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Kultur

»Was uns verbindet, ist die Leidenschaft zur Musik«

Anfang Mai heißt es im UT Connewitz und Conne Island »La Familia Y Amigos«

  »Was uns verbindet, ist die Leidenschaft zur Musik« | Anfang Mai heißt es im UT Connewitz und Conne Island »La Familia Y Amigos«

Das Dresdner Label Altin Village & Mine Records hat sein jährliches Festival »La Familia Y Amigos« überraschend von Dresden nach Leipzig verlegt. Bei der zweiten Ausgabe spielen zehn durchweg interessante Bands, u.a. The Robocop Kraus aus Nürnberg und SBACH, eine neue Band aus dem Hella-Umfeld, aus Nevada City. Wir haben mit Marcel Schulz, einem der zwei Labelmacher über die Entscheidung, mit dem Festival an die Pleiße umzuziehen, seine Labelphilosophie und natürlich über das Festival selbst gesprochen.

Das Dresdner Label Altin Village & Mine Records hat sein jährliches Festival »La Familia Y Amigos« überraschend von Dresden nach Leipzig verlegt. Bei der zweiten Ausgabe spielen zehn durchweg interessante Bands, u.a. The Robocop Kraus aus Nürnberg und SBACH, eine neue Band aus dem Hella-Umfeld, aus Nevada City. Wir haben mit Marcel Schulz, einem der zwei Labelmacher über die Entscheidung, mit dem Festival an die Pleiße umzuziehen, seine Labelphilosophie und natürlich über das Festival selbst gesprochen.

kreuzer: Ich muss zugeben, dass ich durchaus überrascht war, als ich sah, dass ihr euer Festival 2009 in Leipzig veranstaltet. Warum fiel die Entscheidung gerade für Leipzig?

MARCEL SCHULZ: Ich wage zu behaupten, dass du nicht der Einzige bist, den der Ortswechsel überrascht hat, aber mehrere Faktoren machten uns die Entscheidung enorm leicht. In Dresden bot sich zu solch moderaten Konditionen keine Location an, bei der wir nicht schon im Vorfeld Bauchschmerzen haben mussten. Das heißt – und das möchte ich den Betreibern diverser Clubs in Dresden bewusst unterstellen – dass sie die Idee als solche nicht mittragen. Uns geht es nicht darum, den größtmöglichen Gewinn aus dem Festival zu ziehen – nein, ganz und gar nicht! Primär ist es in unserem Interesse, die Vernetzung auf diesem Wege zu intensivieren, viele qualitativ gute und sympathische Bands zu sehen, alten Freunden in den Armen zu liegen, neue Leute kennen zu lernen und nicht zu letzt Spaß an der Sache zu haben. Gerne hätten wir sowohl das AZ Conni als auch die Chemiefabrik in Dresden erneut in Erwägung gezogen, allerdings haben beide Clubs besucherzahltechnisch nur begrenzte Kapazitäten. Für kleinere Veranstaltungen in Dresden wird das AZ Conni allerdings erste Wahl bleiben.

Ein weiterer Grund, die Stadt zu wechseln, ist, dass wir es ein wenig leid sind, uns für Eintrittspreise rechtfertigen zu müssen. Im letzten Jahr kosteten beide Tage 15 €, wofür es möglich war, zehn Bands, einen Referenten und einen DJ zu erleben. Dennoch gab es diesbezüglich Diskussionen und Unverständnis. Sicher ist uns bewusst, dass es so etwas immer und überall geben wird, aber mein Gefühl sagt mir, dass das in Leipzig anders werden könnte. Warum explizit Leipzig? Zum einen haben wir eine Menge Freundinnen und Freunde in Leipzig, die unter anderem auch im Conne Island tätig sind und uns nicht unerheblich dabei unterstützen. Zum anderen steht ein genereller Stadtwechsel bei Altin Village & Mine an, wobei die endgültige Entscheidung noch nicht getroffen ist.

kreuzer: Warum die Kombination UT Connewitz & Conne Island? Eigentlich hätte man doch annehmen können »entweder UT oder Island« und nicht »sowohl als auch«.

SCHULZ: Um ehrlich zu sein, hätten wir das Festival prinzipiell auch lieber an beiden Tagen in einer Location veranstaltet, allerdings ist am 8. Mai bereits eine Veranstaltung im Conne Island, somit musste eine Ausweichmöglichkeit gefunden werden. Beide Tage im UT Connewitz war auch indiskutabel, da es anwohnerbedingt nur wenige, über das ganze Jahr verteilte Veranstaltungen gibt, bei denen bis in die frühen Morgenstunden laute Musik laufen darf. Und weil es am zweiten Tag eine Aftershowparty mit DJ’s geben wird, waren plötzlich beide Veranstaltungsorte im Rennen.

kreuzer: Wie würdet ihr die musikalische Ausrichtung von Altin Village & Mine Records beschreiben? Mir fällt als Vergleich Dischord aus Washington DC ein – wäre das eher eine Ehre oder nervt dieser Vergleich auf Dauer?

SCHULZ: Sicher könnte der Vergleich mit einem Label wie Dischord eher eine Ehre sein, trotzdem möchte ich unterstreichen, dass wir ein eigenständiges und unabhängiges Label sind, welches sich als solches versteht. Grundsätzlich gibt es ideelle Parallelen, aber ich denke diesbezüglich könnten beispielsweise auch Labels wie Touch & Go, Gern Blandsten, Day After oder X-Mist genannt werden. Es ist wohl auch nicht von der Hand zu weisen, dass wir uns auf gitarrenlastigem Terrain bewegen, aber trotzdem immer über den Tellerrand hinaus blicken. Natürlich spielt die individuelle musikalische Sozialisation dabei eine große Rolle. Entscheidend ist nicht nur die Musik, welche uns gefallen muss, sondern auch die Authentizität der Leute, die dahinter stehen. Hierbei geht es also nicht darum, eine Platte zu veröffentlichen, weil es das nächste große Ding ist.

kreuzer: Ihr arbeitet in einem Bereich, der Hypes durchaus ignoriert, ihr macht dabei den Eindruck, digital gut vernetzt zu sein und ihr veröffentlicht mittlerweile ausschließlich auf Vinyl. Zugleich sind die Bands in der Szene durchaus keine Unbekannten. Muss so »moderne« Labelarbeit aussehen?

SCHULZ: Das Netzwerk, welches als solches schon seit einigen Jahren existiert, funktioniert in der Tat gut. Wenngleich wohl niemand explizit darauf gewartet hat, dass wir dazu beitragen, die musikalische Landschaft zu erweitern. Anfänglich veröffentlichten wir von einem Release noch Vinyl und CD, allerdings ist die CD das Medium, das bei uns einstaubt. Hinzu kommt, dass wir selbst ausschließlich Musik auf Vinyl kaufen, weshalb es nur eine Frage der Zeit war, die CD nicht mehr in Erwägung zu ziehen. Dass die Bands auf Altin Village & Mine keine Unbekannten mehr sind, liegt wohl daran, dass sie keine Kosten und Mühen scheuen, Konzerte zu spielen und auf diesen eben überzeugen. Was uns somit verbindet, ist die Leidenschaft zur Musik. Es geht nicht darum, auf Biegen und Brechen den Durchbruch zu erzwingen, sondern schlicht und einfach darum, das zu tun, was sich gut anfühlt.

Was ist in diesem Zusammenhang also »moderne« Labelarbeit? Wir arbeiten mit keiner externen PR-Agentur zusammen und versuchen, Bands durch eventuell bezahlte Interviews zu puschen. Sicher versenden wir Promos an verschiedene Magazine und Radiostationen, aber wir haben den Anspruch an uns, so wenig wie möglich in externe Hände zu legen. Natürlich wäre es nicht verwerflich, wenn mehr Leute auf das Label oder auf die Bands aufmerksam würden und somit der Lebensunterhalt von der Musik bestritten werden könnte. Ich würde es jedem gönnen, wenn er davon leben könnte, so lange er sich noch im Spiegel anschauen kann und dabei sich selbst sieht. Aber sind wir doch mal ehrlich: Gibt es echt noch Leute, die glauben, dass Musik in den Kreisen, in den wir uns bewegen, eine Goldmine ist? Vielmehr ist es ein bescheidenes Leben mit den zu bezahlenden Rechnungen im Hinterkopf, aber dafür in dem Wissen, das Richtige zu tun. Sicherlich geraten wir in diesem Rahmen auch an Grenzen, an denen wir uns gern unter die Arme greifen lassen und uns beispielsweise bewusst für einen globalen Vertriebsweg entscheiden, weshalb unsere Veröffentlichungen ab sofort über Cargo vertrieben werden. Einerseits werden dadurch unsere Releases auch kleineren Plattenläden zugänglich, anderseits umgehen wir so unverschämt hohe Versandkosten bei Sendungen ins Ausland.

kreuzer: Seht ihr Euch selbst als ein Non-Profit-Label?

SCHULZ: Gute Frage! Momentan ist es so, dass wir unseren Lebensalltag anderweitig finanzieren und die daraus verbleibenden Ressourcen ins Label fließen. Aber wie bereits in der vorherigen Frage angeschnitten, wäre es kein Widerspruch für uns, davon die Miete zahlen zu können und unabhängig zu sein. Gegenwärtig verlangt es einen Spagat, um zeitlich allem gerecht zu werden. Es bedarf einer Sicht auf die Vorteile, die daraus resultieren, wenn das ganze Kontingent an Zeit ins Label fließen könnte. So lange der Spaß nicht auf der Strecke bleibt und nicht nur noch veröffentlicht wird, weil die Rechnungen sich häufen und Quantität die Qualität ersetzt, finde ich das legitim.

kreuzer: Mit Bollo und Diario gibt es zwei Leipziger Bands, die auf dem Label veröffentlicht haben oder veröffentlichen werden. Warum spielt keine dieser Bands beim Festival?

SCHULZ: Einerseits waren Bollo und Diario bereits beim letzten Festival vertreten, was nicht impliziert, dass sie für dieses Jahr nicht in Erwägung gezogen werden konnten. Aber wir wollten nicht einfach das Line Up vom Vorjahr in eine andere Stadt verlagern. Und da mit Patterns, Shokei, Radio Burroughs und Petethepiratsquid bereits vier Bands von 2008 vertreten sind, wollten wir befreundeten bzw. anderen Bands vom Label den Vortritt lassen. Zumal mehr als fünf Bands pro Abend das Zeitraster zu eng stricken würden. Schließlich geht es ja nicht um Quantität. Ich denke aber, dass 2010 sowohl mit Bollo als auch mit Diario auf dem La Familia Y Amigos Festival gerechnet werden kann.

kreuzer: Auf welche Acts freust Du Dich persönlich, wenn Du an das Line-Up des diesjährigen Festivals denkst?

SCHULZ: Ich muss sagen, dass ich mich auf alle Bands freue, denn wir haben ja bewusst all diese Bands gewählt und eingeladen. Vielleicht kann ich an dieser Stelle noch auf eine Programmänderung am Freitag verweisen: Japanther aus New York haben ihre Tour leider kurzfristig abgesagt. Wir denken aber, dass wir mit dem neuen Projekt vom »Hella«-Gitarristen Spencer Seim mit dem Namen »SBACH« einen guten Ersatz gefunden haben. Wenn ich also an das Festival denke, dann freue ich mich auf den ganzen Rahmen, in dem es stattfinden wird.

kreuzer: Soll das Festival im nächsten Jahr weiter ziehen, oder denkt ihr darüber erst nach, wenn die Leipziger Ausgabe überstanden ist?

SCHULZ: Gegen einen festen Bestand in der Leipziger Musiklandschaft hätte ich natürlich nichts einzuwenden und ich würde es auch nicht von dem Verlauf des diesjährigen Festivals abhängig machen. Eher vom neuen Wohnsitz des Labels.


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