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Kultur

Das Beste zum Schluss

Die Kinostarts der Woche

  Das Beste zum Schluss | Die Kinostarts der Woche  Foto: Filmstill

Traditionell blicken die Leipziger Programmkinos zum Jahreswechsel zurück auf die Highlights des Jahres. Die Kinobar Prager Frühling hat eine Mischung zusammengestellt, die zwischen persönlichen Vorlieben, Publikumserfolgen und aktuell gestarteten Hoffnungsträgern chargiert. So gibt es Paul Thomas Andersons Meisterstück »One Battle After Another« neben Fatih Akins enorm erfolgreicher Adaption »Amrum«, dem Katzen-Animationshit »Flow« und natürlich der deutschen Oscarhoffnung »In die Sonne schauen« (noch einmal) zu sehen. Die Programmgruppe des Cineding hat ebenfalls »Flow« unter ihre Lieblinge gewählt. Daneben gibt es im Januar nochmal den ukrainischen Science Fiction-Geheimtipp »U Are The Universe« und Gerd Kroskes Dokumentarfilm »Stolz und Eigensinn« zu sehen.

Film der Woche: Das Schlüsselereignis, um das sich Eva Victors »Sorry, Baby« in mehreren Zeitebenen wie um einen Gravitationspunkt dreht, bleibt uns erspart. Stattdessen sehen wir die Spuren, die Folgen, die Kämpfe, aber auch: Mitgefühl, Freundschaft, Liebe und viel Witz. Protagonistin Agnes, gespielt von Eva Victor selbst, arbeitet am Literaturinstitut einer amerikanischen Kleinstadtuni. Und sie ist sehr begabt, was nicht zuletzt ihrem Professor, Mentor und irgendwie auch Vorbild aufgefallen ist. Agnes folgt seiner Einladung, ihre Dissertation in seinem Haus zu besprechen. Wir sehen sie aus einiger Entfernung das Haus betreten, wir können nicht hineinsehen, aber schon diese gänzlich unexploitative Entscheidung Victors erzählt genug. Es gibt einen Sprung, plötzlich ist es finster und Agnes verlässt überstürzt das Haus, ihr Professor statisch im Hintergrund. In fünf Episoden erzählt »Sorry, Baby« von davor und danach. Eva Victor beweist in ihrem Umgang mit diesem traumatischen Stoff einen kühlen Kopf. Denn bei aller Tragik belebt sie Agnes mit solch einer komischen, liebenswürdigen Aura, wie man sie so zuletzt vielleicht bei »Frances Ha« gesehen hat. Die Wärme ihrer besten Freundin Lydie, einfühlsame Zufallsbegegnungen und ihr trotzender Weg zur Literaturprofessorin ins Büro ihres einstigen Mentors, der längst das Weite gesucht hat, stabilisieren den Film und Agnes, ohne etwas von ihrem Schmerz zu bagatellisieren. Ein neuer Stern im US-Indiekino. PHILIPP MANTZE

»Sorry, Baby«: ab 18.12., Passage-Kinos, Luru-Kino in der Spinnerei


Vor 25 Jahren schuf Edward Yang eine zeitlose Chronik einer Familie in Taipeh. International als Meisterwerk gefeiert und mit dem Regiepreis in Cannes geehrt, wurde „Yi Yi“ zum letzten Film vor Yangs Tod 2007. Heute zählt er unter Kritiker*innen zu den besten Filmen des Jahrzehnts. Bei uns wurde er bei seinem Erscheinen wenig beachtet. Nun gibt es die Gelegenheit, ihn wiederzuentdecken. Aufrichtig und wahrhaftig erzählt Eward Yang seinen fast dreistündigen Film, der mit einer Hochzeit beginnt und mit einer Beerdigung endet. Dazwischen liegen die Höhen und die Tiefen des Lebens einer mittelständischen Familie, Reflexionen über den modernen Kapitalismus, Freundschaften, Liebe und vertane Chancen. Schwere Themen, die von Yang behutsam und leicht verhandelt werden, immer wieder aufgelockert durch die kindliche Perspektive des Jungen, der zu den wohl hinreißendsten Kinderfiguren der Filmgeschichte zählt. Wei-Han Yang setzt all das in wundervolle Bilder, die mit Perspektiven spielen und sich ins Gedächtnis einbrennen. Ebenso wie Edward Yangs Figuren auch nach einem Vierteljahrhundert weiterleben.

»Yi Yi – A One and a Two«: ab 18.12., Passage-Kinos


Während uns Gaspar Noé relativ regelmäßig mit schockierenden (»Irreversibel«) und berührenden (»Vortex«) Meisterwerken beglückt, waren die einzigartigen Filme seiner Frau Lucile Hadzihalilovic (»Innocence«) bislang bei uns kaum im Kino zu sehen. »Herz aus Eis« feierte nun seine Premiere im Wettbewerb der Berlinale und kommt im Nachgang auch in unsere Lichtspielhäuser. Eng angelehnt an Hans Christian Andersens Märchen »Die Schneekönigin« erzählt der Film von der jungen Jeanne (Clara Pacini), die aus einem Kinderheim in den 1970er Jahren in die Stadt flieht. Sie findet Zuflucht in einem alten Theater und beobachtet heimlich hinter den Kulissen die Dreharbeiten einer Adaption der »Schneekönigin«. Fasziniert von der Aura der Hauptdarstellerin Christina (Marion Cotillard) gerät sie in ein Spiel aus Macht und Eifersucht. Stark gespielt von den beiden Hauptaktricen und berauschend inszeniert in traumgleichen Bildern, bleibt die Handlung stets auf Distanz zum Zuschauer, so dass der Film einen nie ganz einnimmt. Bilder und Atmosphäre wirken aber noch lange nach.

»Herz aus Eis«: ab 18.12., Passage-Kinos, Schaubühne Lindenfels


Weitere Filmtermine der Woche

Perspektive Ost − Utopien mit Leben füllen
D 2024, Dok, 30 min

Der Kurzdokumentarfilm zeigt solidarische Perspektiven für Ostdeutschland.

Cinémathèque, 21.12. 16:30 (mit Gespräch)


Arthur Weihnachtsmann
USA/GB 2011, R: Sarah Smith, Barry Cook, 98 min

Arthur, der Sohn des Weihnachtsmanns, muss seinen Bruder Steve davon abhalten, Weihnachten zum reinen Kommerzfest verkommen zu lassen.

CT-Lichtspiele Taucha, 24.12. 10:00 (mit Besuch des Weihnachtsmanns vor dem Film)


The Holdovers
USA 2023, R: Alexander Payne, D: Paul Giamatti, Da’Vine Joy Randolph, Dominic Sessa, 133 min

Der zynische Professor Paul und sein Schüler Angus verbringen notgedrungen die Weihnachtstage in einem Eliteinternat. Einfühlsames Charakterdrama, wundervoll erzählt von Alexander Payne (»Sideways«).

Passage-Kinos, 21.12. 18:30 (OmU, Weihnachten in der Passage)


Three Ages
USA 1923, R: Buster Keaton, Edward F. Cline, D: Buster Keaton, Margaret Leahy, Wallace Beery, 63 min

Liebe in der Steinzeit, im antiken Rom und im »modernen Zeitalter« der 1920er Jahre: In allen drei Epochen muss Buster Keaton um die Beziehung zu seiner schönen Geliebten kämpfen.

UT Connewitz, 25.12. 19:00 (Stummfilm live vertont zum 113. UT Geburtstag)


DOK Day: Animations- und Dokumentarfilme

Schaubühne Lindenfels, 19.12. 18:00


DOK Day: Animationsfilme für junges Publikum (4+)

Polnisches Institut, 21.12. 15:00


Kurzfilmtag 

Ein Kurzfilmabend mit unicato – Das Kurzfilmmagazin und Filmgesprächen.

Schaubühne Lindenfels, 21.12. 19:30 (Eintritt frei)


Zwei Staatsanwälte
F/D/NL/RUM/LIT/LET 2025, R: Sergei Loznitsa, D: Aleksandr Kuznetsov, Aleksandr Filippenko, Anatoliy Belyy, 118 min

Während der stalinistischen Säuberungen wird 1937 ein russischer Staatsanwalt auf den Fall eines zu Unrecht inhaftierten Mannes aufmerksam und beginnt einen ausweglos erscheinenden Kampf gegen das System.

Passage-Kinos, 22.12. 20:15 (OmU, Premiere mit dem Regisseur)


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