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Kultur

Die ganze Bandbreite dessen, was Stimmkunst ausmacht

11. Internationales Festival für Vokalmusik »a cappella« begeistert Publikum

  Die ganze Bandbreite dessen, was Stimmkunst ausmacht | 11. Internationales Festival für Vokalmusik »a cappella« begeistert Publikum

Wer es nicht erlebt hat, würde kaum glauben, dass es funktioniert: Der Große Saal des Gewandhauses ist ausverkauft, die Bühne ist völlig leer – bis auf drei einsame Mikrophonständer im Lichtkegel, um die sich fünf Herren gruppieren, die nicht mehr mitgebracht haben als ihre Stimmen. Mit denen bringen sie ihr Publikum zum Jubeln, zum Toben, zum Feiern. Von der gemessenen Zurückhaltung, die sonst meist im Gewandhaus waltet, keine Spur.

Wer es nicht erlebt hat, würde kaum glauben, dass es funktioniert: Der Große Saal des Gewandhauses ist ausverkauft, die Bühne ist völlig leer – bis auf drei einsame Mikrophonständer im Lichtkegel, um die sich fünf Herren gruppieren, die nicht mehr mitgebracht haben als ihre Stimmen. Mit denen bringen sie ihr Publikum zum Jubeln, zum Toben, zum Feiern. Von der gemessenen Zurückhaltung, die sonst meist im Gewandhaus waltet, keine Spur.

Wer es erlebt hat, weiß, es kann sich nur um amarcord und das »a cappella«-Festival handeln, das gerade vom 15. bis 22. Mai wieder einmal das Publikum in Scharen angezogen und begeistert hat. Zwischen Eröffnungs- und Abschlusskonzert im Gewandhaus lag eine prall gefüllte Woche, die an den verschiedensten Spielstätten von der Thomaskirche über die Moritzbastei bis zur Schaubühne Lindenfels die ganze Bandbreite dessen, was Stimmkunst ausmacht, aufbieten konnte.

Für sie war es ein Heimspiel: amarcord aus Leipzig
Klassisch eröffneten die Gastgeber am Samstagabend mit ihrem »musikalischen Spaziergang durch das romantische Leipzig« – ein Heimspiel in jeder Hinsicht. Am Sonntag fand das zweite Familienkonzert der Festivalgeschichte regen Zuspruch: Vom Krabbelkind bis zur Uroma war alles vertreten, um den »Five Gentlemen« und ihren »Hits der Comedian Harmonists« zu lauschen. Wobei letzteres sehr flexibel ausgelegt und gehandhabt wurde, aber Spaß an der mimisch und gestisch aufbereiteten Gesangskunst der vier Herren um Gregor Meyer am Klavier hatten erkennbar alle.

Der absolute Kontrast dann am Abend in der Thomaskirche mit dem amerikanischen Quartett Anonymous 4: Die Sängerinnen faszinierten mit einem unglaublich dichten und immer wieder meditative Kraft entfaltenden Vortrag von Werken aus dem Codex Las Huelgas, der im 13.Jahrhundert speziell für Frauenstimmen zusammengestellt wurde. »So singet, ihr Klosterfrauen, goldenen Nonnen, dazu geschaffen, die Musik zu pflegen«: Obgleich keine Klosterfrauen, sangen die New Yorkerinnen mit größter Hingabe und Innigkeit – gleichsam eine Botschaft verkündigend.

Gewinner des Leipzig A CAPPELLA Award: JuiceBox aus Hannover
Der Montag gehörte den Zweitplatzierten des letztjährigen Wettbewerbs: Jazzation aus Ungarn. Am Dienstag luden die legendären King’s Singers in die Thomaskirche. »Alte Gesänge und Weisen aus Georgien« mit dem Anchiskhati Choir gab es am Mittwoch; schwedischen Pop boten Riltons Vänner am Donnerstag. Mit Ommm stand am Freitag das französische Preisträgerensemble des Wettbewerbes von 2009 auf der Bühne, nachdem kurz zuvor die diesjährigen Gewinner bekanntgegeben worden waren: Den ersten Platz – und damit den Leipzig A CAPPELLA Award – ersang sich JuiceBox aus Hannover. Zwei zweite Preise vergab die Jury an die Schweden Voicebox und an Wortart aus Dresden. Der dritte Platz ging an Aquarelle aus Russland. Erstmals durfte auch das Publikum votieren und entschied sich für das niederländische Frauenensemble Wishful Singing.

Auftritt im traditionellen georgischen Gewand: die 9 Sänger des Anchiskhati Choir
Wie immer bot das Abschlusskonzert am Samstag nochmals einen Querschnitt durch die Festivalwoche: Neben den Amarcordlern, die mit Einblicken in ihre Gesangskunst und mit launigen Moderationen glänzten, brachten vier weitere Ensembles das Gewandhaus zum Toben. Die 9 Sänger des Anchiskhati Choir erschienen im traditionellen georgischen Gewand, mit langen Mänteln, einem Schwert im Gürtel und derben Stiefeln. So archaisch wie die Gewandung war auch der Gesang: Ursprüngliche Klänge, mit großer Ernsthaftigkeit und Würde vorgetragen. Zum Schluss erklang ein georgischer Jodler, entstehend aus einzelnen Zurufen, die sich immer mehr zu einem komplexen Klanggewebe verdichteten – nicht nur in den Bergen der Schweiz oder Österreichs muss Kommunikation über große Entfernung möglich gemacht werden ...

Der Kontrast zum nächsten Ensemble hätte nicht größer sein können: Die 5 US-Amerikaner von Rockapella boten eine fetzige Bühnenshow mit einem unglaublich satten Sound. Dass sie auch ganz leise können, zeigte die unverstärkte Zugabe. Als absoluter Knaller erwies sich darauf das diesjährige Preisträgerensemble JuiceBox. Hier von »Nachwuchs« zu reden, verbietet sich angesichts der unglaublichen Souveränität und Ausstrahlung, mit der die 2 Sängerinnen und 4 Sänger den Saal eroberten: Stimmlich absolut homogen, mit überzeugender Choreographie, die sich aber nicht in den Vordergrund drängte, locker und sympathisch lösten sie Beifallsstürme aus. Ganz grandios: der »E-cappella-Song«.

Durchgestylte Bühnenshow und betörende Frauenstimmen: Riltons Vänner aus Schweden
Da hatten es die nachfolgenden Riltons Vänner schwer, die brodelnde Stimmung mit ihrem A-Cappella-Pop weiter anzuheizen. Die 3 Frauen und 2 Männer aus Schweden boten eine durchgestylte Bühnenshow und punkteten vor allem mit den betörenden Frauenstimmen. Nach der fesselnden Vitalität von JuiceBox wirkte ihre Perfektion allerdings fast etwas zu glatt. Dennoch: Großer Jubel für die Schweden – wie anschließend für alle Mitwirkenden, die unter Standing Ovations strahlend ihre Blümchen aus den Händen der Gastgeber in Empfang nehmen konnten.


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