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Schlange der Migration

Mexikoblog II: Nach seinem Studium in Leipzig hat es Sebastian Huber zum Arbeiten nach Mexiko verschlagen. Auf kreuzerONLINE berichtet er über seine Erlebnisse

  Schlange der Migration | Mexikoblog II: Nach seinem Studium in Leipzig hat es Sebastian Huber zum Arbeiten nach Mexiko verschlagen. Auf kreuzerONLINE berichtet er über seine Erlebnisse

Die Schlange ist lang – sehr lang. Täglich spielt sich vor dem Instituto de Migración in Mexiko-Stadt die gleiche Szenerie ab: Anstehen für die begehrte Arbeitserlaubnis FM3. Neben mir warten Arbeitsmigranten aus Honduras und Salvador. Wer Geld hat, kann einen Rechtsanwalt anheuern, der einem das Anstehen erspart. Ein Service für die Elite der Einwanderer.

Die Schlange ist lang – sehr lang. Täglich spielt sich vor dem Instituto de Migración in Mexiko-Stadt die gleiche Szenerie ab: Anstehen für die begehrte Arbeitserlaubnis FM3. Neben mir warten Arbeitsmigranten aus Honduras und Salvador. Wer Geld hat, kann einen Rechtsanwalt anheuern, der einem das Anstehen erspart. Ein Service für die Elite der Einwanderer.

Ehe es mit meiner neuen Arbeit losgehen kann, muss auch ich den Marathon durch den Behördendschungel bestehen: beglaubigte Dokumente, Unterschriften von Beauftragten, die gerade im Urlaub sind, eine Stunde Anstehen für eine Information, die noch mehr Fragen aufwirft und noch mehr Anstehen bedeutet. Treppe rauf, Treppe runter. Schalter 307: »Besorgen Sie sich den Stempel am Schalter 409.« Gang links, Treppe rauf. »Die Stempelbeauftragte ist gerade in der Mittagspause. Sie können ja schon mal die Fotos machen lassen und das Formular B17 ausfüllen.«

Ich verlasse das Gebäude. Um die Migrationbehörde hat sich eine riesige Infrastruktur gebildet, die auf die Bedürfnisse der Bürokratieopfer ausgerichtet ist. Ein Horde von Dienstleistern springt mich an: »Passbilder, Passbilder!« Andere bieten mir an, das Formular B17 mit der Schreibmaschine auszufüllen.

Rein in den Dschungel: Südmexiko
Zwei Tage und sieben Schalter später halte ich einen Schrieb in der Hand: Über meinen Antrag wird erst in drei Wochen entschieden. Zwangsurlaub sozusagen. Zwei Stunden später halte ich ein weiteres Papier in der Hand: mein Busticket, welches mich aus dem Behördendschungel der Hauptstadt in den Dschungel des tropischen Tieflands von Südmexiko bringen wird. Vom Migrant zum Tourist und wieder zurück.

Auf einer Überlandfahrt in Chiapas wird unser Bus angehalten. Bewaffnete Polizisten der Migrationspolizei steigen ein, führen eine Razzia durch und lassen drei Guatemalteken aussteigen. Einen der drei behalten sie bei sich, der Bus fährt ohne ihn weiter. Es mag absurd sein, aber ich fühle mich mit ihm verbunden. Wahrscheinlich will er sich so wie ich einfach nur das Recht nehmen, in einem anderen Land zu leben.

Drei Wochen später stehe ich wieder in der Schlange der Migration. Noch immer scheint hier das Chaos zu herrschen. Aber was mich neulich noch aufregte, hat sich mit einem Mal relativiert. Mein Verfahren wird genehmigt. Wie es dem Guatemalteken wohl geht?


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