Serbien gilt, anders als seine Nachbarn Slowenien und Kroatien, literarisch gesehen noch als unerschlossenes Terrain. Nun stellten rund 60 Autoren ihre jüngsten Werke vor, 30 Titel wurden gar eigens für die Buchmesse neu übersetzt. »Diese Messe ist ein wichtiger Anfang, Vorurteile abzubauen«, sagt die Jenaer Slawistik-Professorin Gabriella Schubert. Ein positiver Schritt also für dieses wirtschaftlich angeschlagene Land auf halber Strecke Richtung Europa.
Serbien gilt, anders als seine Nachbarn Slowenien und Kroatien, literarisch gesehen noch als unerschlossenes Terrain. Rund 60 Autoren stellten nun ihre jüngsten Werke vor, 30 Titel wurden für die Buchmesse sogar neu übersetzt, etwa »Die Brücke über die Drina« von Literaturnobelpreisträger Ivo Andric. »Bei uns ist das Bild der einseitigen serbischen Schuld leider immer noch lebendig«, sagt die Jenaer Slawistik-Professorin Gabriella Schubert.
»Diese Buchmesse ist ein wichtiger Anfang, Vorurteile abzubauen.« Die meisten auf der Messe ausgestellten serbischen Bücher behandeln politische oder geschichtliche Themen. Eine weitere Entdeckung war die zeitgenössiche Lyrik. Der Messesamstag wurde zur Lyriknacht. Es fiel auf: vom Gohliser Schlösschen bis zur kleinen Kneipe »Canito« – überall in der City wurde, wie verabredet, Lyrik gelesen.
Die Hochschule für Grafik und Buchkunst lud zur »Lyriknacht an Musik. Teil der Bewegung.« Im steril wirkenden, weißgetüchten Galeriesaal waren die Plätze schnell vergeben. Über 200 Besucher kamen, knapp die Hälfte fanden nur noch Stehplätze im oder vor dem Saal, wo fast nichts zu hören war, als u.a. Nadja Küchermeister, Daniela Seel und Mathias Traxler ihre neuen Gedichte vorstellten.
Dabei auch die Leipziger Lyrikerin Ulrike Almut Sandig, die aus »Dickicht«, ihrem gerade erschienenen Lyrikband, las. Es sind komplexe Gedichte, keine Kunstwerke, flüchtige, die die Stille brauchen. Und es wurde still als sie las. Und der von jeglicher Atmosphäre befreite, unruhig wirkende Galerieraum, lud sich auf mit der warmen, absonderlich schönen Stimmung ihrer Gedichte.
Ulrike Almut Sandig, die im letzten Jahr auf der Buchmesse in Frankfurt mit dem Buchpreis der »unabhängigen Verlage« ausgezeichnet wurde, ist nur ein Beispiel dafür, wie lebendig und präsent die zeitgenössischen junge Lyrikszene ist und welch begabte Akteure sie hat. Eine ihrer wichtigsten betagten Autoren ist Helga. M. Novak, die wie Sandig am Leipzig Literaturinstitut studierte. Erstmalig sind nun ihre wenigen Liebesgedichte der letzten Jahrzehnte in einem Band erschienen.
Welch eine Entdeckung! Das Buch erlaubt einen ganz anderen Blick auf die Schriftstellerin, die eher als politische Lyrikerin bekannt geworden ist. Ihre »Liebesgedichte« übersah man leicht auf der Buchmesse. Es gab keine Lesung. Die 75-jährige Autorin lebt zurückgezogen. Gewürdigt wurde sie lediglich von ihrer Herausgeberin Silke Scheumann, die sie im Nachwort mehrfach in einem Atemzug mit Ingeborg Bachmann nennt.