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Kultur

Blinder Sparzwang

Voraussichtlich wird die sächsische Regierung das Programm »film.land.sachsen« streichen

  Blinder Sparzwang | Voraussichtlich wird die sächsische Regierung das Programm »film.land.sachsen« streichen  Foto: Filmverband Sachsen

Laut aktuellem Haushaltsentwurf für 2025/26 streicht der Freistaat das Programm »film.land.sachsen« vom Filmverband Sachsen, das Filmkultur im nichturbanen Raum ermöglicht. Der kreuzer sprach mit Joachim Günther und Philipp Demankowski über die Folgen einer solchen Sparmaßnahme

Über 4.000 Menschen sahen 2024 in 112 Veranstaltungen an 54 Orten Filme. Diese Filme, die unter anderem das Dok Leipzig oder das Internationale Filmfestival für Kinder in Chemnitz – Schlingel – auswählten, wurden nicht irgendwo in einem Kino gezeigt, sondern an Orten in Sachsen, wo es schon längst keine Lichtspieltheater mehr gibt. Das extra dafür seit Mai 2019 geschaffene Programm »film.land.sachsen« des Filmverbandes Sachsen bringt die Filme an die unterschiedlichsten Orte wie Scheunen, Schulen, Mehrgenerationshäuser, Dorfplätze oder Schwimmbäder.

Es geht um die Stärkung und die Sichtbarmachung der sächsischen Filmkultur in nicht-urbanen Landschaften.Dabei werden nicht nur die Menschen vor Ort befähigt, Filme zu zeigen, sondern auch Gespräche mit Filmschaffenden organisiert. Das bedeutet nichts anderes als eine ganz konkrete gesellschaftliche Teilhabe am kulturellen Leben im ländlichen Raum.

Der Filmverband organisiert dafür nicht nur Workshops, die sich darum drehen, was alles bei einer Filmaufführung zu beachten ist, sondern regelt die Lizensierung und berät die Initiativen vom Erzgebirge bis in die Lausitz. Die nehmen das Angebot an, das bisher vom Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus finanziell unterstützte wurde. Das zeigen die Zahlen. Zum Vergleich: Im ersten Projektjahr 2019 fanden 16 Veranstaltungen an acht Orten mit insgesamt 500 Gästen statt.

Aus dem Ministerium erhielt der sächsische Filmverband vor zwei Wochen nun die Botschaft, dass im künftigen Haushalt – den der Landtag noch beschließen muss – das Programm nicht mehr auftaucht. Was bedeutet diese ersatzlose Streichung?

Der erste Vorstandsvorsitzendes des Filmverbandes Sachsen, Joachim Günther, erklärt, dass der Inhalt des Programms darin bestehe, sich »explizit um die ländlichen Räume zu kümmern und die Leute vor Ort zum Selbstorganisieren zu befähigen und zu unterstützen.«

Philipp Demankowski, der das Projekt koordiniert, verweist darauf, dass die »Zahlen erstens zeigen, dass das Programm erfolgreich verläuft und zweitens, dass der Bedarf dazu vorhanden ist. Insbesondere der Sprung an Veranstaltungen und Gästen von 2023 auf 2024 verdeutlicht sehr gut, dass das Angebot bei den Menschen angekommen ist.« Neben den Filmen bilden die Gespräche einen wichtigen Bestandteil des Konzepts. »Dabei wird nicht nur sächsisches Filmschaffen sichtbar gemacht«, so Günther, sondern »bringt Menschen niedrigschwellig miteinander ins Gespräch.« Demankowski betont: »Die Nachfrage für das »film.land.sachsen«-Programm steigt, denn auch die Bandbreite an Formaten weckt das Interesse zum Filmezeigen.«

Das von der Landesregierung angestrebte Aus würde damit eine Initiative im ländlichen Raum wegrationalisieren, die engagierte Menschen in kürzester Zeit aufgebaut haben. Gerade nach den  Wahlergebnissen 2024 scheint dieser Vorgang sehr kurzsichtig.

Aber nicht nur das Programm steht auf der Kippe, sondern auch die finanzielle Unterstützung des Ministeriums für den Erhalt des audiovisuellen Erbes an der Sächsischen Landesbibliothek Dresden, das der Filmverband Sachsen mitbetreut. Hierbei wird beispielsweise das Material der lokalen Fernsehsender gesammelt und digitalisiert. Vor allem die Zeugnisse aus der Zeit um 1990, die in den unterschiedlichen Stadtmuseen noch lagern, können so im zeitgenössischen Speicher- und Abspielformat aufbewahrt und gesichert werden. Zudem wurden Materialien wie beispielsweise aus Borna, Annaberg-Buchholz, Tharandt oder Marienberg nach der Digitalisierung in den jeweiligen Städten im Anschluss im öffentlichen Raum ausgestellt, was wiederum zu Begegnungen und Gesprächen führte. Wer an der Aufarbeitung dieses historischen Erbes spart, der tut dies, so Joachim Günther, »zu Lasten der Breite des Landes«.

Wie eine Koalition aus SPD und CDU auf die Idee kommen kann, ein Programm der Demokratie- und Kulturbildung eiskalt aus der Förderung zu werfen, ist ihr Geheimnis. Doch sollte vor einer Abstimmung darüber nachgedacht werden, wie sich eine solche Kürzung auf den nicht-urbanen Raum auswirkt.

 

www.filmlandsachsen.de


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1 Kommentar(e)

André Hornemann 04.04.2025 | um 17:49 Uhr

"Während sich Politiker ihre Gehälter automatisch und regelmäßig erhöhen, wird im sozialen Bereich gestrichen, gespart und klein gerechnet. Das ist keine wirtschaftliche Notwendigkeit, sondern politische Absicht. Eine Politik, die sich selbst immer mehr gönnt, während sie den Schwächeren immer weniger zugesteht, verliert jede moralische Legitimation. Vielleicht ist die Wahrheit ganz einfach: Wir können uns diese abgehobene Politik – und die, die sie machen – schlicht nicht mehr leisten."