Sind wir wirklich angekommen im Establishment? Fest verankert in der Konsumgesellschaft, sind unsere Ideale nur noch Phantome? Bleibt uns nur noch die Verdrängung, um nicht daran erinnert zu werden, dass wir genau so geworden sind wie diejenigen, die wir früher aus tiefstem Herzen verachtet haben?
Sind wir wirklich angekommen im Establishment? Fest verankert in der Konsumgesellschaft, sind unsere Ideale nur noch Phantome? Bleibt uns nur noch die Verdrängung, um nicht daran erinnert zu werden, dass wir genau so geworden sind wie diejenigen, die wir früher aus tiefstem Herzen verachtet haben?
»Ich weiß, was du 89 getan hast« ist eine Produktion der freien Theatergruppe TheaterschaffT. Das Stück, das nicht nur im Namen an einen bekannten Horrorfilm anknüpft, ist eine Mischung aus Psycho-Theater und Thriller. Im Fokus stehen vier Menschen, die im Wendejahr im Widerstand aktiv waren, damals wohl um die 20. Heute treffen sie sich wie jedes Jahr für ein paar Tage in einer Datsche irgendwo im friedlichen Nirgendwo. Hier, in der beklemmenden Enge der Waldhütte, kommen Dinge zum Vorschein, die so gar nicht friedlich sind: Konkurrenzkämpfe, Verletzlichkeiten, Abgründe in den Beziehungen.
Und es sind nicht nur die persönlichen Problemchen, die die vier Freunde austragen. Stück für Stück wird klar, was wirklich los ist. Was hinter den kleinen Provokationen lauert, die man sich gegenseitig zuwirft. »Wir haben vereinbart, nicht darüber zu sprechen!« – aber es tritt eben doch zutage, was da 1989 passiert ist, die Sache mit dem Transparent und dem Balkon. Da war doch noch ein Fünfter im Bunde, der jetzt irgendwie fehlt, aber über ihn reden will niemand. Ein schmutziges Netz aus Gewissensbissen und Schuldzuweisungen spitzt sich mehr und mehr zu.
Was ein Horrorfilm dem Theater immer voraus hat, ist die Möglichkeit, Spannung mit Effekten zu erzeugen. Dass es im LOFFT gelingt, den Zuschauer mit den einfachsten Mitteln gehörig zu gruseln, ist bemerkenswert. Ein gut gesetzter Spot, ein Paar weiße Kontaktlinsen, ein Zombie-Teddybär – und schon schlägt der Puls ein wenig schneller. Alle Achtung!
Während Zentimeter für Zentimeter die schwarze Geschichte aus dem Wendejahr aufgerollt wird, tritt zutage, was heute für viele Erwachsene der pochend-schmerzende Zahn ganz hinten im Kiefer sein muss: Sie haben sie verloren, ihre Ideale, für die sie damals gekämpft haben. So sind sie keifende Chefs und eitle Musikproduzenten geworden, ganz dem Establishment verschrieben, oder sie verlieren sich in antikapitalistischen Plattitüden und kramen gleichzeitig den 86er Chardonnay hervor. Dieses Bild mag überzeichnet sein – überzeugend gespielt ist es in jedem Fall. Der ein oder andere wird sich darin wieder erkennen.