Schon vor Jahren forderte die Leipziger Filminitiative »Fernsehen macht schön« eine zweite Liga des Filmemachens. Befreit von den Zwängen und Mechanismen der professionellen Branche brauche der Filmnachwuchs adäquate Produktionsbedingungen und Auswertungsmöglichkeiten, damit er nicht bereits im Keim ersticke. Gerade in einer Region ohne Filmhochschule ist eine zweite Liga dringend nötig – nicht zuletzt im Interesse der ersten.
Schon vor Jahren forderte die Leipziger Filminitiative »Fernsehen macht schön« eine zweite Liga des Filmemachens. Befreit von den Zwängen und Mechanismen der professionellen Branche brauche der Filmnachwuchs adäquate Produktionsbedingungen und Auswertungsmöglichkeiten, damit er nicht bereits im Keim ersticke. Gerade in einer Region ohne Filmhochschule ist eine zweite Liga dringend nötig – nicht zuletzt im Interesse der ersten.
Zwar mag man in Leipzig von einer zweiten Liga noch nicht sprechen, was aber der April für Nachwuchsfilmer und deren Anhänger zu bieten hat, klingt verheißungsvoll. Zum einen sucht die Mitteldeutsche Medienförderung neue Filmprojekte für ihren Nachwuchstag. Zum anderen feiert das Kurzfilmprojekt »Ansichtssache II« des Ostpol e. V. Premiere. Und schließlich präsentiert das Kurzfilmfestival Kurzsüchtig drei Tage lang die besten regionalen Nachwuchsfilme.
Wer Interesse hat, Filme zu machen, sollte sich den MDM-Nachwuchstag am 17. Juni in Halle nicht entgehen lassen. Dort stellen Amateure bei einem Pitching ihre Filmprojekte vor und suchen Mitstreiter für die Verwirklichung. Wer ein eigenes Filmprojekt präsentieren will, bereits ein Exposé, Treatment oder Drehbuch hat und ein Konzept zur Realisierung vorlegen kann, der bewerbe sich jetzt bei der MDM. Eine Jury vergibt für den besten Pitch einen Preis von 3.000 €.
Schon einen Schritt vorher, sprich bei der Drehbuchentwicklung, setzt das Kurzfilmprojekt von Ostpol an. Der Leipziger Verein fördert internationale Kulturprojekte – eines davon ist »Ansichtssache«. Es basiert auf einem Drehbuchwettbewerb am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, initiiert von der Gastdozentin und Filmspezialistin Cathy de Haan. Dieser soll den Studierenden ihrer Drehbuchseminare die Möglichkeit bieten, die Stoffe in Kooperation mit einer ausländischen Filmhochschule zu realisieren. Nach dem Auftakt in der Ukraine kooperierte »Ansichtssache« diesmal mit der berühmten Filmhochschule in Lodz, die Regisseure wie Andrzej Wajda und Roman Polanski hervorbrachte.
Im Oktober letzten Jahres trafen sich die sechs Gewinner des Drehbuchwettbewerbs mit ihren ins Polnische übersetzten Skripts zu einem englischsprachigen Workshop mit Regie- und Produktionsstudenten in Lodz. »Entstanden sind sechs Kurzfilme, die durch eine extrem hohe ästhetische Qualität auffallen – das ist typisch für Lodz«, sagt Cathy de Haan, die sich gegen Klischees zwar sträubt, aber sogar zugeben muss: »Die polnischen Studenten haben den deutschen Geschichten etwas wunderbar Absurdes, Groteskes und Komisches verliehen. Umgekehrt hat das Projekt dazu geführt, dass die Regiestudenten in Lodz künftig nicht nur mehr mit den eigenen Drehbüchern arbeiten. Seit diesem Jahr gibt es dort eine Drehbuchklasse.«
So ist »Ansichtssache« nicht nur beispielhaft für einen beidseitig inspirierenden Kulturaustausch, sondern auch ein Paradebeispiel für ein effektives Nachwuchsprojekt mit Potenzial zu mehr. Sollte sich das DLL als Institution des Drehbuchschreibens etablieren, würde es nicht nur zu einer zweiten Liga beitragen, sondern als Autorenpool genauso gut der Profiliga nützen.
Das Projekt an sich wird vom Filmteam im Polnischen Institut vorgestellt. In voller Länge sind die sechs Kurzfilme beim Filmfest Dresden unter dem Titel »Atelier I« zu sehen. Gut möglich, dass einer der Filme schon wenig später bei Leipzigs größtem Kurzfilmfestival läuft. Kurzsüchtig feiert mit einem Animations-, Dokumentar- und Spielfilmabend ein rauschendes Fest des regionalen Nachwuchsfilms. Mit Moderation, Gästen, Publikums- und Jurypreisen ist Kurzsüchtig längst zu einer festen Institution in Mitteldeutschland geworden.
Neuerdings bietet Kurzsüchtig auf seiner Website eine Klangbörse an. »Damit wollen wir einerseits praktische Hilfe geben und andererseits für einen bewussteren Umgang mit Musikrechten sensibilisieren«, sagt Festivalorganisator Mike Brandin. Bei der Klangbörse bieten Musiker Stücke zur kostenlosen Verwendung an und werden dafür im Abspann der Filme erwähnt.
Ob MDM-Nachwuchstag, »Ansichtssache« oder Kurzsüchtig – an Nachwuchsprojekten mangelt es Leipzig nicht. Trotzdem wären viele Nachwuchsfilme besser, würden die einzelnen Initiativen nicht an fehlender Vernetzung kranken. Ohne Teamplay jedoch wartet der Filmnachwuchs vergeblich auf seine zweite Liga.