99 min

Beeindruckender Dokumentarfilm über den Ersten Weltkrieg, der den Originalaufnahmen neues Leben einhaucht.

Völkerschlachtdenkmal, 04.09. 19:30 (Antikriegsfilme im Völkerschlachtdenkmal, OmU)


Wie ich den Krieg gewann 
GB 1967, R: Richard Lester, D: John Lennon, Kenneth Colley, Roy Kinnear, 109 min

Irgendwo in der afrikanischen Wüste versucht Leutnant Goodbody hinter feindlichen Linien einen heroischen Kampf fürs Vaterland zu führen. Richard Lesters brillante Satire auf Heldentum und Militarismus ist zugleich eine respektlose Demontage sämtlicher Kriegsfilm-Klischees.

Völkerschlachtdenkmal, 05.09. 19:30 (Antikriegsfilme im Völkerschlachtdenkmal, OmU)


Adam in Schweden
S 1966, R: Stig Ossian Ericson, D: Hans Ernback, Christina Schollin, Margaretha Krook, 79 min

Ein fahnenflüchtiger Soldat versucht sich als Sexschriftsteller und ist dabei bestrebt, seine einschlägigen Erfahrungen zu vertiefen.

Luru-Kino in der Spinnerei, 01.09. 21:30 (Double Feature, Luru Archive)


Schwedischer Sommerwind
GB/D 1975, R: Peter Curran, D: Linda Marlowe, Anna Bergman, Nicholas Day, 84 min

Eine Dame der Gesellschaft lebt vornehmlich vom Verkauf gefälschter Bilder alter Meister.
Damit das Geschäft floriert, lädt sie Kunstexperten zu Orgien ein. Einfältiges Produkt der Sexfilmserie.

Luru-Kino in der Spinnerei, 01.09. 20:00 (Double Feature, Luru Archive, ab 18 J.)


Winter adé
DDR 1989, Dok, R: Helke Misselwitz, 116 min

Die Regisseurin verlässt noch einmal ihre Geburtsstadt Zwickau und den Ort ihrer Kindheit, um auf dieser Reise zu erfahren, wie andere gelebt haben, wie sie leben möchten. In der Bahn, am Arbeitsplatz oder zu Hause begegnet sie Frauen und Mädchen verschiedener Generationen, aus unterschiedlichen sozialen Schichten und lernt ihre Lebensgeschichten kennen.

Kinobar Prager Frühling, 02.09. 17:00 (mit Einführung)


Das leere Grab
D/TZ 2024, Dok, R: Cece Mlay, Agnes Lisa Wegner, 97 min

Während der deutschen Kolonialisierung Afrikas wurden in Tansania Zehntausende Schädel und Knochen geplündert und in Museumsdepots aufbewahrt. Der Dokumentarfilm folgt zwei tansanischen Familien in der Gegenwart, die auf der Suche nach ihren gestohlenen Vorfahren nach Deutschland kommen.

Luru-Kino in der Spinnerei, 29.08. 19:00 (mit dem Leipziger Missionswerk, OmU)


Der Hauptmann 
D/F/PL 2017, R: Robert Schwentke, D: Max Hubacher, Milan Peschel, Frederick Lau, 118 min

Krasse Geschichte um einen Fahnenflüchtigen am Ende des Zweiten Weltkriegs, der in die Rolle eines Hauptmanns schlüpft und seine sadistische Ader entdeckt.

Passage-Kinos, 01.09. 20:30 (Antikriegstag)


Der talentierte Mr. Ripley
USA 1999, R: Anthony Minghella, D: Matt Damon, Jude Law, Gwyneth Paltrow, 134 min

Atmosphärische Hochglanz-Adaption des Patricia-Highsmith-Krimis um den Hochstapler Tom Ripley, der alles dafür tut, Zugang zur High Society zu erlangen.

Passage-Kinos, 03.09. 20:30 (Sommer in der Passage, OmU)


Der weiße Hai 
USA 1975, R: Steven Spielberg, D: Roy Scheider, Richard Dreyfuss, Robert Shaw, 124 min

Einer der größten Kassenschlager der 1970er Jahre: die abenteuerliche Geschichte vom Kampf gegen einen Riesenhai im Urlaubsparadies.

Cinestar, 01.09. 19:50 (OF)


Kein Land für Niemand
D 2025, Dok, R: Maximilian Ahrens, Maik Lüdemann, 112 min

Der Film behandelt die Konsequenzen einer restriktiveren europäischen und deutschen Migrations- und Asylpolitik und thematisiert die politische und gesellschaftliche Dynamik zunehmender Abschottung gegenüber Geflüchteten.

Luru-Kino in der Spinnerei, 29.08. 21:30, 30.08. 19:00


Queerfilmfestival

Die ganze Vielfalt queeren Kinos aus aller Welt mit Previews und Filmgespräche, u.a. am 5.9. mit der Regisseurin Lotta Schwenk und ihrem Film »Ninja Motherf*cking Destruction«.

ab 4.9., Kinobar Prager Frühling

Sommerhäuser
D 2017, R: Sonja Maria Kröner, D: Thomas Loibl, Laura Tonke, Ursula Werner, 96 min

Im Jahrhundertsommer 1976 sucht eine Familie über einige Wochen hinweg in dem großen Gemeinschaftsgarten Zuflucht. Während diese Zeit für die Kinder vor allem ein großes Abenteuer ist, brechen für die Erwachsenen lang anhaltende Konflikte aus, die den Familienverbund an die Grenzen der verwandtschaftlichen Toleranz bringen werden.

Zeitgeschichtliches Forum, 01.09. 19:00 (in der Reihe »Alles im grünen Bereich? Freud und Leid im Garten«)


Toxic
LT 2024, R: Saulė Bliuvaitė, D: Vesta Matulyte, Ieva Rupeikaite, Egle Gabrenaite, 99 min

Die 13-jährige Marija, die zeitweise bei ihrer Oma aufwächst, freundet sich an ihrer neuen Schule nach einigen Startschwierigkeiten mit Kristina an. Beide Mädchen versuchen, ihren Platz im Leben zu finden, was nicht ohne Schwierigkeiten verläuft.

Ost-Passage-Theater, 03.09. 20:00 (OmU)


Walk the Line
USA 2005, R: James Mangold, D: Joaquin Phoenix, Reese Witherspoon, Robert Patrick, 136 min

Bewegendes Biopic, oscargekrönt mit Joaquin Phoenix als Johnny Cash und Reese Witherspoon als seine Frau June Carter.

Cinestar, 02.09. 19:30 (Best of Cinema)
Regina-Palast, 02.09. 20:00 (Best of Cinema)
Cineplex, 02.09. 20:00 (Best of Cinema)


Zeit der Zärtlichkeit 
USA 1983, R: James L. Brooks, D: Danny DeVito, Jack Nicholson, Shirley MacLaine, 132 min

Einfühlsam und aus dem Leben gegriffen erzählt Regisseur James L. Brooks die Geschichte einer Mutter-Tochter-Beziehung.

Luru-Kino in der Spinnerei, 04.09. 18:00 (Houston on Film, OmU)


The Last Detail – Das letzte Kommando
USA 1974, R: Robert Towne, D: Jack Nicholson, Randy Quaid, 104 min

»Das letzte Kommando« begleitet einen Kriegsgefangenen, der von zwei Soldaten in eine Haftanstalt eskortiert wird und an einem letzten Wochenende in Freiheit mit viel Bier und Gesprächen Freundschaft und Solidarität kennenlernt. Hal Ashby (»Harold und Maude«) drehte diese wundervolle Tragikomödie als Statement gegen den Krieg zur Hochzeit des »New Hollywood«. In der Hauptrolle glänzen Jack Nicholson, Otis Young und Randy Quaid. Eine zu Unrecht vergessenes Juwel des US-Independentkinos.

Luru-Kino in der Spinnerei, 03.09. 19:00 (kreuzer-Klassiker, OF)


Hridayapoorvam (OmeU)
IND 2025 R: Sathyan Anthikad, 151 min.

Diese warmherzige Familienkomödie spielt in Pune und erzählt von den kleinen, aber bedeutsamen Wegen, wie familiäre Verbindungen über Generationen hinweg gepflegt werden. Es geht um leise Selbstfindungsreisen, die Menschen trotz offensichtlicher Unterschiede näher zusammenbringen.

Cineplex, 29.8., 22:15


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