Fußball ist globaler Voodoo-Zauber. Dieser Sport schafft es tatsächlich, die mediale Weltöffentlichkeit für den »Schwarzen Kontinent« zu interessieren. Ansonsten ist Afrika für die einen die hilfsbedürftige, bettelarme Region der ›Neger‹, wo Kriege, Krankheiten, Katastrophen, Kalaschnikows und kannibalischer Hunger toben und Menschenmassen dahinvegetieren. Andere projizieren auf den Kontinent all ihre Sehnsüchte nach unberührter Natur und Safari, nach ethnologischem Ursprung und wild-fröhlicher Körperlichkeit.
Fußball ist globaler Voodoo-Zauber. Dieser Sport schafft es tatsächlich, die mediale Weltöffentlichkeit für den »Schwarzen Kontinent« zu interessieren. Ansonsten ist Afrika für die einen die hilfsbedürftige, bettelarme Region der ›Neger‹, wo Kriege, Krankheiten, Katastrophen, Kalaschnikows und kannibalischer Hunger toben und Menschenmassen dahinvegetieren. Andere projizieren auf den Kontinent all ihre Sehnsüchte nach unberührter Natur und Safari, nach ethnologischem Ursprung und wild-fröhlicher Körperlichkeit.
Journalisten reichen diese Stereotypencocktails von Afrika zwar in Zehnlitereimern über die Redaktionstresen und werden für den klischeehaften Afrika-Pulverdampf auch oft kritisiert. Doch ist die Kritik an ihnen ein bisschen billig. Klar, unter Journalisten gibt es schwarze Schafe. Doch viele Redakteure, Reporter und Korrespondenten, die sich mit Afrika beschäftigen, sind schlicht in Produktionsstrukturen gepresst, die anderes kaum zulassen.
Ein paar Daten: In Afrika südlich der Sahara arbeiten rund zwei Dutzend Afrika-Korrespondenten für deutsche Medien. Dreizehn davon sind festangestellt, wobei allein acht von der ARD und vom ZDF (TV und Hörfunk) entsendet werden. Private Rundfunkstationen unterhalten kein einziges Korrespondentenbüro im »Herz der Finsternis«.
Die Hälfte der Afrika-Korrespondenten ist für alle 48 Länder der Region zuständig und fast alle werkeln als Eierlegende Wollmilchsäue: Sie sind thematisch nicht spezialisiert, sondern berichten uneingeschränkt über alles und jeden, seien es Gangs in den Slums von Nairobi oder die Tragzeit ostafrikanischer Netzgiraffen, knifflige Wirtschaftsanalysen oder ein Besuch von Prinz Charles, Restaurants in Kapstadt, Äthiopiens Marathonläufer oder hochkomplexe Kriege in Côte d’ Ivoire, Burundi oder im Sudan – und das bitte schön in 80 Zeilen oder 2 Minuten 30.
Auch blieb die Afrika-Berichterstattung nicht unberührt von der Medienkrise. Jede fünfte Korrespondentenstelle wurde abgebaut, Reisebudgets und Honorare wurden teils drastisch gestrichen. Selbst Der Spiegel, die Frankfurter Allgemeine oder die Süddeutsche Zeitung reduzierten ihr Personal. Chefredakteure und Intendanten engagieren Afrika-Korrespondenten vor allem wegen ihrer journalistischen Fähigkeiten, Mitarbeiter werden mit einem Posten in Afrika belohnt oder bestraft. Vitamin B spielt eine große Rolle, Regionalwissen eine weit geringere. Eine wichtige überregionale Zeitung schickte sogar einen Korrespondenten nach Afrika, der die Region vorher noch nie betreten hatte.
Und dann gab es jenen ARD-Vollprofi, der in Nairobi saß und es tatsächlich fertigbrachte, eintausend Radiobeiträge pro Jahr zu produzieren – in einem der schwierigsten Berichtsgebiete der Welt. Die digitale Revolution macht es möglich: Das klimatisierte Büro muss heute kaum noch verlassen werden. O-Töne von der BBC oder aus dem Internet gemixt mit Hubschraubergeräuschen und Maschinengewehrsalven aus dem Geräuscharchiv – schon geht der nächste Beitrag über den Sender. Doch soll die Kirche im Dorf und der Löwe in der Serengeti bleiben. Im Rahmen des Geschilderten leisten einzelne Korrespondenten ganz hervorragende und engagierte Arbeit. In diesem Sinne: Sport frei, Südafrika!
{bild} Lutz Mükke ist Journalistik-Dozent an der Universität Leipzig und Autor der Dissertation »Journalisten der Finsternis – Akteure, Strukturen und Potenziale deutscher Afrika-
Berichterstattung« (2009). 560 S., 34,50 €