Durchschnittlich 18 Wochenstunden Präsenzzeit in der Uni, Blockseminare, Referate, Hausarbeiten und halbjährliche Abschlussklausuren: Für Bachelorstudenten ist das die Realität. Da bleibt wenig Zeit für anderes. Das spüren auch die Redakteure des Uniradios Mephisto, das Studenten aller Fachrichtungen seit 1995 die Möglichkeit bietet, neben dem Studium ehrenamtlich Radio zu machen und im Gegenzug journalistisch ausgebildet zu werden.
War es für die ehrenamtlichen Radiomacher noch vor einigen Jahren eine Ehre, wenn sie eine Ressortleitung angeboten bekamen, sucht der Sender nun von Semester zu Semester neu nach Studenten, die bereit sind, ihr Studien- und Privatleben für ein halbes Jahr hintanzustellen. Denn sechs Monate Verantwortung für einen Teil der Redaktion zu übernehmen, ist eine lange Zeit im nur auf drei Jahre angelegten Bachelorstudium. Immer weniger Studenten können oder wollen sich diesen Freiraum schaffen. In der Konsequenz wird der Sender heute von immer weniger, dafür hochengagierten Menschen getragen – unter anderem von Thomas Jähn.
Der 26-Jährige wurde nach fünf Monaten intensiver Ausbildung Ressortleiter und hielt als solcher den Sendebetrieb mit am Laufen: vier Stunden Programm am Tag, 40 Prozent Wortanteil. Der schnelle Aufstieg innerhalb der Redaktionsstrukturen und die dank des Turbostudiums immer kürzere Verweildauer im Sender führen zudem dazu, dass es inzwischen an Langzeit-Mephistos mangelt, die ihre Erfahrungen an neue Redakteure weitergeben könnten. Die Veränderungen im Zuge der Bologna-Reform, beklagt Jähn, gehen somit vor allem zu Lasten der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen im Sender: »Wir arbeiten hier eben nicht durchgehend in einem eingespielten Team mit erfahrenen Kollegen.«
Dafür verbrauche die permanente Ausbildung neuer Redakteure viel Energie: Denn auch wenn sie frische Ideen mitbringen, müssen sie binnen kürzester Zeit das bestmögliche Level erreichen. »Journalistische Standards stehen nicht zur Disposition«, sagt Robert Ritzow, heute Programmdirektor und während seines Studiums 2001 Chefredakteur des Senders. »Jede Generation hat Mephisto verändert, doch Qualitätssicherung stand immer an erster Stelle.«
Inzwischen hat der Sender auf die neuen Studienbedingungen reagiert: Neben der Möglichkeit, sich parallel zum Studium bei freier Zeit-einteilung ausbilden zu lassen, kann Radiomachen seit diesem Sommersemester regulär studiert werden – als sogenannte Schlüsselqualifikation inklusive Anrechnung als Studienleistung. Die Integration ins Bachelorstudium: vielleicht eine Lösung, um den Fortbestand des Senders zu sichern.
Bis dahin heißt es für Studenten, Urlaubssemester zu nehmen und sich eine eigene Studienrealität zu schaffen. So wie Tino Dallmann. Als Magisterstudent war er fünf Jahre lang Literaturredakteur beim Sender. »Einmal fragte ich einen Prof, ob ich eine Hausarbeit später abgeben könnte. Meine Semesterferien waren mit den Sondersendungen zur Buchmesse ausgefüllt«, erzählt Dallmann. Sein Professor verschob den Abgabetermin um vier Wochen und versprach, auf der Buchmesse am Mephisto-Stand vorbeizuschauen.