Ein italienischer Schwalbenforscher lebt bei ei-nem Tuaregstamm im Hoggar und erwartet die Rückkehr der Schwalben. Mitten in der Wüste, fernab von Alltag und westlichen Gewohnheiten, verdichtet sich das Leben zu Geschichten und Erinnerungen. Geschichten erzählt Jibril, einer der Mitglieder des kleinen Stamms, etwa davon, dass alle Tuareg in ihrem Herzen eine Kammer hätten, in der sie die Liebe zu ihren Kamelstuten aufbewahren. Oder er unterweist den Schwalbenforscher in der geheimnisvollen Kunst des Brotbackens nach Tuareg-Art. Erinnerungen kommen in dem Schwalbenforscher hoch: Bevor er sich den Schwalben widmete, erforschte er das Verhalten von Bären, indem er ihren Kot sammelte und analysierte. Seine liebste Bärin war Amapola, die wie viele ihrer Artgenossen aus dem Jugoslawien der 90er Jahre fliehen musste. Desorientiert streifte Amapola durch die Wälder, und sie ist nicht die einzige »Reisende in der Nacht« in dem gleichnamigen Roman von Maurizio Maggiani.
Es ist ein langsames Buch, das von dem langsamen Leben des Erzählers bei den Tuareg berichtet. Beim Warten auf die Schwalben spielt die Zeit keine Rolle, und ebenso wenig spielt sie es in den zahlreichen Erinnerungen des Schwalbenforschers. Diese Langsamkeit ist ungewohnt und zunächst schwierig nachzuvollziehen, sie erschließt sich jedoch im Laufe des Buches genauso, wie sich die verschiedenen Handlungsstränge nach und nach miteinander verbinden und so ein zeitloses Geflecht zwischen europäischen und afrikanischen Geschichten und Gedanken ergeben. Und auch der Schwalbenforscher ist ein Reisender, sein Aufenthalt bei den Tuareg nur ein vorübergehender. Sind die Schwalben zurückgekehrt, kehrt auch er zurück. Wohin jedoch, ist ihm genauso ein Rätsel wie den anderen Reisenden in Maggianis Roman