Wer sich in den letzten Wochen gefragt hat, warum beim Eisessen auf der Sachsenbrücke ein Gefühl von ungewohnter, vielleicht auch angenehmer, Stille aufkam, für den sei an dieser Stelle das Rätsel gelöst: Leander Taumer, seit Jahren einer der bekanntesten Straßenmusiker Leipzigs, ist weg. Dabei war er mit seinem Akkordeon, seinem Keyboard und seiner Mundharmonika Stammgast auf der Brücke im Clara-Park. Schon seit mehreren Jahren.
Wer sich in den letzten Wochen gefragt hat, warum beim Eisessen auf der Sachsenbrücke ein Gefühl von ungewohnter, vielleicht auch angenehmer, Stille aufkam, für den sei an dieser Stelle das Rätsel gelöst: Leander Taumer, seit Jahren einer der bekanntesten Straßenmusiker Leipzigs, ist weg. Dabei war er mit seinem Akkordeon, seinem Keyboard und seiner Mundharmonika Stammgast auf der Brücke im Clara-Park. Schon seit mehreren Jahren.
Er sang dort bei Sonne und bei Regen, an Montagen und Sonntagen. Und es klang, als presste er die Töne ganz ungehobelt durch seinen Kehlkopf, ohne dass er sie vorher nochmal geölt hätte, so dass sie weich und geschmeidig werden. »Die singende Schildkröte« nannten ihn die einen, andere fanden keinen Ausdruck für das, was Leander da präsentierte. Nun aber sei der Musiker von Mitarbeitern des Ordnungsamtes von der Sachsenbrücke vertrieben worden, erzählt er und wird wütend dabei, denn das sei ihm auch schon vorher passiert, als er vor dem Grünauer Alleecenter und in der Innenstadt spielte. Warum, weiß er nicht.
Das Ordnungsamt verwies bei Anfage auf Paragraphen der Polizeiverordnung und des Stadtrechts Leipzig, die nur den »Einsatz von Verstärkeranlagen bei Veranstaltungen von Straßenmusik« verbieten. Dabei hatte sich Leander, der sich sein Geld auch mit Klavierstunden verdient, weil die Straße nicht reich macht, frei nach seinem Motto »geile Musik ohne Alkohol und Mikrofon« ohne Verstärkeranlage und außerhalb von Wohngebieten im Einklang mit den genannten Vorschriften befunden. Und er kennt das Geschäft. Spielte er früher hauptsächlich in Gaststätten oder auf Veranstaltungen, entdeckte er schon vor zehn Jahren zunächst in Dessau, später in Halle und schließlich in Leipzig seine Liebe zur Straßenmusik. »Ich möchte keine der Erfahrungen auf der Sachsenbrücke missen. Ob es Zuhörer sind, die mitsingen, oder etablierte Leipziger Musikgrößen, die mir ihr Lob aussprechen. Pärchen, die bei meiner Musik zärtlich miteinander werden, zeigen mir immer wieder, dass ich auch eine gewisse Erotik mit meiner Musik vermittle«, schwärmt der kleine Mann mit den kleinen, runden Brillengläsern und der blauen Latzhose.
Über den erotischen Gehalt von Ostmusik wie der Klaus Renft Combo und Leander Taumers eigenwilligen Interpretationen von Elton Johns »Your Song« lässt sich streiten. Fraglich ist allerdings, warum ein Straßenmusiker mit derartigem Unterhaltungswert nicht mehr dort sein darf, wo ihn jeder kennt. Und wo die Menschen einfach weitergehen können, falls es ihnen nicht gefällt. Doch Leander will »eigentlich nicht stillschweigend aus Leipzig abdampfen« und steht vielleicht schon im Winter wieder auf seiner Brücke. Denn offiziell kann ihm nichts passieren, wenn er sich an die Auflagen des Amtes hält. Warum einige Beamte das scheinbar anders sehen, ist nicht klar. Es wird also noch lange nicht still um den kauzigen Sachsenbrückenjodler. – Ob zum Leid oder zur Freude der Spaziergänger am Elsterflutbecken, ist dahingestellt. Anna-Sophie Weil