Der Winzer Stephan Attmann vom Pfälzer Weingut von Winning wurde 2011 vom Gault Millau zum Aufsteiger des Jahres gewählt, im September dieses Jahres klauten ihm kurz vor der Lese dreiste Diebe 2.500 Kilogramm Pinot-Noir-Trauben aus der Lage Deidesheimer Gottesacker. So viel Neid muss man sich als Quereinsteiger erst mal erarbeiten! Am vergangenen Freitag stand er im Restaurant Max Enk, eingeladen von Restaurantchef Torsten Hempel, Weinhändler Christian Rieder und Dietrich Enk. Die Weine aus dem Gut in der Pfalz polarisieren, aber an diesem Abend hatte der bodenständige Weinmacher wohl alle auf seiner Seite.
Und langweilig war es erst recht nicht. Attmann erzählte den ganzen Abend, zum Beispiel über die Geschichte des Weinguts, das seit seiner Gründung 1844 zu den Spitzenweingütern Deutschlands zählt und unter der Regie von Andreas Deinhard die Vereinigung der Prädikatsweingüter mit aus der Taufe hob. Attmann wusste von Höhen, Tiefen und Schädlingen im Weinbau zu berichten, von Erfolgen und Niederlagen im Keller, vor allem aber über Genuss im Glas.
Seit 2007 im Amt, hat er mit seinem Team das ehemalige Weingut Dr. Deinhard aus dem Dornröschenschlaf geholt. Die Weine dürfen naturbelassen wachsen, sein Vorgehen im Keller scheint ziemlich risikoreich: »Trüb und ohne künstliche Kühlung vergären unsere Spitzenweine warm im Holz mit ihren natürlichen Hefen.« Ein Teil wird dann in Edelstahl, ein Teil in Holzfässern unterschiedlicher Größe ausgebaut. Danach werden die einzelnen Partien lagenrein verschnitten. »Mit nur einer Bewegung wird der Wein anschließend, oft auch ohne Filtration, auf die Flasche gefüllt. Das ist unser Weg, damit bringen wir Weltklasselagen wie Kirchenstück oder Ungeheuer in Forst und den besonderen Stil unseres Hauses zum Ausdruck.« Bei alledem, so versichert er, machen seine Leute nichts Neues, »sondern lassen vergessen geglaubte Traditionen wieder aufleben.« Schließlich ist Wein kein Getränk, sondern ein Kulturgut. Sind es doch auch die Gelegenheiten, zu denen man Wein genießt und Speisen, die ihn begleiten. Also ließen sich Torsten Hempel und seine Crew nicht lange bitten und fuhren auf, was die Küche hergab. Nach dem Brut Nature Sekt Rosé als Aperitif begleiteten das Röstbrot mit Tatar vom Rinderfilet und Wachtelei der Riesling Win Win von 2011 sowie 2012er Sauvignon Blanc das Menü. Zum Saumagencarpaccio mit Schnittlauchvinaigrette flossen ein 2011er Riesling vom Paradiesgarten und ein weiterer Riesling ins Glas, der auf der Lage Forster Ungeheuer reifen durfte. Man musste noch nicht mal ein profunder Weinfreund sein, um die Unterschiede zu erkennen. Ein Riesling vom Langenmorgen als Großes Gewächs von 2011 und eine Cuvée Win Win Rot aus dem gleichen Jahr passten anschließend sehr schön zu Filet und Backe vom Kalb auf Saubohnen, Kartoffeltarte und herzhafter Kräuterjus. Die weiße Schokoladentarte zum Schluss, garniert von geschmortem Rhabarber, Himbeeren und fruchtigem Limonensorbet, krönte eine Riesling Auslese vom Deidesheimer Grainhübel. Dass vornehmlich Rieslinge ausgeschenkt wurden, muss niemanden wundern, steht bei von Winning auf über 80 Prozent der rund 42 Hektar Rebfläche doch eben diese Rebsorte.
Ohne falschen Schmus: Das war großes Kino!