Sonntagnachmittag. Safi sitzt auf meiner Couch und trinkt Tee. Ich mache die Chicks on Speed an, weil Safi die nicht kennt. Dafür zeigt sie mir ihr Notizbuch, in das sie seltsame Worte schreibt.
Sonntagnachmittag. Safi sitzt auf meiner Couch und trinkt Tee. Ich mache die Chicks on Speed an, weil Safi die nicht kennt. Dafür zeigt sie mir ihr Notizbuch, in das sie seltsame Worte schreibt.
SAFI: Es gibt so tolle Fundstücke von Worten. Ich verdiene meine Brötchen in einem Verlag für Business-to-Business-Zeitschriften, da entdeckt man ständig neue Wortschöpfungen. Zum Beispiel den »Deutschen Preis für Dreidimensionalität«. Das ist so bezeichnend: Deutschland ist doch ziemlich eindimensional und verschüchtert und bricht nicht ganz auf. Und dann gibt es einen Deutschen Preis für Dreidimensionalität.
kreuzer: Was ist denn der Deutsche Preis fürs Dreidimensionalität?
SAFI: Das ist ein Design-Preis für ganzheitliche Markenbetrachtung, dreidimensionale Markeninszenierung. Auch toll: »Projektspezialist für Absturzkantensicherung«. Da sind so viele Kanten drin, das muss ein Titel werden. Erstmal werde ich aber was mit »Joghurtnote« machen.
kreuzer: Deine Musik klingt eher nach Kanten als nach Joghurtnote. Wie würdest du sie selber nennen?
SAFI: Für mich ist es jedenfalls kein Rock, weil ich Angst habe vor diesem Wort. Nein – es sind eher Hosen. Unser Produzent nannte es Garage Metal, aber textlich nicht nur so »wäwäwäwäwä« und das war’s, sondern mehr um die Ecke gedacht. Der Hörer zieht da seine eigene Geschichte heraus. Ich vermittle quasi nur eine Grundstimmung, dass etwas nicht richtig stimmt oder läuft. Das verpacke ich dann in Worte, die allein über die Akustik schon das Thema transportieren können. Ich selbst bin kein Mensch, der dir sagt: das ist richtig, das ist falsch und du machst das jetzt so und so.
kreuzer: Du singst also hauptsächlich Lieder darüber, was nicht gut läuft?
SAFI: Ja, in mir ist so eine melancholische Grundstimmung, die mein Antrieb ist. Eine Unzufriedenheit und Melancholie, die durch alles durchstrahlt. Ich könnte einfach kein freundliches Pop-Gesicht mimen.
kreuzer: Melancholisch würde ich deine Musik aber nicht nennen. Eher wütend.
SAFI: Stimmt, die ist eher wütend. Aber es kann auch sein, dass das jetzt erstmal raus musste als Kracher, und wir es jetzt ruhiger angehen können und Songs entstehen, die aufgeräumter und klarer strukturiert sind.
kreuzer: Wieso bist du denn so wütend?
SAFI: Ich habe in den letzten Jahren ganz schön viel Mist erlebt.
kreuzer: Was war das für Mist?
SAFI: Ich habe ja als Krachmacherin einiges an Gewichten zu stemmen – durchsetzen, gegenhalten, und trotzdem alles immer wieder neu hinterfragen. Dazu bin ich vor allem in der Startphase meines eigenen Projektes ziemlich oft auf seltsame Leute getroffen, über die ich mich ärgern musste.
kreuzer: Chefs von Promotion-Agenturen oder Versicherungsvertreter, die du in deinem Song »Helden« besingst…
SAFI: Naja, vor allem Leute, die viel geredet haben, und dann musste ich es doch alleine machen. Ich wurde oft enttäuscht.
kreuzer: Im Hinblick auf das Musikmachen oder worauf?
SAFI: Auf »etwas-zusammen-machen-in-Leipzig«. Sobald anstatt mit Geräuschen nur mit Bedenken hantiert wird, ist’s tot. Gelaber.
kreuzer: Glaubst du, das ist ein Leipzig-Problem?
SAFI: Nee, eigentlich nicht. Ich bin ja auch Leipzig-Fan. Vielleicht ist das Problem auch, das ich so eine Dränglerin bin, ein Typ, der nach vorne möchte, und dann immer auf eine träge Masse stoße, die nicht mitziehen will. Ich habe das Gefühl, dass was passieren muss, aber es passiert einfach nichts in Leipzig.
kreuzer: Jetzt passiert ja schon mal was. Du bringst deine erste Platte »Kalt« auf dem Label ZickZack raus. Die haben dich quasi auf MySpace entdeckt.
SAFI: Ja, Felix Wiesner von der Band Ornament, der mit Alfred Hilsberg ein neues Label gründen wollte, hat uns da irgendwo gefunden, kam dann ohne unser Wissen für ein Konzert runter gefahren und hat uns angequatscht, ob wir Bock hätten und ob wir Alfred Hilsberg kennen. »Nee, kenn ich nich...«, hab ich gesagt. Dann meinten wir »Na gut, mal schauen, wie weit wir kommen« und haben angefangen, das Album aufzunehmen. Felix und Alfred hatten verschiedene Vorstellungen von ihrem Label, also haben wir das mit Alfred gemacht. Der hat uns noch einen Produzenten besorgt, den Moses Schneider. Dadurch wurde das dann richtig fett. Er hat uns gefragt: Wollt ihr richtig Gas geben oder wollt ihr Rock machen? Und wir wollten erstmal richtig die Sau rauslassen.
kreuzer: Zuerst war Safi aber ein Soloprojekt von dir?
SAFI: Ja, aber alleine kommt nicht so viel von der Substanz rüber, die ich haben möchte. Man schafft das gar nicht. Die Band macht da Feuer unterm Hintern. Allein mit Gitarre ist auch gar nicht mein Ding. Gitarre ist für mich eher ein Geräuschding zum Krachmachen, als ein Instrument.
kreuzer: Auf einem Pressefoto posierst du nackt mit deiner Gitarre…
SAFI: Das ist eigentlich nur ein Handyfoto, ein Schnappschuss. Aus Gag habe ich das dann auf MySpace gestellt und da haben total viele Leute reagiert. Obwohl das ja total platt ist. Aber es funktioniert. Bei einem Konzert in Hannover war ich eigentlich nur die Vorband, aber die Veranstalter haben das Bild genommen, um für den Abend zu werben.
kreuzer: Findest du das gut?
SAFI: Es vereinfacht einiges. Ich finde es also eher gut. Man kann darauf zählen, dass es funktioniert. Vielleicht mache ich bald mal eine ganze Fotostrecke.
kreuzer: Es stört dich nicht, dass es dabei um deinen Körper und nicht um deine Musik geht?
SAFI: Nee, ich finde das witzig. Denn im Kontrast dazu bin ich auf der Bühne nicht bestrebt, sexy zu sein oder putzig, sondern eher herb.
kreuzer: Gehst du dort richtig ab?
SAFI: Ich bin sehr konzentriert. Da gibt es so viel zu tun. Gitarre schlagen, sich laut äußern, derbe Effekte treten und dabei ehrlich rüberkommen. Da kann ich mich nur schwer mit einer durchgestylten Bühnenshow anfreunden. Wir sind da alle eher introvertiert und gehen für uns ab. Das ist aber auch viel authentischer, als mit einem Schal zu wedeln.
kreuzer: Wie wird die Bühnenshow bei eurem Record-Release-Konzert aussehen?
SAFI: Wir werden schwarzweiß sein. Ich bin selbst mal gespannt...