Während Lösungsvorschläge der Szene in Leipziger Ämter-Schubladen verstauben, werden viele Partys unter Blaulicht aufgelöst. Andere Städte sind da schon weiter.
Die Zeit der lauen Sommernächte ist passé, der Streit um unangemeldete Electro-Partys und Afterhours im öffentlichen Raum aber geht gerade erst wieder los. Eine alte Diskussion, neu entfacht, nachdem die Polizei in den vergangenen Monaten vermehrt nicht genehmigte Veranstaltungen beendet hatte. Dabei wollen die meisten Organisatoren aus der Illegalität heraus, suchen händeringend Flächen für ihre Events, treffen bei den zuständigen Behörden allerdings auf weit weniger Tatendrang. »Das Thema hat in der Verwaltung bislang niemanden interessiert«, klagt Norman Volger, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stadtrat, »die Jugend hat dort keine Lobby.« Es mangle an Sensibilität und Verständnis für den kulturellen Anspruch der Freiluft-Feiern. Auch Linken-Stadträtin Juliane Nagel fürchtet, dass die Aufmerksamkeit und das Interesse der zuständigen Entscheider mittlerweile gesunken sind. Denn schon 2010 ist ein Konzept mit konkreten Lösungsvorschlägen beim Ordnungsamt eingereicht worden. »Ein Ergebnis ist bisher nicht bekannt«, so Nagel.
Das Konzept, erarbeitet vom Kulturnetzwerk Global Space Odyssey (GSO), schlägt Areale an der Koburger Brücke, der Tabaksmühle, am Silbersee oder die städtischen Teile des Agra-Geländes als Party-Freiflächen vor. Der Umweltschutz sei – in Kooperation mit dem Umweltbund Ökolöwe – bei der Auswahl schon bedacht, weitere Aspekte wie Lautstärke, Abfallbeseitigung, Schutz der Anwohner müssten Teil einer Nutzungsordnung werden, sagt Konzept-Mitinitiator Frank Ulrich. Er spricht für drei Viertel der hiesigen Party-Organisatoren und erklärt Kompromissbereitschaft: den meisten Veranstalter-Crews sei längst klar, dass sie sich bei einer Einigung mit der Stadt auch Regeln unterwerfen müssen. »In einem gewissen Alter und mit einer gewissen Reife möchte man ja auch keinen Mist mehr machen«, sagt Ulrich.
Der herkömmliche Weg, ein Open Air anzumelden, ist unbequem und lang. Bis zu 200 Euro kostet laut Ulrich allein die Beantragung, bei größeren Events müssen Toiletten und Mülltonnen bereitstehen. Da sei man schnell bei 500 bis 600 Euro, bevor man überhaupt zu den Kosten für die Musik komme. Für nicht kommerzielle Veranstalter ohne dicken Sponsor im Gepäck sei es zudem schwierig, überhaupt ernst genommen zu werden.
Wie ein Miteinander funktionieren kann, macht die Schweizer Großstadt Zürich vor. Als Reaktion auf wiederholte unangemeldete Partys im Sommer 2011 startete die Verwaltung im April ein Pilotprojekt: Jugendliche Veranstalter, die sich an gewisse Auflagen halten, können eine Feier bis 400 Personen vereinfacht beantragen – kostenfrei und kurzfristig. »Die Anzahl registrierter illegaler Partys ist dadurch von drei pro Wochenende auf sieben für den gesamten Sommer gesunken«, resümiert Stadtsprecher Patrick Pons. »Die Veranstalter haben die Sicherheit, ihre Feier zu Ende führen zu können, und die Stadt musste weniger Polizeieinsätze durchführen – das hat Zeit und Kosten gespart.«
Für Stadträtin Juliane Nagel ist das Beispiel »ein erster positiver Schritt, an dem sich Leipzig orientieren könnte«. Ihre Fraktion hat die Verwaltung indes aufgefordert, die Einrichtung geeigneter Freiflächen erneut zu prüfen. Weil die Ergebnisse der alten wie neuen Prüfung zuerst den Stadtrat erreichen sollen, hat das Rathaus auf kreuzer-Anfrage noch keine Auskunft zur Thematik gegeben. Die GSO zumindest hat für diesen Monat einen runden Tisch einberufen, um das Thema im Dialog mit der Stadt neu aufzugreifen. Die betreffenden Behörden haben ihre Teilnahme zugesagt.