Wie würde wohl eine Laborratte einer anderen Ratte das Verhalten ihres Versuchsleiters erklären? Vermutlich so: »Ich habe diesen Mann so trainiert, dass er mir jedes Mal Futter gibt, wenn ich diesen Hebel drücke. Der Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick liebte Geschichten wie diese, weil sie für ihn die Frage aufwarfen, nach der er auch ein Buch benannte: »Wie wirklich ist die Wirklichkeit?«
Wie würde wohl eine Laborratte einer anderen Ratte das Verhalten ihres Versuchsleiters erklären? Vermutlich so: »Ich habe diesen Mann so trainiert, dass er mir jedes Mal Futter gibt, wenn ich diesen Hebel drücke. Der Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick liebte Geschichten wie diese, weil sie für ihn die Frage aufwarfen, nach der er auch ein Buch benannte: »Wie wirklich ist die Wirklichkeit?« Für den im März verstorbenen Konstruktivisten waren wir selbst die Erschaffer unserer Wirklichkeit. Erst durch Kommunikation werde sie manifestiert. Daher könne auch niemand Anspruch auf eine letztgültige Wahrheit erheben.
Der Regisseur David Lynch betreibt nun die konsequente Filmwerdung des radikalen Konstruktivismus. Wie kein Zweiter verkörpert er das postmoderne Kino, das das Ende bestehender Wirklichkeiten zelebriert.

Kurz darauf wird Nikki für eine Hauptrolle engagiert. Doch bei den Proben erfahren Nikki, ihr Filmpartner und der Regisseur (Jeremy Irons), dass das Projekt vor einigen Jahren schon einmal realisiert werden sollte, aber beide Hauptdarsteller kurz vor Beendigung der Dreharbeiten zu Tode kamen. Nikkis Verwirrung steigert sich ins Extrem, so dass sie nicht mehr zwischen ihrer Rolle und ihrem Leben unterscheiden kann und der Zuschauer mit ihr in immer entferntere Wirklichkeitsebenen entgleitet.

»Inland Empire« ist die faszinierende und zugleich kaum mehr erträgliche Zuspitzung dessen. Denn die Freiheit des Digital Video, deren sich Lynch zum ersten Mal bediente, ließ ihn ein dreistündiges Mammutwerk schaffen, dem man kaum noch folgen kann und das er in den USA deshalb ohne Verleih in die Kinos bringen musste. Von massenkompatiblen Formaten wie »Twin Peaks« hat sich Lynch endgültig verabschiedet.
Sogar der Titel »Inland Empire« bleibt ein Rätsel. Er geht zurück auf eine Landschaftsansicht, die Lynch in einem Zeichenbuch aus Kindertagen fand. Kein Zweifel: Der Filmemacher zieht sich vollends zurück in sein eigenwilliges Innenreich. Und trotzdem bleibt dieses unwiderstehlich, weil es zugleich unser eigenes ist.
So kann man an »Inland Empire« schier verzweifeln oder ihn aber mit den Worten des Therapeuten Watzlawick verstehen: »Ich bin frei, denn ich bin einer Wirklichkeit nicht ausgeliefert, ich kann sie gestalten.
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