»Ich habe das wahnsinnige Glück, dass ich mich angenehm machen kann, dass die Leute sich mir vertrauensvoll beim Fotografieren überlassen«. So beschreibt Roger Melis seine vielleicht bedeutendste Gabe. Der 1940 geborene Berliner Fotograf hat mit diesem besonderen Interesse für sein Gegenüber und einem freundlichen Einfühlungsvermögen mehr als vierzig Jahre lang DDR-Künstler mit der Kamera begleitet und detailreiche kleine Erzählungen über einen untergegangenen Kosmos geschaffen.
»Ich habe das wahnsinnige Glück, dass ich mich angenehm machen kann, dass die Leute sich mir vertrauensvoll beim Fotografieren überlassen«. So beschreibt Roger Melis seine vielleicht bedeutendste Gabe. Der 1940 geborene Berliner Fotograf hat mit diesem besonderen Interesse für sein Gegenüber und einem freundlichen Einfühlungsvermögen mehr als vierzig Jahre lang DDR-Künstler mit der Kamera begleitet und detailreiche kleine Erzählungen über einen untergegangenen Kosmos geschaffen. Der Leipziger Lehmstedt-Verlag hat nun einen Bildband mit rund 200 dieser Porträts veröffentlicht.
Seit Anfang der Sechziger Jahre wurde Melis regelmäßig von den renommierten Ost-Verlagen gebucht, um Schriftsteller zu porträtieren. Namen wie Christa Wolf oder Christoph Hein verdeutlichen Kontinuitäten, andere Abgebildete haben es nicht herüber ins Jetzt geschafft.
Anfangs fotografiert Melis noch mit Spontaneität und Unbefangenheit. Den Bildnissen ist die Suche nach dem »entscheidenden Augenblick« anzusehen: Günter Grass rauft sich das Haar, Die Schriftstellerin Christa Reinig bläst eine fahle Rauchwolke über den Tisch vor sich, dem Autor und Maler Gotthold Gloger fliegen die Seiten eines Buches unter den Fingern hinweg.
Später werden die Porträts statuarischer, Melis gibt der Selbstdarstellung der Porträtierten Raum und legt dabei gleichzeitig überraschend Persönliches frei. Einrichtungsgegenstände in den Privaträumen der Abgebildeten erzählen darüber hinaus aufschlussreich von Personen und vergangenen Zeiten: Architekt Werner Henselmann stützt sich auf seinen Schreibtisch, die Hand ruht auf einer sowjetischen Fachzeitschrift. Auf einem anderen Bild: Bettina Wegner sitzt erschöpft auf ihrem Sofa, tiefe Ringe unter den Augen, die nackte Wand hinter ihr zeigt die Umrisse von Bilderrahmen. Die Bilder sind in Kisten verpackt, die Liedermacherin bereitet ihre Ausreise vor.
Der 1940 geborene Melis mag als einer der wichtigsten Fotografen der DDR gelten – neben Namen wie Arno Fischer und Evelyn Richter. Als Porträtfotograf aber sei er die Nummer eins, sagt Mark Lehmstedt. Der Verleger hat anlässlich der Buchvorstellung eine Ausstellung mit rund 50 Melis-Porträts organisiert – zu sehen bis Anfang Mai in Lehmanns Buchhandlung.