Das Gastland der diesjährigen Feierlichkeiten zum 9. Oktober ist Ungarn. Doch dessen aktuelle Regierung steht ausgerechnet wegen Demokratieabbau in der Kritik.
Wie jeden 9. Oktober wird in Leipzig auch heute wieder der friedlichen Revolution gedacht – ganz traditionell mit Friedensgebet, Rede zur Demokratie und dem beim Stadtmarketing besonders beliebten Lichtfest. Doch diesmal hat sich ein Schatten auf den Glanz der Festivitäten gelegt: Das diesjährige Gastland ist Ungarn, daher wird auch ein Repräsentant der ungarischen Regierung, der Superminister für Humanressourcen, Zoltán Balog, zur Eröffnung des Lichtfestes ein Grußwort sprechen. Aber ausgerechnet dessen rechtskonservative Regierung steht aktuell wegen wenig demokratischer Maßnahmen international in der Kritik.
Als Ministerpräsident Viktor Orbán nach einer ersten Amtszeit 1998 bis 2002 im Jahr 2010 zum zweiten Mal Staatschef wurde, statteten die Wähler ihn und seine rechtskonservative Partei Fidesz mit einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit im Parlament aus. Seither betreibt die Regierung massiven Demokratieabbau: Ein neues Mediengesetz schränkt die Pressefreiheit ein, die Kompetenzen des Verfassungsgerichtes wurden massiv beschnitten, ein neues Wahlgesetz entworfen, Richter zwangspensioniert und die Unabhängigkeit der Notenbank in Frage gestellt.
Ein hoher Repräsentant dieser Regierung will nun so gar nicht zu einer Feier der Demokratie passen, finden einige Leipziger, unter ihnen die Bundestagsabgeordnete Monika Lazar. Sie fordert, Balog wieder ausladen. Eine Bürgerinitiative namens »Leipzig Korrektiv« hat zu diesem Zweck sogar eine Onlinepetition auf den Weg gebracht.
»Die Entscheidung für Ungarn als Gastland ist schon vor langer Zeit gefallen«, sagt Regina Schild, Leiterin der Leipziger Außenstelle der Stasiunterlagenbehörde, die die Feierlichkeiten mitorganisiert hat. Damit werde die herausragende Rolle gewürdigt, die das Land während der Öffnung des eisernen Vorhanges gespielt hat. Außerdem sei der Hauptredner des Tages nicht etwa Minister Balog, sondern der bekanntermaßen regierungskritische Schriftsteller György Dalos. Er werde die Rede zur Demokratie in der Nikolaikirche halten.
In einer neuen Verfassung, die Ministerpräsident Orbán dem Land ohne weitere Volksabstimmung gab, strich er die Republik aus dem Namen des Staates und nahm stattdessen Bezug auf Gott und die heilige Krone des Staatengründers König Stefan. Einige dieser Maßnahmen riefen sogar die EU auf den Plan, die ihre Verträge dadurch verletzt sah und drei Verfahren gegen Ungarn einleitete.
Die ungarische Regierung als autoritäres Regime zu bezeichnen, wie es die Online-Petition tut, ist – bei aller Kritik an Orbán – dennoch Unsinn: Der Regierungsstil des Ministerpräsidenten mag zwar autoritär sein, seine Regierung aber ist durch freie, gleiche und geheime Wahlen legitimiert.