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Kultur

Bingewatching

Die Kinostarts der Woche

  Bingewatching | Die Kinostarts der Woche  Foto: Piffl Medien

Wie in jedem Herbst trifft sich die Kinobranche in Leipzig und auch das Publikum lockt die Filmkunstmesse wieder mit einer Auswahl der kommenden Kinostarts. Vorfreude auf den Kinoherbst wecken neue Filme von Kelly Reichardt, Lynne Ramsey und Cannes-Gewinner Jafar Panahi. Joachim Triers eindrucksvolles Familienporträt »Sentimental Value« steht ebenfalls in den Startlöchern und Agnieszka Holland hat mit »Franz K.« ein Kafka-Biopic gedreht. Für das Publikum gibt es u.a. Animiertes (»Lesbian Space Princess«), Bewegendes (»Sorda«), Linkes (»Rote Sterne überm Feld«) und einen Klassiker (»Yi Yi«). Eröffnet wird die Filmkunstmesse am Montag mit der schwarzen Komödie »Zweigstelle«.

»25. Filmkunstmesse«: 22.-26.9., Passage-Kinos, Schauburg

Film der Woche: »Miroirs No. 3« wirkt wie ein alter Bekannter. Die Motive und Themen tauchen variierend in beinahe allen von Christian Petzolds Filmen auf: Verlust und das Ausfüllen der Leerstellen, das Leben mit Geheimnissen und die scheinbare Unmöglichkeit harmonischer Beziehungen. Auch hier setzt er auf seine Trademarks und etabliertes Stammpersonal. Der aus Ravels impressionistischem Klavierzyklus entnommene Titel bildet hier den Rahmen, den Petzold nun in Bilder rückübersetzt hat. »Une barque sur l’océan« heißt das Stück weiter, das rettende Boot auf dem Schiffbrüchige Zuflucht finden. Laura und Betty (Paula Beer und Barbara Auer) werden durch das Schicksal zusammengeführt. Die Klavierstudentin Laura ist todunglücklich, beinahe todessehnsüchtig. Und auch über der Familie Bettys liegt ein tiefer Schatten. Auf einer Autofahrt trifft sich ihr Blick zweimal, ungläubig vertraut. Kurz darauf verunglückt das Auto, Lauras Freund stirbt und sie kommt in Bettys Obhut. Die offenkundige Harmonie, die sich zwischen den beiden auftut, sie aufblühen lässt und sich schließlich auch auf das entfremdete Gespann von Vater und Sohn (Matthias Brandt und Enno Trebs) überträgt, überdeckt ein für alle Zuschauer schon früh offensichtliches Geheimnis, um das es Petzold aber auch gar nicht vordergründig geht. Wichtiger ist, was die Begegnung mit den Leben der Einzelnen auf unausgesprochene, beinahe mystische Weise tut. PHILIPP MANTZE

»Miroirs No.3«: ab 18.9., Kinobar Prager Frühlung, Passage-Kinos


»Du bist der Allerletzte!« Was man als Mann bei fatalem Fehlverhalten zu hören bekommen kann, ist für den Weltraum-Nuklearmüllfahrer Andriy Melnyk bittere Real(l)ität: Er ist nämlich tatsächlich der letzte Mensch, und dazu noch im All. Die Erde ist explodiert und der leicht mürrische, aber liebenswerte Astronaut sollte eigentlich radioaktiven Abfall beim Jupitermond Callisto abladen, gerät aber stattdessen in eine wahrlich existenzielle Krise, die so richtig offenbar wird, als er sich als vermeintlicher Piratensender-Moderator selbst interviewt. Ihm zur Seite steht der lakonische Roboter Maxim, der ihn nervt, aber mit einem überschaubaren Gag-Repertoire auch unterstützt.
Die ausweglose Lage erhält plötzlich etwas Sonne, denn – oh lá lá – die französische Meteorologin Catherine ist auch noch da, gleich beim Saturn. Klar, was das neue Ziel ist. So nähern sich die beiden Isolierten über Millionen Kilometer Entfernung und Zeitverzögerung an – bis der Twist gleich mehrfach reinkracht wie ein Meteoritenregen. Regisseur Pawlo Ostrikow fokussiert sich auf das (Zwischen-)Menschliche, auch zwischen Mensch und Maschine, das durch seinen meist einzigen Protagonisten aus Fleisch und Unperfektheit perfekt umgesetzt wird. Ein Film, der in den unendlichen Weiten viele kleine leuchtende Momente schafft – und am Ende auch einen ganz großen. MARKUS GÄRTNER

»U are the Universe«: ab 18.9., Cinémathèque, Luru-Kino in der Spinnerei


Charlotte, Königin von Preußen sehnt sich nach einem Porträt ihres ehemaligen Lehrers Gottfried Wilhelm Leibniz. Dieser möchte ihrer Bitte gern nachkommen, doch stellt sich schnell heraus, dass stundenlanges Stillstehen zu eintönig für den Leipziger Universalgelehrten ist. Anstatt während der Porträtsitzung andächtig den dargebotenen Flötentönen zu lauschen, entfacht Leibniz eine leidenschaftliche Debatte über Kunst und Abbilder. In Grund und Boden philosophiert, zieht der Maler Delalandre schon bald frustriert davon. Als Ersatzmalerin wird Aaltje Van De Meer engagiert, die sich zunächst als Mann ausgibt, um das Vertrauen des Denkers zu gewinnen. Eine unnötige Vorsichtsmaßnahme, genießt Leibniz doch den intellektuellen Austausch mit der jungen Künstlerin. In seinem neuen Film ergießt der inzwischen 92-jährige Regisseur Edgar Reitz (in Co-Regie mit Anatol Schuster) eine wahre Flut an Theorien und Gedanken über die Zuschauer, die Edgar Selge als Leibniz beeindruckend nuanciert vorträgt. Während die Kulisse aufs Wesentliche reduziert ist, hat jedes Wort Tiefgang. Sobald man sich auf diese Dialoglastigkeit einlässt, entfaltet der Film einen eigenwilligen Sog, der unweigerlich zum Nachdenken anregt. Nur das zentrale Motiv des verehrten männlichen Genies, dem Frauen vor allem als Stichwortgeberinnen dienen, wirkt am Ende dann doch spürbar überholt. HANNE BIERMANN

»Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes«: ab 18.9., Passage-Kinos, Schauburg


Weitere Filmtermine der Woche

Hausnummer Null
D 2024, R: Lilith Kugler, 95 min

Chris lebt am Rand der Gesellschaft. Doch Nachbarschaft und Engagement geben ihm Halt und öffnen Türen zu einem Zuhause. Ein berührender Blick auf Solidarität, Zusammenhalt und die Frage: Wer gehört dazu?

Neustädter Markt, 18.09. 20:00 (Polyloid-Filmfest)


Nebenan
D 2021, R: Daniel Brühl, D: Daniel Brühl, Peter Kurth, Rike Eckermann, 92 min

Eine bissige Erzählung darüber, wie nah Nähe sein kann – und wie gefährlich. Unter der Regie von Daniel Brühl.

Neustädter Markt, 19.09. 20:00 (Polyloid-Filmfest)


Der Wein und der Wind 
F 2017, R: Cédric Klapisch, D: Pio Marmaï, François Civil, Ana Girardot, 109 min

Einfühlsam erzähltes Familiendrama vor dem Hintergrund der wunderschönen Landschaft Burgunds.

Cineplex, 18.09. 19:00 (Kino et Vino)


Die zärtliche Revolution
D, Dok, R: Annelie Boros, 93 min

Der Dokumentarfilm versucht, für den Beruf des Pflegers eine Lanze zu brechen und auf bestehende Probleme aufmerksam zu machen.

Schaubühne Lindenfels, 19.09. 19:00


Eternal You – Vom Ende der Endlichkeit 
D/USA 2024, Dok, R: Hans Block, Moritz Riesewieck, 87 min

Doku über Künstliche Intelligenzen, die Verstorbene für deren Hinterbliebene simulieren.

Cinémathèque, 18.09. 19:30 (OmU)


The Dark-Night-Triple 
USA 2005−12, R: Christopher Nolan, D: Christian Bale, Gary Oldman, Tom Hardy, 454 min

Christopher Nolans kongeniale Trilogie um den maskierten Rächer am Stück: Fast acht Stunden dunkle Comic-Unterhaltung.

Cineplex, 20.09. 12:00


Gegenkino Festival
(UDSSR 1969), sowie Kurzfilme des Colectivo Los Ingrávidos aus Tehuacán, Mexiko.

Die elfte Gegenkino Ausgabe spricht dafür, dass das Festival seinen unkonventionellen Weg weiter geht: Über elf Tage gibt es die Gelegenheit mit internationalen Gästen 30 Lang- und 50 Kurzfilme zu schauen. Mit dabei sind unter anderen feministische Gegengeschichten, eine Livevertonung von »Die Farbe des Granatapfels« 

UT Connewitz, Luru Kino, Schaubühne Lindenfels, Milieukino, Ost-Passage Theater, bis 21.9.


Das tiefste Blau 
BRA/MEX/NL/CHI 2025, R: Gabriel Mascaro, D: Denise Weinberg, Rodrigo Santoro, Miriam Socarrás, 85 min

Als die 77-jährige Tereza in ein Seniorencamp abgeschoben werden soll, begibt sie sich auf eine wundervolle Odyssee, die sie zu ungewöhnlichen Begegnungen entlang des Amazonas treibt.

Passage-Kinos, 21.09. 20:45 (Arthouse-Preview, OmU)


Eva modern – Spiele zu dritt
S 1967, R: Jonas Cornell, D: Sven-Bertil Taube, Agneta Ekmanner, Håkan Serner, 94 min

Ein Fabrikbesitzer und seine Frau starten eine Dreiecksbeziehung mit einem Schriftsteller.

Luru-Kino in der Spinnerei, 22.09. 20:00 (Double Feature, Luru Archive, ab 18 J.)


She & Two – Heiße Spiele zu dritt
GR 1973, R: Omiros Efstratiadis, D: Maria Vassiliou, Hristos Nomikos, Anton Theodorelos, 86 min

Zwei Kleinkriminelle verlieben sich in dieselbe Frau, doch als ihr Anführer aus dem Knast kommt, hat er eigene Pläne mit den dreien.

Luru-Kino in der Spinnerei, 22.09. 21:30 (Double Feature, Luru Archive, ab 18 J.)


Mond
A 2024, R: Kurdwin Ayub, D: Florentina Holzinger, Andria Tayeh, Celina Sarhan, 92 min

Die Ex-Kampfsportlerin Sarah soll in Jordanien drei Schwestern trainieren. Die jungen Frauen scheinen sich jedoch gar nicht für sie und den Sport zu interessieren und immer mehr Dinge erwecken Sarahs Misstrauen.

Ost-Passage-Theater, 24.09. 20:00 (OmU)


Exit Pangea − AI Evolution
D 2025, R: Tibor Baumann, D: Anna Rebecca Sehls, Lion-Russell Baumann, Annabelle Mandeng

Die geniale und bedingungslose Wissenschaftlerin Pouya setzt mit ihrem Freund Joro alles daran, die perfekte Simulation − eine neue Welt ­ zu erschaffen

Luru-Kino in der Spinnerei, 24.09. 19:00 (in Anwesenheit des Regisseurs)


Shorts Attack: Sundance Shorts 2025

Eine Auswahl der Kurzfilme aus dem Programm des Sundance-Filmfestivals.

Kinobar Prager Frühling, 24.09. 19:45 (OmU)


Abortion Dream Team
D 2025, Dok, R: Karolina Lucyna Domagalska, 82 min

Der Dokumentarfilm begleitet die unermüdliche Arbeit von Natalia, Karolina, Justyna und Kinga – einer Aktivistinnengruppe, die gegen die Gesetzgebung Polens zu reproduktiven Rechten vorgeht, über Schwangerschaftsabbrüche und Frauenrechte aufklärt und sichere Abbrüche ermöglicht.

Cinémathèque, 26.09. 19:30 (mit Regiegespräch, OmeU, Safe Abortion Day)


Cranko
D 2024, R: Joachim Lang, D: Sam Riley, Max Schimmelpfennig, Hanns Zischler, 128 min

1960 kommt der gebeutelte Choreograf John Cranko ans Stuttgarter Ballett, um dort wieder Schwung in die Kompanie zu bringen. Jedoch ist er den Weg aus London nicht ganz freiwillig angetreten. Denn dort, in Großbritannien, wurde das Leben als Homosexueller für ihn immer unerträglicher.

Schaubühne Lindenfels, 25.09. 19:00 (Tanztheaterwochen)


Urban Cowboy
USA 1980, R: James Bridges, D: John Travolta, Debra Winger, Scott Glenn, 135 min

Der junge Hilfsarbeiter Bud Davis zieht aus der ländlichen Kleinstadt Spur in Texas nach Pasadena und findet Arbeit bei einer Raffinerie im Osten der Ölmetropole Houston. Seine Abende verbringt er in dem riesigen Saloon »Gilley’s Club«.

Luru-Kino in der Spinnerei, 25.09. 18:00 (Houston on Film, OmU)


Still Life
CHN 2006, R: Jia Zhangke, D: Hong Wei Wang, Tao Zhao, Sanming Han, 108 min

Ein Bergmann und eine Krankenschwester suchen am Drei-Schluchten-Staudamm des Flusses Jangtse ­− das weltweit größte Projekt dieser Art, dem etwa eine Million Menschen weichen mussten ­− nach ihren Ehepartnern. Metaphorisches Drama, das Gesellschaftskritik und Poesie nahezu schwerelos verknüpft.

Konfuzius-Institut Leipzig, 23.09. 18:00 (mit Film-und Architekturgespräch mit Regisseuren,Reihe »Architektur im Film – Leipzig«)


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