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Stadtleben

Kunstrausch am Kaufland

Ein Wettbewerb kürt Konsumkritik am Konsumtempel zur Kunst

  Kunstrausch am Kaufland | Ein Wettbewerb kürt Konsumkritik am Konsumtempel zur Kunst

Lindenau bekommt einen neuen Kunstraum. Er besteht aus zehn Schaukästen an einer Warenhaus-Fassade.

»An diesem Ort kann Kunst keine Kritik üben«, findet Anna Schimkat vom Netzwerk unabhängiger Kunsträume Leipzig-Lindenau. Es geht wieder einmal ums neue Kaufland am Lindenauer Markt – um zehn Schaukästen an der Fassade des Warenhauses. »[10].Lindenau« heißen die Kästen und ergeben einen Kunstraum, der zunächst von Leipziger Künstlern bespielt werden soll. Dafür hat der Lindenauer Stadtteilverein einen Wettbewerb ausgeschrieben und ein Kuratorium aus lokalen Händlern, Kunstinstitutionen und der Medienkunst-Professorin Alba D’Urbano eingesetzt.

»Die Künstler sollen in ihren Werken den spannungsbelasteten Entstehungsprozess des Kaufhauses reflektieren«, erklärt Buchhändler Ansgar Weber, der die Händler im Kuratorium vertritt. So könne dem Gebäude etwas Kritisch-Reflektierendes gegeben werden, was es sonst nicht hätte. »Das ist eine Lose-Lose-Situation für die Künstler«, sagt dagegen Bernd Adamek-Schyma vom Netzwerk unabhängiger Kunsträume: Boykott bedeute Schweigen, die Teilnahme einen Pakt mit dem Teufel.

Trotz aller Bedenken hat sich ein Teil der Künstler aus dem Netzwerk an der Ausschreibung beteiligt und in einem offenen Brief erklärt, dass sie »lieber eine künstlerische Haltung annehmen als schweigen«. Denn zumindest die Unabhängigkeit der Kunst ist gegeben: Die Handelskette hatte weder Einfluss auf die Juryentscheidung, noch ist sie finanziell beteiligt.

Es war die Aufgabe der Jury, unter den eingereichten Arbeiten einen Ansatz zu wählen, der den Bau und seine schwierige Geschichte übersetzt. Und das ist gelungen: Die Jury hat sich für die Arbeit »PROtest« von Diana Wesser entschieden. Die Künstlerin entschied sich, nicht »gegen, sondern für etwas einzutreten«, und verwandelt die Schaufenster in ein schwarzes Brett für Veränderungswünsche der Lindenauer. Außerdem wird sie sechs Monate lang Workshops, Diskussionen und konsumkritische Führungen anbieten – auch im Kaufland selbst. Diesen Monat zeigt sich, ob Wessers Ansatz funktioniert und ob die Lindenauer überhaupt protestbereit sind: Dann startet »PROtest« mit Picknick und Protestplakat-Malaktion auf dem Lindenauer Markt.


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