Seine Filme beginnen schlicht im Badezimmer mit einem tropfenden Wasserhahn oder einem dampfenden Bad. Doch der Blick in den Spiegel oder durchs Fenster in die verregnete Nacht löst eine Kette surrealer Bilderwelten aus, die sich mit verschnörkelter, rotziger Handschrift lyrisch zwischen Fantasie und Wirklichkeit verlieren. André Martini ist ein Traumwandler mit dem Zeichenstift.
Seine Filme beginnen schlicht im Badezimmer mit einem tropfenden Wasserhahn oder einem dampfenden Bad. Doch der Blick in den Spiegel oder durchs Fenster in die verregnete Nacht löst eine Kette surrealer Bilderwelten aus, die sich mit verschnörkelter, rotziger Handschrift lyrisch zwischen Fantasie und Wirklichkeit verlieren. André Martini ist ein Traumwandler mit dem Zeichenstift.
»Ich wollte schon immer Trickfilme machen«, sagt der 32-jährige Wahlleipziger, der in seinen Dresdner Kindertagen vom benachbarten DEFA-Trickfilmstudio träumte. Doch die Realität verhieß dessen Schließung und dem Hobbyzeichner eine Lehre als Textilmustergestalter, die ihn nach Plauen führte. Dort engagierte er sich als Journalist wie auch als Schauspieler in einer Theatergruppe, wo er die Funktionsweisen von Rollen und Charakteren erlernte. Er gestaltete Bühnenbilder, und während sich die Tänzer über die Bühne schwangen, brachte er ihre Bewegungen in Zeichnungen zu Papier. »Ein Schlüsselerlebnis für mich«, sagt der Autodidakt.
Ein ehemaliger DEFA-Trickfilmer, der in Dresden einen Kinderworkshop leitete, verhalf Martini zu ersten Trickfilmversuchen. Nach seinem Fachabi gelangte er an die Kunst- und Design-Hochschule Burg Giebichenstein in Halle, die jedoch gerade für längere Zeit ihren Animationsstudiengang abschaffte, also ging Martini in die Glasklasse. Er zeichnete trotzdem wie ein Wilder, malte große Gemälde und studierte die Comicgeschichte der 80er Jahre wie die Comic-Novellen von Hugo Pratt.
Schließlich realisierte Martini seinen Zeichentrickfilm »Intern«, mit dem er prompt den Nachwuchswettbewerb Shockin‘ Local Short Night Shuffle gewann. In den sechs Monaten der European Animation Masterclass verwirklichte er später »Tulpa« und während eines Aufenthalts in Spanien den Realfilm »Busca Fortuna«.
Doch längst ist André Martini wieder in seinen Zeichentrickwelten versunken und arbeitet an seiner Diplomarbeit »Die Abenteurer«. Es werde ein »mystisches Roadmovie durchs Europa des 18. Jahrhunderts«. Neben den eigenen Visionen will er aber auch zukünftig Auftragsarbeiten erledigen. Und obwohl man in Leipzig von keiner Szene, sondern nur von einer Handvoll Trickfilmer sprechen könne, möchte er die Stadt so schnell nicht verlassen.
Vielleicht hat das auch etwas mit dieser genügsamen, kindlichen Freude zu tun, die André Martini beim Zeichnen seiner Filme noch immer verspürt: Wenn er sich morgens an den Zeichentisch setzt und nachmittags die Figuren zu leben beginnen.