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Kultur

Schwimmendes Gedenken

Eine Skulptur von Sebastian Debold befragt im Clara-Zetkin-Park die Denkmalkultur

  Schwimmendes Gedenken | Eine Skulptur von Sebastian Debold befragt im Clara-Zetkin-Park die Denkmalkultur

Erinnern und Gedenken hat Konjunktur im Jubiläumsjahr der Wende. Physische Denkmale hingegen haben es weniger leicht. Um das zentrale Einheits- und Wendedenkmal in der Bundeshauptstadt wird derzeit ebenso gerungen wie um das in Leipzig. Und über das pathetisch-naturalistische Bronzerelief für Leipzig von Miley Tucker-Frost ergoss sich ein Häme-Schwall.

Erinnern und Gedenken hat Konjunktur im Jubiläumsjahr der Wende. Physische Denkmale hingegen haben es weniger leicht. Um das zentrale Einheits- und Wendedenkmal in der Bundeshauptstadt wird derzeit ebenso gerungen wie um das in Leipzig. Und über das pathetisch-naturalistische Bronzerelief für Leipzig von Miley Tucker-Frost ergoss sich ein Häme-Schwall.

Währenddessen hat sich leise und auf Zeit ein schwimmendes Denkmal auf dem Wasser-Rondell an der Anton-Bruckner-Allee niedergelassen. Der Bildhauer Sebastian Debold hat am Eingang zum Clara-Zetkin-Park eine leuchtend weiße Skulptur auf Zeit aufgestellt, ein Panzer vielleicht oder die Andeutung eines Felsmassivs, obenauf eine aus der Mythologie entlehnte Art Tier, das Debold selbst als Mischung aus »Katze, Kuh und Eichhörnchen« bezeichnet: heroische Anklänge an längst vergangenes Denkmal-Pathos, aufgemischt vom Spieltrieb eines jungen Bildhauers.

Debold ist 1979 in Stralsund geboren, hat in Braunschweig einen Meisterschülerabschluss in Bildhauerei und Malerei abgelegt und lebt seit zwei Jahren in Leipzig. Seine Arbeit bezeichnet er vorbehaltlos als Bildhauerei. Mit dem heroischen Gestus – durch das von Debold zum Einsatz gebrachte Styropor freilich von Anfang in einen Scherz verwandelt – möchte Debold einen Bezug zwischen seiner Skulptur und den Krieger- und Heldendenkmälern des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts herstellen.

Doch Revisionismus liegt Debold ebenso fern wie vordergründige Ironie. Als Antrieb für seine Bildhauerei nennt er das »Interesse für Figürlichkeit in Verbindung mit Macht- und Männlichkeitssymbolen.« Den Widerspruch zwischen herrschendem Zeitgeist und seiner Arbeit auf dem Wasser-Rondell im Park bringt er lakonisch auf den Punkt: »Bedarf an heroischen Denkmälern besteht ja momentan eher nicht.«

Kalkulierter Eingriff: Der respektvoll angepinnte Schriftzug des Grafitti-Künstlers Snow
Vor wenigen Wochen erst hat der Grafitti-Künstler Snow einen Schriftzug auf Debolds Skulptur hinterlassen – respektvoll angepinnt, nicht aufgesprüht. Die Veränderung und Zerstörung seiner Arbeiten kalkuliert Debold, der vergleichbare Skulpturen in Braunschweig und Düsseldorf gebaut hat, ausdrücklich ein: Mitunter nutzen Vögel seine Denkmale als Rohstofflager für ihren Nestbau. Den Snow-Schriftzug hat Debold trotzdem rasch wieder entfernt: »Das englische Wort für Schnee an einer Skulptur, die von weitem wie Schnee aussieht, das war mir dann doch zu einfach.«


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