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Theaterkritik

Zusammen ist man weniger allein

Heike Hennig inszeniert »Die Geschichte vom Onkelchen« im TdJW

  Zusammen ist man weniger allein | Heike Hennig inszeniert »Die Geschichte vom Onkelchen« im TdJW

Heike Hennig ist dafür bekannt, dass sie für ihre Inszenierungen gern mal einen Tänzer, Boxer oder anderen Sportler auf die Bühne holt. In ihrem neuesten Stück »Die Geschichte vom Onkelchen«, das sie am Theater der Jungen Welt inszenierte, erweitert sie das Ensemble diesmal um einen Breakdancer, der einen Hund mimen muss. Ein Experiment, das ihr sehr wohl geglückt ist.

Ein Tisch, ein Stuhl, eine Waschgelegenheit und eine Kochstelle – das ist die bescheidene Bleibe des kleinen Onkelchen (Elisabeth Fues). Tag für Tag trottet der kleine Mann mit weißem Hemd, Hosenträgern, einer Anzughose sowie Pantoffeln traurig und träge in seiner Wohnung umher. Niemand ist da, um mit ihm die Zeit zu teilen. Das muss doch mal ein Ende haben! Per Aushang macht er sich auf die Suche nach einem Freund – doch niemand meldet sich. Bis eines Tages ein Hund in sein Leben tritt – grandios gespielt und getanzt von dem Breakdancer Kilian Köhler, dem man durch sein Bewegungsspiel und dem aufmerksamen, gleichzeitig unruhigen Blick das Tier ohne Zweifel abnimmt.

Mit »Die Geschichte vom Onkelchen« gelingt Heike Hennig ein facettenreiches Stück über Freundschaft, Einsamkeit und Sehnsucht für Kinder ab vier Jahren. Anfangs zart und einfach gezeichnete Szenen der alltäglichen Abläufe werden im kargen Bühnenbild spielerisch umgesetzt und kommen fast ohne Worte aus. Hat das Onkelchen seinen Freund gefunden, werden die Bewegungen und das Spiel belebter. Rasante Akkordeonmelodien umrahmen eine spannende Choreographie zwischen dem lebendigen Hund und dem betagteren Onkelchen. Dabei zeigt Kilian Köhler, was er kann. Als mehrfach ausgezeichneter Breakdancer ist er nach so viel Bewegung auch mal außer Puste und muss das Hecheln des Hundes nicht mehr nachahmen. Mit starken Soli bringt er die jungen Zuschauer zum Staunen. Und auch das Onkelchen erhält viel Mitgefühl, als die glückliche Stimmung der Freundschaft einen Knick erhält. Ausgerechnet zu Weihnachten, dem Fest der Familie und Liebe, hat der Hund nur Augen für ein kleines Mädchen und lässt das Onkelchen kurz links liegen. Doch dieser Konflikt ist bald aus der Welt gespielt. Und am Ende sind alle drei, das Onkelchen, der Hund und das Mädchen, vereint.

Hennig – immer nah an der Bewegung und dem Tanz – inszeniert mit »Die Geschichte des Onkelchen« ein bewegtes, energiegeladenes Stück, das erst leise daherkommt und sich dann in einem akrobatischen Feuerwerk auflöst. Elisabeth Fues gibt dabei ein überzeugendes Onkelchen, das die Wandlung vom traurigen, einsamen Männchen zum freudvollen, geselligen Lebemensch souverän meistert. Hinzu kommt ein Klangteppich aus verschiedensten Akkordeontönen der Musikerin Franziska Klimpel, die das gesamte Geschehen begleiten und mit ihrem Rhythmus die Stimmung des Onkelchen wiedergeben.

Das Stück, das von Tomas von Brömssen und Lars-Eric Brossner in Anlehnung an ein schwedisches Kinderbuch entstand, ist, wenn man so will, eine Version von Anna Gavaldas »Zusammen ist man weniger allein« für Kinder.


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