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Kultur

»Kultureinrichtungen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden«

Agnes Krumwiede von Bündnis 90/Die Grünen über Kultur als Wirtschaftsfaktor und warum Leipzig auf Augenhöhe mit Berlin ist

  »Kultureinrichtungen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden« | Agnes Krumwiede von Bündnis 90/Die Grünen über Kultur als Wirtschaftsfaktor und warum Leipzig auf Augenhöhe mit Berlin ist

Was ist das: Kultur? Und wenn ja, wie viele? Am Mittwoch diskutieren die kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Agnes Krumwiede, Schaubühnen-Intendant René Reinhard, Nadine Weise von der IG Kultur West, Gewandhausdirektor Andreas Schulz und Kulturbürgermeister Michael Faber im Theaterhaus Schille in der Otto-Schill-Straße über die Bedeutung von Kultur in Zeiten kleiner werdender Kulturhaushalte. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr, moderiert wird sie von kreuzer-Autor Torben Ibs.

kreuzer: Warum ist Kultur für Städte wie Leipzig eigentlich so wichtig?

AGNES KRUMWIEDE: Ich glaube, dass Kultur für alle Menschen wichtig ist, ob im ländlichen Raum oder in den Städten. Dem Wert von Kultur wird man mit einem Blick durch die ökonomische Brille nicht gerecht. Kulturinstitutionen sind in der Regel auf Subventionen angewiesen. Ganzheitlich gesehen, ist eine abwechslungsreiche Kulturlandschaft für Städte jedoch ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. Dass heute im Umkreis kulturell florierender Städte viel Geld verdient und ausgegeben wird, steht im direkten Zusammenhang mit dem kulturellen Angebot. Mehr staatliche Mittel anstatt weniger in kulturelle Angebote, kulturelle Bildung und Teilhabe zu investieren, wäre mein Rezept für ein stabiles Finanz- und Wirtschaftssystem.

kreuzer: Wie wird Leipzigs Kulturszene von Berlin aus wahrgenommen?

KRUMWIEDE: Gegenüber der kulturellen Dichte Berlins steht Leipzig auf kultureller Augenhöhe. Das sächsische Kulturraumgesetz, dessen Ausrichtung in den vergangenen Jahren entscheidenden Einfluss auf die erfolgreiche kulturelle Wiederauferstehung Leipzigs im gesamtdeutschen Kontext hatte, ist ein Vorbild mit bundesweiter Ausstrahlung.

kreuzer: Was nützt Leipzig mehr: Ein umstrittener Centraltheater-Intendant oder das Gewandhaus?

KRUMWIEDE: Die Frage erübrigt sich meiner Ansicht nach schon deshalb, weil Sebastian Hartmann ja bereits angekündigt hat, nach seiner ersten Amtszeit 2013 das Centraltheater zu verlassen. Ganz abgesehen von umstrittenen Personalentscheidungen dürfen Kultureinrichtungen ebenso wenig gegeneinander ausgespielt werden wie künstlerische Sparten. Das Gewandhaus ist für Leipzigs Kulturlandschaft ebenso »nützlich« und notwendig wie das Centraltheater.

kreuzer: Wenn Sie Leipzig etwas empfehlen könnten: Worauf sollte sich die Stadt konzentrieren? Darauf, mit seinen Komponistenhäusern UNESCO-Weltkulturerbe zu werden? Oder besser Kulturhauptstadt 2020? Oder doch lieber ein Anziehungspunkt für junge Hipster?

KRUMWIEDE: Der Stadtrat hat der Stadtverwaltung den Auftrag erteilt, den Vorschlag Leipzigs als Kulturhauptstadt 2020 zu prüfen. Dieses Ergebnis muss erst einmal abgewartet werden. Ich finde es wichtig, die Entscheidung über eine mögliche Ausrichtung als Kulturhauptstadt nicht übereilt und mit möglichst hoher Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zu treffen. Eine Ernennung zum UNESCO-Weltkulturerbe würde für Leipzig mit seiner weltweiten Ausstrahlung als Komponisten-Stadt einen zusätzlichen Auftrag zum Schutz des kulturellen Erbes bedeuten. Deshalb stehe ich persönlich dieser Überlegung positiv gegenüber. Leipzig als Anziehungspunkt für junge Hipster schließt Leipzig als traditionsreiche Kulturstadt mit ihren vielen etablierten Kultureinrichtungen nicht aus. Qualitative Differenzierungen zwischen Hoch- und Subkultur sind kontraproduktiv.


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3 Kommentar(e)

Alma 04.10.2011 | um 19:42 Uhr

Puh, nochmal Glück gehabt: Da Leipzig "gegenüber der kulturellen Dichte Berlins (...) auf kultureller Augenhöhe" steht, ist das Gewandhaus "für Leipzigs Kulturlandschaft ebenso »nützlich« und notwendig wie das Centraltheater". "Qualitative Differenzierungen zwischen Hoch- und Subkultur sind kontraproduktiv" oder Hauptsache die Hipster kommen trotzdem. Der Kreuzer und die Abgeordnete. Ein selten schönes Gipfeltreffen.

leser 05.10.2011 | um 15:49 Uhr

Das ist aber eine sehr motvierte Frage: "Was nützt Leipzig mehr: Ein umstrittener Centraltheater-Intendant oder das Gewandhaus?" Kein wunder, daß die Antwort ebenso ausfällt.

Ralph Ohligsschläger 06.10.2011 | um 08:48 Uhr

Ich vermisse den klaren Hinweis darauf, dass es sich um eine Veranstaltung der Grünen handelt. Also schlicht und einfach um PARTEIWERBUNG oder WAHLKAMPF, auch wenn so schnell keine Wahlen anstehen. Entsprechend öde war es denn auch, zumal Faber am 4. Oktober abgesagt hat. Krankheitsbedingt? Oder weil er den Grünen nicht den Kaspar geben wollte? Bleibt zudem der Verdacht, dass Ihr die Veranstaltung nur angekündigt habt, weil Kreuzer-Autor Ibs moderierte. Da wird es problematisch: Kauft man redaktionellen Inhalt gleich mit, wenn man einen Kreuzer-Autor als Moderator engagiert? Schade jedenfalls um den vertanen Abend.