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Kultur

Bachelor kills the Radiostar

Dank der neuen Turbo-Studiengänge gehen dem Uniradio Mephisto 97.6 die erfahrenen Redakteure aus

  Bachelor kills the Radiostar | Dank der neuen Turbo-Studiengänge gehen dem Uniradio Mephisto 97.6 die erfahrenen Redakteure aus

Durchschnittlich 18 Wochenstunden Präsenzzeit in der Uni, Blockseminare, Referate, Hausarbeiten und halbjährliche Abschlussklausuren: Für Bachelorstudenten ist das die Realität. Da bleibt wenig Zeit für anderes. Das spüren auch die Redakteure des Uniradios Mephisto, das Studenten aller Fachrichtungen seit 1995 die Möglichkeit bietet, neben dem Studium ehrenamtlich Radio zu machen und im Gegenzug journalistisch ausgebildet zu werden.

War es für die ehrenamtlichen Radiomacher noch vor einigen Jahren eine Ehre, wenn sie eine Ressortleitung angeboten bekamen, sucht der Sender nun von Semester zu Semester neu nach Studenten, die bereit sind, ihr Studien- und Privatleben für ein halbes Jahr hintanzustellen. Denn sechs Monate Verantwortung für einen Teil der Redaktion zu übernehmen, ist eine lange Zeit im nur auf drei Jahre angelegten Bachelorstudium. Immer weniger Studenten können oder wollen sich diesen Freiraum schaffen. In der Konsequenz wird der Sender heute von immer weniger, dafür hochengagierten Menschen getragen – unter anderem von Thomas Jähn.

Der 26-Jährige wurde nach fünf Monaten intensiver Ausbildung Ressortleiter und hielt als solcher den Sendebetrieb mit am Laufen: vier Stunden Programm am Tag, 40 Prozent Wortanteil. Der schnelle Aufstieg innerhalb der Redaktionsstrukturen und die dank des Turbostudiums immer kürzere Verweildauer im Sender führen zudem dazu, dass es inzwischen an Langzeit-Mephistos mangelt, die ihre Erfahrungen an neue Redakteure weitergeben könnten. Die Veränderungen im Zuge der Bologna-Reform, beklagt Jähn, gehen somit vor allem zu Lasten der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen im Sender: »Wir arbeiten hier eben nicht durchgehend in einem eingespielten Team mit erfahrenen Kollegen.«

Dafür verbrauche die permanente Ausbildung neuer Redakteure viel Energie: Denn auch wenn sie frische Ideen mitbringen, müssen sie binnen kürzester Zeit das bestmögliche Level erreichen. »Journalistische Standards stehen nicht zur Disposition«, sagt Robert Ritzow, heute Programmdirektor und während seines Studiums 2001 Chefredakteur des Senders. »Jede Generation hat Mephisto verändert, doch Qualitätssicherung stand immer an erster Stelle.«

Inzwischen hat der Sender auf die neuen Studienbedingungen reagiert: Neben der Möglichkeit, sich parallel zum Studium bei freier Zeit-einteilung ausbilden zu lassen, kann Radiomachen seit diesem Sommersemester regulär studiert werden – als sogenannte Schlüsselqualifikation inklusive Anrechnung als Studienleistung. Die Integration ins Bachelorstudium: vielleicht eine Lösung, um den Fortbestand des Senders zu sichern.

Bis dahin heißt es für Studenten, Urlaubssemester zu nehmen und sich eine eigene Studienrealität zu schaffen. So wie Tino Dallmann. Als Magisterstudent war er fünf Jahre lang Literaturredakteur beim Sender. »Einmal fragte ich einen Prof, ob ich eine Hausarbeit später abgeben könnte. Meine Semesterferien waren mit den Sondersendungen zur Buchmesse ausgefüllt«, erzählt Dallmann. Sein Professor verschob den Abgabetermin um vier Wochen und versprach, auf der Buchmesse am Mephisto-Stand vorbeizuschauen.


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4 Kommentar(e)

Felix 26.06.2011 | um 00:11 Uhr

Die Umstellung des Diplom auf den Bachelor/Master Studiengang brachte nicht nur eine kürze Ausbildungszeit, sonder auch eine kürzeres ehrenamtlichen studententisches Engagement mit sich. Das Betrifft nicht nur die Fachschaften sondern auch die Kulturveranstaltungen, welche das Studentenleben ausmachen. Ich bin freiwillig in einem Leipziger Studentenklub aktiv und kann für meine Person davon sprechen das es immer schwieriger wird neue Mitglieder zu Akquirieren. Das hat leider zur Folge sich mehr für seine Sache einzusetzen und weniger fürs Studium aufzubereiten. Zum Glück stehen wir nicht alleine vor diesem Problem sondern es geht fast allen Studentenclubs in der Bundesrepublik so wie uns. Schade eigentlich das man ein Anrecht kleiner BAFöG Vorteile nur dann bekommt, wenn man in einer studentischen Fachschaft Aktiv war. Ich glaube hier sollte man Ansetzen um wieder neue Anreize für ehrenamtliche Ausbildungen oder Mitwirken zu fördern.

Nicolas 26.06.2011 | um 15:58 Uhr

Mir fehlt der Vergleich, aber ich besitze unglaublich viel Freizeit im Masterstudium, sowie damals im Bachelorstudium. Ich kenne zudem keinen der bestraft wurde, wenn er mal über 6 bzw. 4 Semester studiert hat. Aber zum Thema: Interessanter ist sicher diese Untersuchung: Mephisto ist ein Radiosender. Welcher Student hört heute Radio? Welcher der radiohörenden Studenten möchte produktiv zum Radio beitragen? Meine Vermutung ist, dass das das eigentliche Problem ist.

Thomas 27.06.2011 | um 09:59 Uhr

@Nicolas "Unglaublich" viel Freizeit? Hört sich an, als wärst du ein ganz toller Hecht... Im Artikel geht es aber nicht um Freizeit, sondern um ehrenamtliches Engagement. Zum Thema: In gewisser Weise hast du Recht, Mephisto war aber immer ein Sprungbrett für Leute die später eigentlich Fernsehen machen wollen. Das ist im Journalismus nämlich der einzige Bereich, wo man noch gute Berufsaussichten hat. Dass die Studenten sich diese Chance ganz offensichtlich zunehmend entgehen lassen, deutet für mich schon auf erhöhte Belastung durchs Studium hin. Oder einfach darauf, dass der Spruch "Ich mach auch was mit Medien" neuerdings einfach nicht mehr en vogue ist...

Meg 27.06.2011 | um 12:22 Uhr

Dass immer weniger Leute bei mephisto Zeit investieren, hat meiner Meinung nach noch ganz andere Gründe. Aber hey! Fakt ist doch, dass Bachelor und Master sich nicht mehr abschaffen lassen. Den glorreichen alten Zeiten hinterherzutrauern, bringt nichts. Also muss sich die Organisation des Senders an die Bedingungen anpassen. Dazu gibt es bereits Vorschläge. Und dass mephisto jetzt als Schlüsselqualifikation angerechnet wird, ist doch ein gutes Zeichen! Aber von dem "gesellschaftlichen Zwang", möglichst schnell mit möglichst guten Noten ein möglichst rennomiertes Studium abzuschließen, muss sich eben jeder persönlich verabschieden. Damit sich Studenten wieder mehr ehrenamtlich engagieren, müsste sich daher zuerst die Auffassung von dem, was Bildung/Studium eigentlich bedeutet, verändern.