Es war ein flirrend heißer Sommer, als sich die Welt 1999 mit dem Son-Fieber infizierte. Niemand konnte sich der Musik der kubanischen Soneros entziehen, die der Amerikaner Ry Cooder unter dem legendären Label »Buena Vista Social Club« formiert hatte.
Es war ein flirrend heißer Sommer, als sich die Welt 1999 mit dem Son-Fieber infizierte. Niemand konnte sich der Musik der kubanischen Soneros entziehen, die der Amerikaner Ry Cooder unter dem legendären Label »Buena Vista Social Club« formiert hatte.
Der gleichnamige Dokumentarfilm von Wim Wenders machte das Ensemble schlagartig berühmt und trug damit zu einer Kuba-Welle bei, die bis heute Millionen begeistert. Die Faszination für die Kultur vermischte sich jedoch zunehmend mit dem Mythos einer untergehenden armen, aber glücklichen Welt.
Seitdem werkeln die Film-, Musik- und Tourismusbranche fleißig weiter am profitablen Kuba-Romantizismus. Nun behauptet ein Leipziger Filmemacher jedoch, die reale Geschichte hinter dem bekannten Label zu kennen. »Der zweite Blick – Social Club Buena Vista« ist Carsten Möllers Langfilmdebüt und alles andere als eine weitere Trittbrettfahrt auf dem Wenders-Ticket.
»Angefangen hat es mit der CD«, erinnert sich der damalige HGB-Student. »Noch bevor Wenders dort drehte, fuhren wir nach Havanna in den Stadtteil Buena Vista und gingen auf die Suche nach diesem Club, den wir uns wie ein Dornröschenschloss ausgemalt hatten. Was wir jedoch vorfanden, war ein realer Ort mit realen Problemen.«
In Möllers Film bekennt Wim Wenders persönlich, den Club niemals ausfindig gemacht zu haben, und entgegnet: »Haben Sie ihn gefunden?« Weit mehr als das! Möller holte die echten Veteranen des »Social Club Buena Vista« vor die Kamera, die die erfolgreichen Ry-Cooder-Musiker allenfalls aus dem Radio kennen. Zugleich spürte er die rappenden Jugendlichen von heute auf. »Uns hat die Verbindung zwischen Geschichte und Gegenwart interessiert, zwischen der Marginalisierung der Afrokubaner und der Selbstbehauptung ihrer Kultur. Nicht die Kuba-Welle an sich ärgert mich, sondern dass der Name Buena Vista benutzt wird, ohne dass der Stadtteil daran partizipiert. Bis heute gibt es dort kein Kulturhaus, was der Club ja früher einmal war«, erzählt Möller.
»Der zweite Blick« setzt auf die soziale und musikalische Realität des gegenwärtigen Buena Vista. Und weil die Vergangenheit dabei nicht wegzudenken ist, erklingt auch hier – wie könnte es anders sein? – neben dem HipHop stets der träumerische Son.