Eigentlich wollte ich Architektin werden. Während eines Schülerpraktikums stellte ich allerdings fest, dass ich die meisten neuen Gebäude hässlich finde und es doch genügend alte schöne Häuser gibt, die sanierungsbedürftig sind. So kam ich auf die Idee, mich mit Restauration zu beschäftigen, und habe nach dem Abi ein Jahr bei einem Restaurator gearbeitet. Allerdings war da Kreativität nur in Anwendung von Technik gefragt, und ich konnte mich nicht selbst entfalten. In meiner Freizeit habe ich schon immer viel fotografiert.
Eigentlich wollte ich Architektin werden. Während eines Schülerpraktikums stellte ich allerdings fest, dass ich die meisten neuen Gebäude hässlich finde und es doch genügend alte schöne Häuser gibt, die sanierungsbedürftig sind. So kam ich auf die Idee, mich mit Restauration zu beschäftigen, und habe nach dem Abi ein Jahr bei einem Restaurator gearbeitet. Allerdings war da Kreativität nur in Anwendung von Technik gefragt, und ich konnte mich nicht selbst entfalten.
In meiner Freizeit habe ich schon immer viel fotografiert. Freunde meinten, ich solle mir lieber in dieser Richtung etwas suchen. Über einen Bekannten konnte ich dann zwölf Monate bei einer Fotografengemeinschaft am Prenzlauer Berg assistieren. Ich habe damals viele Leute aus dem Film- und Fotografiebereich kennengelernt und dort auch alle meine Kamerakenntnisse erworben. Dann hieß es weitergucken. Zu der Zeit hatte ich noch die Illusion, dass Kunst weniger kommerzlastig ist und Künstler die besseren Menschen sind – selbstbestimmt und voller Ideale ...
Da ich oft in Leipzig war, kannte ich die HGB. Mein Vater ist Grafiker und war Assistent von Volker Pfüller im Bereich Illustration. Die Schule fand ich gut, Leipzig auch. Nicht zu groß und nicht zu klein, unweit von Berlin und mit einem guten sozialen Junge-Menschen-Gefüge. Mein Vater war von meiner Entscheidung, ein Kunststudium zu absolvieren, anfangs wenig begeistert. Er wusste wohl schon, was ich inzwischen auch weiß: dass die Chancen gering sind, mit Kunst meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das wird harte Arbeit und ein harter Konkurrenzkampf.
Nach der Zusage bin ich nach Leipzig gezogen und habe voller Enthusiasmus mein Studium begonnen. Die Hochschule hat mich ziemlich verschlungen, Privates und Studium wurden eins. Irgendwann war mir das zu viel und ich fragte mich, wer ich unabhängig von dem Kunsthochschulkreis bin. Die Wochenenden in Berlin waren daher sehr wichtig für mich.
Das Grundstudium ist interdisziplinär aufgebaut – jeder Fachbereich lernt von und mit jedem anderen. Im zweiten Jahr ging es plötzlich ums Vordiplom. Auf einmal saß ich an einer Arbeit, die benotet werden und exemplarisch für zwei Jahre Schaffen sein sollte. Natürlich möchte man eine Eins haben, so konservativ ist man dann doch. Die Zensur sagt dann aber eigentlich nichts aus. Ich habe später selbst in der Prüfungskommission gesessen und immer wieder gemerkt, dass die Studenten damit nicht klarkommen. Es teilt ein: Vorher gehört man zu einer Gruppe, danach entscheidet nur noch die Note über gut oder schlecht.
Das Hauptstudium absolvierte ich in der Klasse Rautert. Hier bist du kreativ frei und hast Raum, dich als Künstler zu entdecken. Die Frage nach der Vermittelbarkeit von Kunst bleibt natürlich immer. Die Ausstattung und die technischen Möglichkeiten, die die Hochschule bietet, sind jedoch luxuriös.
An der HGB wird viel theoretisiert und nachgedacht – die Studieninhalte sind sehr kopflastig. Ich war immer eher ein Typ, der aus dem Bauch heraus handelt. Das wird einem ganz schnell ausgetrieben. Einerseits habe ich das verstanden, andererseits hat es mich oft gehemmt.
Mit den Jahren ist mir besonders aufgefallen, dass das Individualistendenken, dieses "Jeder muss seinen Arsch an die Wand kriegen", durch die Schule noch unterstützt wird. Hier liegt auch der Ursprung meiner Diplomarbeit. Auch wenn sich die HGB nach außen hin intermedial präsentiert die Klassen bzw. Studenten arbeiten in den seltensten Fällen miteinander. Wenn ich die HGB betrete, würde ich nicht einmal mehr meinen, dass es eine Kunsthochschule ist: Man kommt rein, die Wände sind weiß, alles ist aufgeräumt, die Türen sind zu und die Gänge sind leer. Ich finde es so desillusionierend, dass eine Kunsthochschule offenbar nicht mehr da ist, um der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten, sondern selbst Spiegel dieser Gesellschaft geworden ist. Ich sehe auch ganz wenig freche, kritische oder laute Arbeiten. Es scheint nur ein Mitschwimmen zu sein. Meine Vorstellung von Kunsthochschule ist noch so: Da sind die Wilden, da wird gemeinsam gemacht und getan.
Das Ziel meiner Diplomarbeit ist es, den Missstand im Zwischenmenschlichen aufzuzeigen. Ich porträtiere die HGB-Studenten – zurzeit sind es 579 – in ihrem ganz privaten Umfeld, zu Hause. Es ist der Versuch einer Kontaktaufnahme. Ich habe natürlich jeden auf den mangelnden Teamgeist angesprochen. Die meisten sehen das ähnlich, es tut nur niemand etwas. Diese Arbeit ist tatsächlich mal ein Versuch, intermedial zu arbeiten. Ich sehe das auch als wichtiges Zeitdokument. Die Hochschule sieht das eher bürokratisch – jedenfalls gab es seitens der HGB für dieses Mammutprojekt keine finanzielle Unterstützung, weil Diplome aus Gleichbehandlungsgründen nicht unterstützt werden dürfen.
Ich habe vor, die Bilder im Lichthof – dem Zentrum der Schule – aufzuhängen. In die Mitte kommt eine Art White Cube, um zu verdeutlichen, dass es keinen Raum, keine Kommunikationsebene für Studenten gibt. Ich möchte alle in Form von Bildern zurück in die Schule holen und dort sichtbar machen. Auch um ihnen aufzuzeigen, wie viele wir eigentlich sind und was das für eine enorme Kraft sein könnte, wenn man zumindest miteinander kommunizieren würde.
Nach dem Diplom werde ich mich trotzdem zum Meisterschüler anmelden. Erst mal möchte ich aber meinen lange geplanten New-York-Urlaub in die Tat umsetzen.