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Kultur

Die Wurzeln der Gewalt

Die Kinostarts der Woche

  Die Wurzeln der Gewalt | Die Kinostarts der Woche  Foto: Filmstill »Im Schatten des Orangenbaums«/X Verleih


Der kreuzer-Klassiker im November bringt eine der schönsten Liebesgeschichten zurück auf die Leinwand zum 25. Geburtstag: Wong Kar-Wais Meisterwerk »In the Mood for Love« erzählt von einer schicksalhaften Begegnung im Hongkong der sechziger Jahre, meisterhaft gefilmt von Chistopher Doyle.

»kreuzer-Klassiker: In the Mood for Love«:27.11. 19, Luru-Kino in der Spinnere (OmU)


Film der Woche:1988 im Westjordanland: Der junge Noor demonstriert gegen die israelischen Besatzer und wird dabei schwer verletzt. Hilflos beginnt seine Mutter die Geschichte ihrer Familie zu erzählen. Diese beginnt im Jahr 1948. Noors Großvater Sharif weigert sich, Jaffa zu verlassen, um Haus und Orangenhain zu schützen. Krieg, Vertreibung und Gefangenschaft reißen die Familie auseinander. Sharifs Sohn Salim wächst im Schatten seines Heimatlandes auf, das er nie wirklich kannte.
Regisseurin Cherien Dabis (»Willkommen in Amerika«) erzählt über ein halbes Jahrhundert hinweg eindrucksvoll und bewegend vom Schicksal der palästinensischen Bevölkerung, das von Krieg und Vertreibung geprägt ist, und den Wurzeln der daraus resultierenden Gewalt. In der aktuellen Debatte um die Rolle Israels ist ihr Film, ebenso wie der oscarprämierte Dokumentarfilm »No Other Land« oder »Die Stimme von Hind Rajab« (Start: 22.1.), ein wichtiger Beitrag, berichtet er doch unmittelbar vom Leid der Menschen im Gaza-Streifen.

»Im Schatten des Orangenbaums«: ab 20.11., Passage-Kinos, Schauburg, Regina-Palast



Kann man ein Buch vor Gericht stellen? Die iranische Professorin Azar Nafisi probiert es mit ihren Studierenden aus. Der Angeklagte? Niemand anderes als »Der große Gatsby« von F. Scott Fitzgerald. In der inszenierten Verhandlung wird schnell deutlich, dass sich die westliche Sicht des Romans nicht mit den Überzeugungen der Islamischen Revolution vereinbaren lässt, die Ende der 70er Jahre im Iran voranschreitet. Azar Nafisi, gerade erst von ihrem Studium in den USA zurückgekehrt, sieht sich als Frau in ihrer Lehrtätigkeit zunehmend eingeschränkt. Schließlich muss sie sie ganz aufgeben, solange sie sich weigert, in der Universität den Hijab zu tragen. Doch ihre Begeisterung für Literatur lässt sich nicht unterdrücken, und so gründet sie einen geheimen Lesekreis für ihre Studentinnen. Gemeinsam reden sie über Jane Austen und Vladimir Nabokov, ziehen Parallelen zu ihrem eigenen Leben und bekommen neue Perspektiven aufgezeigt. In einem System voller Restriktionen gerät das Bücherlesen für die jungen Frauen zum rebellischen Akt. Azar Nafisis gleichnamiger, autobiografischer Roman dient als Vorlage für den Film, und gibt einen seltenen Einblick in die Lebensrealität iranischer Frauen. Durch die Women, Life, Freedom-Bewegung 2022 rückte diese kurzzeitig wieder in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Filme wie »Lolita lesen in Teheran« helfen, dass sie nicht in Vergessenheit geraten. HANNE BIERMANN

»Lolita lesen in Teheran«: ab 20.11., Passage-Kinos, Schauburg, Regina-Palast


Mit den okkulten Meisterwerken »Hereditary« und »Midsommar« hat sich Ari Aster einen Namen als herausragender Horrorregisseur gemacht. Der Erfolg ebnete ihm den Weg, nun seine ganz eigene Art von Filmen zu realisieren. Schon in seinem letzten Werk »Beau is afraid« schickte er Joaquin Phoenix auf eine außergewöhnliche Psycho-Achterbahn. Auch in »Eddington« dringt er tief in die verstörende Gedankenwelt seiner Figuren ein und liefert damit einen ätzenden Kommentar zur amerikanischen Gegenwart. Die Handlung spielt an einem ganz bestimmten Zeitpunkt, dem Mai 2020, als die Corona-Pandemie die Welt heimsuchte und alles, was sicher geglaubt war, in Frage stellte. Alternative Fakten und Verschwörungstheorien haben seitdem Hochkonjunktur und auch Luise (Emma Stone), die Frau des Sheriffs der Kleinstadt Eddington, verliert sich zunehmend im Kaninchenbau und verfällt dem charismatischen Scharlatan Vernon Jefferson Peak (Austin Butler). Ihr Mann Joe (Joaquin Phoenix) setzt sich derweil über die staatlich verordneten Sicherheitsmaßnahmen hinweg und legt sich mit dem örtlichen Bürgermeister Ted Garcia (Pedro Pascal) an. Ein ungleiches Duell, dass er nicht gewinnen kann. Die Mittel, zu denen Joe greift, um seinen Willen durchzusetzen, werden immer drastischer, ebenso wie die Handlung im letzten Akt dieses absurden, zweieinhalbstündigen Ritts zunehmend eskaliert. Bis hin zu einem verstörenden Finale, das dann doch wieder den Kreis zum Horror schließt, auch wenn es hier der ganz reale ist. Auch wenn »Eddington« ein wenig überlang geraten ist und die Fülle an verhandelten Themen den Film vor allem in der ersten Hälfte überladen, bleibt im Kern eine weitere fulminante Darstellung von Joaquin Phoenix auf einem irren Trip in die menschlichen Abgründe.

»Eddington«: ab 20.11., Passage-Kinos, Schauburg, Regina-Palast


Weitere Filmtermine der Woche

Französische Filmtage

Die ganze Bandbreite des frankophonen Films in den Passage-Kinos und der Schaubühne Lindenfels, dieses Jahr u. a. mit einer Retrospektive zu Tahar Rahim und einem Rückblick auf die Publikumshighlights des Festivals. Das komplette Programm gibt es auf www.franzoesische-filmtage.de.

Passage-Kinos, Schaubühne Lindenfels, bis 26.11.

Eine flexible Frau 
D 2010, R: Tatjana Turanskyj, D: Laura Tonke, Katharina Bellena, Franziska Dick, 97 min

Engagiertes Debüt der Regisseurin Tatjana Turanskyj, das die Widersprüchlichkeiten und Probleme der postmodernen Arbeitswelt (und hierbei insbesondere die der Frauen) bemerkenswert präzise verhandelt.

Kammerbüro Leipzig, 25.11. 18:00 (mit Film-und Architekturgespräch mit Regisseuren,Reihe »Architektur im Film – Leipzig«)

Empire of Light 
GB/USA 2022, R: Sam Mendes, D: Olivia Colman, Micheal Ward, Tom Brooke, 119 min

Südengland in den 1980er Jahren: Die liebenswerte, an Schizophrenie erkrankte Hilary kümmert sich aufopferungsvoll um das »Empire Cinema«. Sam Mendes’ Hommage an die Faszination des Kinos.

Cinémathèque, 20.11. 19:30 (mit Gespräch, OmU, Real existierender Utopismus)


Fuhrmann des Todes

Das packende, hochemotionale Sozialdrama mit seinen magischen Filmeffekten wurde 2012 zum »besten schwedischen Film aller Zeiten« gekürt.

Grieg-Begegnungsstätte, 21.11. 19:30 (musikalisch begleitet von Lutz Eitel an E-Gitarre und Electronics und Anja Kleinmichel am Klavier)


Feinkošt – Tschechisch-deutsches Kurzfilmprogramm

Sechs deutsche und tschechische Kurzfilme in 83 Minuten

UT Connewitz, 21.11. 20:00

Picknick am Zonenrand

Filme der DDR-Underground-Filmgruppe FESA (feige sau) und der Band Freunde der italienischen Oper von 1985 - 2025. Durch den Abend führt Ray van Zeschau.

Luru-Kino in der Spinnerei, 21.11. 19:00

Harry Potter und der Orden des Phoenix
USA/GB 2007, R: David Yates, D: Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint, 140 min

Adaption des fünften Bandes der Harry Potter-Reihe.

Cinestar, 25.11. 17:00, 19:45 (OV)

Shorts Attack: Tapetenwechsel

Frischer Wind in Stadt und Land in sieben Filmen in 85 Minuten.

UT Connewitz, 22.11. 20:00

Das Geheimnis von Velázquez 
F 2025, Dok, R: Stéphane Sorlat, 91 min

Doku über den spanischen Hofmaler Diego Velázquez und sein Werk.

Schauburg, 22.11. 14:00 (OmU), 23.11. 14:00 (OmU)

O du Friedliche
E 2021, R: Juan Manuel Cotelo, D: Carlos Aguillo, Teresa Ferrer, Mamen García, 103 min

Als die Kinder herausfinden, dass sich ihre Eltern direkt nach dem Fest trennen wollen, entscheiden sie sich, die beiden so lange einzusperren, bis sie sich wieder vertragen.

Cineplex, 22.11. 13:00, 23.11. 14:00

Wicked 1+2
USA 2024/2025, R: Jon M. Chu, D: Cynthia Erivo, Ariana Grande, Jonathan Bailey, 300 min

Die komplette Musical-Adaption über die Hexen von Oz am Stück.

Cineplex, 23.11. 11:00
Regina-Palast, 23.11. 12:30

Strahlende Zukünfte. Videocity X Digital Salon Leipzig

Internationalen Kurzfilme, die spekulative Visionen eines posthumanen Zeitalters entwerfen.

Schaubühne Lindenfels, 28.11. 18:15


Trains
PL/LT 2024, Dok, R: Maciej J. Drygas, 81 min

Festlich gekleidete Menschen genießen eine Zugreise. Dann werden Soldaten an die Front befördert, es folgen Kriegsgefangene, Verletzte. Die Zeiten ändern sich, das Muster wiederholt sich.

Cineding, 20.-22.11. 21:00


Toxic Harvest – Die verborgene Wahrheit über Pestizide
D/ZA 2025, Dok, R: Andréa Gema

Dokumentarfilm über die verheerenden Folgen hochgefährlicher Pestizide in Südafrika.

Kinobar Prager Frühling, 25.11. 18:00 (mit Podiumsdiskussion)


À la Carte – Freiheit geht durch den Magen
F 2021, R: Eric Besnard, D: Grégory Gadebois, Isabelle Carré, Benjamin Lavernhe, 113 min

Die Geschichte des talentierten Kochs Manceron und der Eröffnung des ersten Restaurants in Frankreich.

Cineplex, 27.11. 19:00 (Kino et Vino)


Contagion
USA 2011, R: Steven Soderbergh, D: Matt Damon, Jude Law, Kate Winslet, 102 min

Starbesetzter, beeindruckend realistisch inszenierter Thriller von Steven Soderbergh um eine tödliche Pandemie, die weltweit für Panik sorgt – vor allem, da weder Auslöser noch Gegenmittel gefunden werden.

Zeitgeschichtliches Forum, 25.11. 19:00 (Wissenschaftskino)

Sehnsucht in Sangerhausen
D 2025, R: Julian Radlmaier, D: Clara Schwinning, Henriette Confurius, Maral Keshavarz, 90 min

Ursula, eine Kellnerin aus dem Osten Deutschlands, und Neda, eine iranische Youtuberin, teilen das Gefühl, in ihrem Leben festzustecken. Beide sind einsam und auf der Suche nach etwas, das fehlt.

Passage-Kinos, 28.11. 18:30 (Premiere mit Regisseur)

Kino aller Orten Kurzfilmprogramm

Kurzfilmprogramm zur Reihe »Real Existierender Utopismus« über den Ort Kino.

Cinémathèque, 26.11. 19:30 (mit Gästen)#

Scream – Schrei
USA 1996, R: Wes Craven, D: Courteney Cox, Neve Campbell, David Arquette, 107 min

Ironischer und anspielungsreicher Teenie-Slasher-Film, mit dem Horror-Veteran Wes Craven eine Renaissance des Genres einleitete.

Cinémathèque, 28.11. 19:30 (mit Gespräch, OmU, Real existierender Utopismus)

Luru Archive: Die nackte Bombe / Der ausgeflippte Professor tipp
USA 1980 / 1981, R: Clive Donner / Andrew Bergman, D: Don Adams, Sylvia Kristel, Rhonda Fleming / Ryan O'Neal, Jack Warden, Mariangela Melato, 185 min

Zwei ziemlich schräge Komödien: In Film 1 dürfen wir den kultigen TV-Agenten Maxwell Smart bei seinem ersten Kinoeinsatz erleben und in Film 2 erfindet ein junger Literaturprofessor eine neuartige Jeans.

Luru-Kino in der Spinnerei, 24.11. 20:00 (OV)


In the Mood for Love
HK 2000, R: Wong Kar-Wai, D: Tony Leung, Maggie Cheung, Rebecca Pan, 98 min

Wong Kar-Wais große Liebesgeschichte im Hongkong der sechziger Jahre, meisterhaft gefilmt von Chistopher Doyle.

Luru-Kino in der Spinnerei, 27.11. 19:00 (kreuzer-Klassiker mit Einführung von Lars Tunçay, OmU)


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