Sie sind zwei der Amazonen, die demnächst im Schauspiel auf der Bühne stehen werden. Heute noch sitzen sie – gar nicht amazonengleich – im Café Grundmann: Sophie-Luise Lenk, 19, Medizinstudentin, und Pamela Piffl, 37, Kultur- und Medienpädagogin. Beide haben sich für den Leipziger Amazonenchor der »Penthesilea«-Inszenierung im Schauspielhaus beworben – und wurden ausgewählt. 27 Frauen bilden den Chor. Gemeinsam mit drei Schauspielerinnen treten sie an gegen fünf Männer.
Sie sind zwei der Amazonen, die demnächst im Schauspiel auf der Bühne stehen werden. Heute noch sitzen sie – gar nicht amazonengleich – im Café Grundmann: Sophie-Luise Lenk, 19, Medizinstudentin, und Pamela Piffl, 37, Kultur- und Medienpädagogin. Beide haben sich für den Leipziger Amazonenchor der »Penthesilea«-Inszenierung im Schauspielhaus beworben – und wurden ausgewählt. 27 Frauen bilden den Chor. Gemeinsam mit drei Schauspielerinnen treten sie an gegen fünf Männer.
In »Penthesilea« leben die Frauen – die Amazonen – ohne Männer. Nur, um die Nachkommenschaft zu sichern, werden die Y-Chromosomenträger erbeutet, zum Sex gezwungen und wieder nach Hause geschickt. Für die ältere der beiden »Amazonen« ist das eine nachvollziehbare Art zu leben, sie braucht keinen Mann zum Jagen, kann selbst einen Bogen spannen. Nur dass Kleist die männlichen Babys von den Amazonen töten lässt, damit kann sie sich nicht anfreunden, »aber der Text ist da, also werde ich ihn sprechen«.
Die Gräueltaten der Amazonen sind doch aber nur Reaktionen auf die Gewalt von Männern. Kommt alles Schlechte also aus dem männlichen Geschlecht? Sophie-Luise Lenk mag das nicht ganz glauben. »Das kann doch nicht passieren in der Natur, dass eins von beiden schlechter ist.« Piffl findet die Theorie der Feministin Valerie Solanas interessant: Männer sind genetische Krüppel. Sie lacht, als sie das sagt. Der Jüngeren ist dabei überhaupt nicht zum Lachen – auch als Medizinstudentin widerstrebt ihr dieser Gedanke. Und schon sind wir mittendrin in einer leidenschaftlichen Debatte um Frau und Mann, Gleichberechtigung, Macht und Gewalt.
Ausgerechnet ein Mann hat »Penthesilea« geschrieben, Heinrich von Kleist, und auch ein Mann führt Regie, Volker Lösch. Eigentlich eine merkwürdige Situation, denn müsste hier nicht eine Frau inszenieren? Dass die Machtposition (mal wieder) in männlicher Hand ist, stört die beiden Frauen aber überhaupt nicht. Sie sind begeistert von diesem Coach: Lösch sei ein »toller Regisseur«, auch weil er sie von Anfang an als gleichwertigen Teil der Produktion angesehen hat. Und das ja im doppelten Sinne. Als Choristin und als Frau. Bei den Proben herrscht also gefühlte Gleichberechtigung.
Aber wie ist es da draußen, außerhalb des Theaters? Die 19-jährige Studentin findet es »eine Unverschämtheit, dass man als Frau nachts eigentlich nicht raus gehen kann, dass man sich nicht frei bewegen kann«. Pamela Piffl ist sich ganz sicher: »Solange der Mann so gebaut ist, dass er auf gewisse Hormone reagiert, der Schwanz sich regt und sich dann eben eine Frau mit Gewalt nimmt, solange wird sich daran nichts ändern. Da können wir drum herumreden, wie wir wollen«.
Sophie-Luise Lenk kritisiert, dass Männer, die mit diesem Thema konfrontiert werden, sich nicht angesprochen fühlen und sich schon gar nicht damit auseinandersetzen. Das soll im Theater anders sein: Wenn der Amazonenchor mit geballter Kraft zum Einsatz kommt, dann sollen jene Männer weinen, die sich für ihre Geschlechtsgenossen schämen. Die Männer, die sich wieder erkennen, bei denen setzt sich vielleicht etwas in Bewegung.
Und die Zuschauerinnen, was sollen sie von diesem Theaterabend mit nach Hause nehmen? Pamela Piffl wünscht sich »Kraft, Klarheit und auch Erschütterung, an der man wachsen kann«. Wenn man die Intensität betrachtet, mit der die beiden Amazonen auf Zeit über das Thema der »Penthesilea« nachdenken und diskutieren, dann sieht es ganz so aus, als könne die Inszenierung genau diese Kraft ausstrahlen.