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Kultur

Gut aufgelegt!

Die Musik-Rubrik

  Gut aufgelegt! | Die Musik-Rubrik

Jede Woche stellt die kreuzer-Musikredaktion neue Musik vor – zum Hören, Tanzen, Schwelgen, Spazieren, Joggen, Arbeiten und mehr. In dieser Woche mit Hugh Masekela, Karpatenhund und Fagget Fairys

Jede Woche stellt die kreuzer-Musikredaktion neue Musik vor – zum Hören, Tanzen, Schwelgen, Spazieren, Joggen, Arbeiten und mehr. In dieser Woche mit Hugh Masekela, Karpatenhund und Fagget Fairys.



Hugh Masekela – »Phola« (Times Square Records/Edel)
Hugh Masekela – »Phola«

Album Nr. 35 – zweimal so alt ist der Musiker aus Südafrika, das aber nur auf der Geburtsurkunde. Denn seine Songs sind weit davon entfernt, so etwas wie ein Spätwerk abzubilden oder einen Strich unter die Schaffensbilanz zu ziehen (obwohl es sich »nur« um bislang nicht veröffentlichtes Material aus zwei Jahrzehnten handelt). Mit sommerlich entspannten, coolen Jazzmotiven steigt der Trompeter ins Album ein, um anschließend auf ebenso federleichte Weise zu erzählen, wie er seiner Frau begegnete (»Ghana«). In »Bring it back home« ist Konzentration auf den Text angesagt: Masekela appelliert zunächst fast schon im spoken word style an die Verantwortung der Politik – und macht sich erst im Refrain die Macht der Grooves zunutze. Allein mit diesem Song ließe sich eine sanfte Revolution lostreten. Das leider fortwährend gesetzte Thema »Hunger« ist eines, das der aus Witbank stammende Flügelhornist nicht außen vor lassen kann und will. Musikalisch changiert er zwischen jazzigen Sounds und R&B-Einflüssen, die er mit Klängen aus den Townships verzahnt. Fast schon hypnotisch wirkt der Zwölf-Achtel-Takt in »Malungelo«. Ohne den Text verstehen zu können, wird der Song dennoch verstanden. Der Titel des Albums – »Phola« – lässt sich mit »heilen« bzw. »entspannen« übersetzen. Im Slang wird »Phola« aber auch für »chillen« verwendet. Nicht oft überschreibt ein Titel den Inhalt so treffsicher. Torsten Williamson-Fuchs


Karpatenhund – »Der Name dieser Band ist Karpatenhund« (Wanderlust Musik/BMG RM)
Karpatenhund – »Der Name dieser Band ist Karpatenhund«

Die Erkenntnis, dass in dieser Band massiv auf die Präsenz der telegenen Schauspieler-Sängerin gebaut wird, ist ebenso banal wie wahr und soll hier nicht zum Gegenstand der Kritik werden. Denn auch unter Auslassung dieses Prinzips ist es schwer, ein gutes Haar an der höchst konstruierten und auf kommerziellen Erfolg ausgerichteten Musik der Karpatenhunde zu lassen. Erfolg ist schön und wenn es einem gelingt, mit seiner Musik die Miete zahlen zu können, ist das noch schöner. Ich würde es der Band sogar gönnen. Wenn nur die Musik nicht so furchtbar banane wäre! Der Grundsound ist hierbei oft gar nicht so verkehrt, wenngleich weit weniger düster als in der Presseinfo angekündigt. Doch leider wird er zwischendurch immer wieder von blöden 80s-Anleihen versaut. Von geschmacklosen Chorusgitarren und Synthie-Sounds, die nach billigem Keyboard riechen. Von schmierigem Saxofon- und Querflötengedudel und zuweilen äußerst ärgerlichen Brechstangen-Hooklines. Was jedoch am allermeisten nervt, ist der Gestus, mit dem die Schauspieler-Sängerin Claire die schwammig-pubertären Texte aus dem Phrasenbaukasten intoniert. Ihren S-Fehler mag man ihr dabei verzeihen, aber der Marianne-Rosenberg-Schlager-Singsang, mit dem sie einige Vokale konsequent falsch singt (e statt a), klingt nicht nur nach Dree-Chenesen-met-dem-Kentrebess, sondern geht einfach gar nicht. Schade. bed


Fagget Fairys – »Feed The Horse« (Music For Dreams)
Fagget Fairys – »Feed The Horse«

Keine Ahnung, ob das genügend Street-Credibility besitzt, ob hier nicht bloß Peaches oder M.I.A. kopiert werden. Fagget Fairys haben mit »Feed The Horse« ein unglaublich selbstbewusstes und versiertes Debüt-Album aufgenommen. Dass hier eine blutjunge Sängerin aus dem ehemaligen Jugoslawien und eine zwölf Jahre ältere dänische DJane zusammen die Grime-Flagge hochhalten, dass sie beide auch privat ein Paar sind, all das ist perfekt für heiteren Gossip zwischendurch. Doch musikalisch fahren die beiden Großes auf: Mächtige Basslines, zackige Beats, Rave-Fanfaren und einen ebenso augenzwinkernden wie derben Sex-Appeal. Dass es dabei nicht permanent auf die Mütze gibt, wie bei dem Club-Hit »Feed The Horse«, ist eine wirkliche Stärke dieses Albums. Denn gerade die ruhigeren Stücke wie »Negori« oder »Uzmi« – beide mit bosnischen Texten und dezenter Balkan-Folklore – sind die wahren Hits, die von einer Tiefe und Eigenständigkeit zeugen, wie sie im Grime nicht oft anzutreffen sind. Im letzten Herbst spielten Fagget Fairys in der Distillery. Wer es verpasst hat, dürfte es spätestens mit diesem Album bitter bereuen und auf eine neue Chance hoffen. Jens Wollweber


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