Ein Leipziger Galerierundgang ist keine leichte Aufgabe. Einerseits muss er beweisen, dass die Baumwollspinnerei und Leipzig immer noch genügend rocken, um international mitzuhalten. Andererseits müssen die Spinnerei-Galeristen bei Rundgängen Kunst verkaufen und nebenbei noch die Balance zwischen Volksfest und Exklusivität hinbekommen.
Ein Leipziger Galerierundgang ist keine leichte Aufgabe. Einerseits muss er beweisen, dass die Baumwollspinnerei und Leipzig immer noch genügend rocken, um international mitzuhalten. Andererseits müssen die Spinnerei-Galeristen bei Rundgängen Kunst verkaufen und nebenbei noch die Balance zwischen Volksfest und Exklusivität hinbekommen.
Dem diesjährigen Frühjahrsrundgang sieht man diesen Spagat an. Mit Matthias Weischer, Oliver Kossack, Henriette Grahnert, Rigo Schmidt und anderen war zwar so viel Leipziger Malerei wie lange nicht mehr zu sehen. Dafür aber waren einige der Präsentationen weit weniger mutig, als man hätte erwarten können. Irgendwie okay und bewährt wirkte das, aber nicht aufregend.
Egal, die Massen strömten am Samstag. Aufgehalten wurden sie lediglich von einem Schild an der Tür der Galerie Hilario Galguera. Minderjährige haben dort keinen Zutritt, denn Sante D’Orazio zeigt Porno-Footage, Leckorgien und Masturbationsszenen mit Darstellerinnen, deren Gesichter übermalt sind – eine komplett überflüssige, weil lauwarme Peepshow, die man am Computer attitüdenfrei und schneller haben kann.
Zehn Schritte weiter: Erlösung in der Werkschauhalle. In der Ausstellung »Romanian Cultural Resolution« zeigen zwei Dutzend rumänische Gegenwartskünstler ihre Auseinandersetzung mit den letzten zwei Jahrzehnten des Postkommunismus. Vor der Kulisse des Bukarester Kulturpalastes inszeniert Aurelia Mihai den vergeblichen Versuch, mit Schafen, einem entrückten Schäfer und einer durchdrehenden Regisseurin den Gründungsmythos der Stadt Bukarest zu inszenieren. Und Biennale-Teilnehmer Dan Perjovschi dichtet in einem Graffito: Diejenigen, die zwischen 1989 und 2010 ein Stück Berliner Mauer erstanden haben, mögen es doch bitte zurückgeben – zum Zweck, die Mauer zu rekonstruieren.
Die Halle 14 stellt zum Rundgang einmal mehr unter Beweis, dass sie mit ihren drei riesigen nichtkommerziellen Ausstellungsflächen aus den Vollen schöpfen kann. Ganz wunderbar: »An das Gerät« im Halle 14-Erdgeschoss. Die Ausstellung spielt mit Malrobotern, seltsamen Maschinen, Lochkameras und blechernen Flüstertüten und gibt sich im grün gestrichenen Kabinett wie eine Schau aus dem vorvorletzten Jahrhundert. Zwei Etagen drüber: eine gewohnt sicher gestaltete Ausstellung mit ehemaligen Stipendiaten der Columbus Art Foundation. Zwischen Arbeiten, die sich vage mit den Themen Natur und Lebensraum beschäftigen, zeigt Myriam Holme hochartifizielle Scherenschnitte. Und Wolfgang Flad hat für seine wie an DNS-Helix erinnernden Skulpturen Kunstmagazine zu Pappmache geschreddert.
Ein bisschen Punk mitten im Spagat der Spinnereigalerien gibt es dann unten im Gelände doch noch. Auf der Spinnereistraße parkt eine Kolonne silbergrauer Audi A8-Limousinen. Wüsste man nicht, dass das die Flotte des V.I.P.-Shuttleservice ist, man könnte die aufgereihten Fahrzeuge mit ihren Haifisch-Schnauzen auch für eine Installation von Oliver Kossack halten.