Ein seltsamer Anblick bot sich am 20. Juni 2003 den Besuchern des Leipziger Hauptbahnhofs. Rund fünfhundert Menschen bewegten sich scheinbar ziellos, wie ferngesteuert, immer mit einem Ohr am Radioempfänger durch das Gebäude. Sie folgten den Anweisungen einer unsichtbaren Stimme durch den Raum. Trotz der losen Anordnung der Teilnehmer entstand durch die gemeinsam ausgeführten Gesten eine Art Choreografie. So wurden Bewegungen in den Bahnhof zurückgeholt, die nach dessen Privatisierung verboten worden waren, wie zum Beispiel, kollektiv Musik zu hören. Diese Art der politischen Bewegung ist in die Performance-Geschichte unter dem Begriff »Radioballett« eingegangen. Erfunden hat sie die Gruppe LIGNA.
Ein seltsamer Anblick bot sich am 20. Juni 2003 den Besuchern des Leipziger Hauptbahnhofs. Rund fünfhundert Menschen bewegten sich scheinbar ziellos, wie ferngesteuert, immer mit einem Ohr am Radioempfänger durch das Gebäude. Sie folgten den Anweisungen einer unsichtbaren Stimme durch den Raum. Trotz der losen Anordnung der Teilnehmer entstand durch die gemeinsam ausgeführten Gesten eine Art Choreografie. So wurden Bewegungen in den Bahnhof zurückgeholt, die nach dessen Privatisierung verboten worden waren, wie zum Beispiel, kollektiv Musik zu hören. Diese Art der politischen Bewegung ist in die Performance-Geschichte unter dem Begriff »Radioballett« eingegangen. Erfunden hat sie die Gruppe LIGNA.
Performative Auseinandersetzungen mit öffentlichen, städtischen Räumen, wie LIGNA sie suchen, bilden die Grundlage für das Performancefestival und die Konferenz »play! LEIPZIG – Bewegung im Stadtraum«, veranstaltet vom Tanzarchiv Leipzig in Kooperation mit dem Centraltheater, der Universität Leipzig, der Schaubühne Lindenfels und der Theaterhochschule Kopenhagen. Im Zentrum steht die Frage nach der Beeinflussung unserer Bewegungen durch den urbanen Raum. Wie bewegen wir uns in der Stadt? Und vor allem: Wie bewegt die Stadt uns?
Die teilnehmenden Künstler aus der Region wie Irina Pauls, Diana Wesser sowie internationale Größen wie Fabián Barba wurden aufgefordert, sich mit Leipzig und seinen historischen Schichten und Geschichten, mit Themen wie Überwachung, Demonstrationskult, Denkmal und Enteignung auseinanderzusetzen. Entstanden sind verschiedene Gänge, Audiotouren und Performances an kulturell und politisch bedeutenden Orten in der Innenstadt, im Süden und im Westen von Leipzig. Diese künstlerischen Aktionen wurden von der Stadt inspiriert und werden ihrerseits die Leipziger durch die ungewohnte Erfahrung ihrer Stadt inspirieren. So wird beispielsweise in einer performativen Führung durch das Kaufhaus Joske von Cindy Schmiedichen und Rebecca Wilton in besonderer Form der Enteignung jüdischer Bürger in Leipzig gedacht.
Auch LIGNA werden sowohl mit einer von Rudolf von Labans Bewegungschören beeinflussten Performance am Richard-Wagner-Hain als auch im Centraltheater mit ihrer ersten Bühnenarbeit »Der Neue Mensch« die Möglichkeit geben, bewusst Bewegungen in der Stadt zu produzieren. Die praktisch gewonnenen Erfahrungen können anschließend im Rahmen der Konferenz im Centraltheater ausgetauscht und kontextualisiert werden. Und vielleicht sieht danach der ein oder andere die Stadt ganz anders als vorher.