Mit etwas Verspätung wollen wir noch auf die Neustarts der vergangenen Kinowoche hinweisen. Der Gewinner des Goldenen Bären bei der diesjährigen Berlinale, »Mutter und Sohn«, stellt den Zuschauer auf eine Geduldsprobe. Bradley Cooper tritt in die Fußstapfen von Daniel Brühl und klaut wie dieser einst in »Lila, Lila« die Wörter eines anderen. Miriam Fassbender folgt zwei Männern auf ihrem Weg nach Europa und Stefan Zacke nimmt Märchengepflogenheiten unter die Lupe.
Wenn Cornelia qualmend und mit markant lackierten Fingernägeln mit einer Freundin zusammensitzt und über die langjährige Partnerin ihres Sohnes Barbu lästert, schluckt man bereits das erste Mal. Erst recht, wenn Cornelia als Beschwerdegrund angibt, dass sie keinen Schlüssel zu deren gemeinsamer Wohnung besäße. Die 60-Jährige hat ihr Leben zwischen noblen Empfängen und Theaterabenden vor allem auf einer ausgeprägten Obsession für ihren erwachsenen Sohn aufgebaut. Was am Anfang noch der mütterlichen, aber krankhaften Eifersucht auf die Schwiegertochter geschuldet ist, erwächst im Verlauf des rumänischen Films »Mutter und Sohn« zur puren Grenzüberschreitung und Rücksichtslosigkeit. Als Barbu auf der Landstraße einen Unfall verursacht, bei dem ein Kind stirbt, scheint das Muttertier in Cornelia erneut geweckt. Mit Wucht spaziert sie ins Polizeirevier und glaubt, mit Geld ließe sich alles klären. Die große Kunst des diesjährigen Berlinale-Gewinnerfilms ist, dass er in geradezu unaufgeregten Bildern größtmögliche Spannung erzeugt. Bis auf die Minute genau rekonstruiert Calin Peter Netzer den Ablauf der Unfallsnacht und spannt immer enger das Netz um alle Beteiligten. Die ganze Kritik können Sie im aktuellen kreuzer nachlesen.
»Mutter und Sohn«: ab 23.5., Passage Kinos
Rory Jansen (Bradley Cooper) ist Schriftsteller. Doch so richtig Anerkennung erntet er für sein Geschreibsel nicht. Zu allem Überdruss leidet er auch noch an einer Schreibblockade. Seine Frau Dora (Zoe Salanda) versucht, ihn aufzubauen, und sein Vater (J. K. Simmons) hilft mit dem nötigen Kleingeld weiter. Bis Rory fast über Nacht ein neues Werk aus dem Boden stampft und nicht nur seine Frau, sondern Kritiker und Leser begeistert. Eines Tages taucht ein älterer Mann (Jeremy Irons) bei Rory auf und erzählt ihm, wie ihm vor langer Zeit ein Manuskript abhanden gekommen ist, das exakt die gleiche Geschichte wie Rorys Erfolgsroman erzählt. Auf drei Zeitebenen ausgebreitet haben Brian Klugman und Lee Sternthal (»TRON: Legacy«) ihre Geschichte um den Wörterklau. Obwohl es den beiden Autoren anfangs gelingt, diese Ebenen ohne große Schnörkel miteinander zu verbinden, bleibt es fraglich, warum sie überhaupt den Ereignissen um Rory und dessen Roman noch eine weitere Erzählebene übergestülpt haben. Denn bevor wir in Rorys Schicksal gestürzt werden, lernen wir kurz Clay Hammond (Dennis Quaid) kennen, der bei einer Lesung seinen Roman »Der Dieb der Worte« vorstellt und von einer begeisterten Leserin (Olivia Wilde) umgarnt wird. Hammonds Roman wiederum erzählt Rorys Geschichte, die den eigentlichen Kernpunkt des Filmes bildet. Immer wieder springen die Autoren zurück zu Hammond und seiner Leserin – und doch bleiben beide Figuren völlig profillos. Hier wird es richtig problematisch. Nach der ersten Begegnung mit dem alten Mann verliert der Film dann auch noch seine Hauptfiguren – Rory und Dora – kurzzeitig aus dem Blick. In ausufernden Rückblenden erzählt der Film vom schweren Schicksalsschlag des alten Mannes und dem Entstehen des Manuskripts.
»Der Dieb der Worte«: ab 23.5., Passage Kinos
Zu Beginn zeichnet Mohamed, einer der beiden Protagonisten des Films, mit einem Kohlestück eine Landkarte, es ist eine ungewöhnliche, eine abstrakte Landkarte Afrikas. Sie zeigt die Reiseroute bis Nordafrika, dort, wo so viele hoffen, in eine der spanischen Enklaven in Marokko vorzudringen oder das Meer nach Europa zu überqueren. »Europa ist das Paradies«, heißt es irgendwann im Film, »nein, Europa ist nicht das Paradies, es ist nur das Paradies für Afrika.« Streckenweise drehen die Protagonisten, Mohamed, der aus Mali stammt, und Jerry aus Zentralafrika, selbst. Dadurch erhält man Einblicke in das Leben, das sonst nur in Erzählungen lebendig wird. Jerry will nach Europa, weil er es dort zumindest theoretisch schaffen kann. (Text: Cinémathèque)
»Fremd«: ab 27.5., Cinémathèque in der naTo, am 27. in Anwesenheit der Regisseurin
»Hasret – Desire« erzählt die Geschichte von einer Mutter und ihrer Tochter und zeigt deren Beziehung und ihr Leben in den zwei türkischen Städten Izmir und Hatay/Antalya. Wir schauen ihnen zu, wie sie mit ihren Gedanken und Gefühlen in sehr emotionalen und intimen Situationen umgehen und sich in ihrem Miteinander verhalten. Unterschiede und Gemeinsamkeiten kommen dabei zu Tage. Regisseur Michael Hehl versuchte, seinen Film »Hasret – Desire« so authentisch und ehrlich wie möglich zu gestalten, indem er auf Interviews verzichtete und die Mitwirkenden im Dialog miteinander sprechen ließ. (Text: Kinobar Prager Frühling)
»Hasret – Desire«: 23./24.5., Kinobar Prager Frühling
Prinzessin Clara (Hanna Merki) lebt in einem kleinen Königreich und ist anders als normale Prinzessinnen. Die gesamte Palette königlichen Benehmens liegt ihr einfach nicht. Das gefällt Claras Vater natürlich nicht. Er wünscht sich, dass das Mädchen so wäre wie seine ältere Schwester Quendolin (Jasmin Barbara Mairhofer). Der Besuch von Prinz Pfauenherz steht kurz bevor, doch alle haben Angst, dass Clara das Ganze ruiniert. Steffen Zacke hinterfragt in seinem Film »Das Märchen von der Prinzessin, die unbedingt in einem Märchen vorkommen wollte« einige märchenhafte Selbstverständlichkeiten auf amüsante Weise, trifft aber nicht ganz den Charme der Buchvorlage von Susanne Strasser.
»Das Märchen von der Prinzessin, die unbedingt in einem Märchen vorkommen wollte«: ab 23.5., CineStar, Passage Kinos
Nach »Die Nordsee von oben« widmen sich die Filmemacher Silke Schranz und Christian Wüstenberg der Ostsee aus der Vogelperspektive. Die filmische Reise führt entlang der deutschen Ostseeküste von Flensburg über die Boddenlandschaft ostwärts bis nach Usedom.
»Die Ostsee von oben«: ab 23.5., Passage Kinos, 24.-26.5., Kinobar Prager Frühling, 25./26.5., Schauburg
Nach ihrem großen Rio-Coup, bei dem sie 100 Millionen Dollar erbeuteten, haben sich Dominic Toretto (Vin Diesel), Brian O'Conner (Paul Walker) und weitere Crewmitglieder in der ganzen Welt niedergelassen. An eine Rückkehr in ihre Heimat ist nicht zu denken. FBI-Agent Luke Hobbs (Dwayne Johnson) ist gemeinsam mit der totgeglaubten großen Liebe von Dominic, Letty (Michelle Rodriguez), derweil auf der Jagd nach einer Organisation von Söldnern, die in über zwölf Ländern ihr Unwesen auf Befehl von ihrem Anführer Owen Shaw (Luke Evans) treiben. Hobbs sucht Hilfe bei Dom.
»Fast & Furios 6«: ab 23.5., Cineplex im Alleecenter CineStar, Regina Palast
Weitere Filmbesprechungen und -tipps finden Sie hier und in unserer Printausgabe.
Gute Unterhaltung im Kinosessel!