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Kultur

Prost! Tata!

Die Connewitzer Punkband S.U.F.F. feiert ihren 30. – live und in Buchform

  Prost! Tata! | Die Connewitzer Punkband S.U.F.F. feiert ihren 30. – live und in Buchform  Foto: S.U.F.F.


»Gut! Wir machen nur übelstes Geknüppel und nur eine Platte und dann lösen wir uns gleich wieder auf!« Dreißig Jahre später gibt es S.U.F.F. noch immer und die Connewitzer Chaos-Kappelle feiert das Jubiläum in dieser Woche mit einem Auftritt. Drei Dekaden Geknüppel, aber auch Elektro-Schlager, M-Noise und mehr wollen begossen werden.

Weil das nicht genug ist, hat Bandmitglied Abo Alsleben just diese eskapadenreiche Zeit in einem Buch nacherzählt. Zu erfahren ist, wie die Bandgründung in einen misslungenen Pragtrip fiel. Wie S.U.F.F. gleich zwei Guinessbuch-Rekorde errang, wird ausführlich und sehr lustig geschildert. Alsleben hält sich nicht zurück, den offensichtlichen Spaß am Anarchischen wiederzugeben und über die Seiten hinweg noch einmal für sich nachzuerleben. Natürlich ist das subjektiv, um es untertreibend zu benennen. Strebt das Universum nach mehr Ordnung, so engagieren sich S.U.F.F. stets für das Gegenteil. Und zwischendurch fallen so herrlich lakonische Sätze wie dieser: »Wir gingen kurzerhand wieder ins Studio und nahmen unsere CD ›Tierheim‹ auf, deren Erlös zur Hälfte ans Leipziger Tierheim floss.«

Das liest sich nett weg, statt Bindestrichen (-) wäre der korrekte Einsatz vom Halbgeviertstrich (–) als Gedankenstriche ratsam gewesen. Aber das sagt nur das Korrektorauge. Doch ist das Buch nicht nur ein Rausch, sondern auch ernste Töne klingen an. Straßenterror und Morde durch Nazis, Gentrifizierung und systemische Zwänge sind ebenfalls Thema. Man schaut tief hinein in die Lebensstimmung der Neunziger, die von einem Trotz-Alledem bestimmt war.

Gerade der Bericht aus den frühen Jahren ist interessant. Hier ist von einem anderen Leipzig zu erfahren, als in den unzähligen Erzählungen derjenigen, die in den 2000ern nach Leipzig-Plagwitz kamen und von einer Boom-Town schwärmen. Aus dem Buch spricht der Leipziger Süden, der damals als einziger alternativer Möglichkeitsraum vorhanden war. Man trifft Leute von Think About Mutation und den Roten Stern, kehrt noch einmal im Friends ein und freut sich, dass es wenigstens Frau Krause noch gibt, und das Conne Island und das Zoro (Atelierhaus!) noch existieren. Und dass die Faschos immer wieder die Beine in die Hand nehmen mussten.

Und auch der, der damals schon dabei war, erfährt Neues und wenn es nur Details sind. Jüngere können mit dem Buch den Geist von damals etwas atmen oder eben erfahren, wie es einst war. Die beigefügten Interviews mit einigen Band-Protagonisten intensivieren das. Ein rasanter Rutsch durch die Karli-Kieze, der großen Spaß macht. Und auch vermittelt, dass Spaß nicht an sich politisch ist, aber politisch sein kann. Übrigens: Das Buch kostet 13,12 Euro.


> Abo Alsleben: »30 Jahre S.U.F.F. Mit der Spaßgesellschaft durch Ostdeutschland«. Leipzig: DIY 04277 Books 2025. S., 379 S., 13,12 €. Erhältlich im el Libro, bei Coretex, Steeltown Records, SM Musik u.Black Mosquito

> S.U.F.F. live, 2.10., 19 Uhr, Frau Krause Freisitz


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